Arbeitgeber befürworten unbezahlte Quarantäne für Ungeimpfte

Wer sich nicht gegen das Coronavirus Impfen lassen möchte und in Quarantäne geschickt wird, muss in Zukunft mit Lohnausfällen rechnen.

Wer sich nicht gegen das Coronavirus Impfen lassen möchte und in Quarantäne geschickt wird, muss in Zukunft mit Lohnausfällen rechnen.

Berlin. Arbeit­geber­verbände und Gesund­heits­politiker und -politikerinnen sind geteilter Meinung bezüglich der Entscheidung einiger Bundes­länder, die Lohn­fort­zahlung für Ungeimpfte in Quarantäne nicht mehr zu leisten.

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„Wer sich, trotz objektiver Möglich­keit, nicht impfen lässt, muss auch die Konsequenzen tragen“, sagte eine Sprecherin der Bundes­vereinigung der Deutschen Arbeit­geber­verbände (BDA) dem Redaktions­Netz­­werk Deutsch­land (RND). „Das darf nicht zulasten der Betriebe gehen. Dass der Staat festlegt, dass auch die Steuer­zahler nicht in die Pflicht genommen werden sollen, ist nur konsequent.“

Impfen schütze und sei ein solidarischer Beitrag für einen leistungs­fähigen Arbeits­schutz und für Gesund­heits­management in den Betrieben, teilte die BDA mit. „Wir Arbeitgeber stehen dafür ein, unsere Beschäftigen bestmöglich – und nicht nur in der Pandemie – zu schützen.“

Impfunwillige sollen Verantwortung für ihr Unterlassen tragen

Mehrere Bundes­länder hatten angekündigt, die Entschädigungen nicht mehr leisten zu wollen. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gilt die Regelung ab dem 15. September beziehungs­weise 1. Oktober.

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„Wir bieten allen Bürgerinnen und Bürgern ein kostenloses Impfangebot. Möchte man dieses Angebot nicht wahrnehmen, so ist das für jede Person ihr Recht. Aber dann muss man auch die Verantwortung für sein Tun beziehungsweise sein Unter­lassen tragen“, begründete der rheinland-pfälzische Gesund­heits­minister Clemens Hoch gegenüber dem RND die Entscheidung.

Nordrhein-Westfalen zog am Freitag nach. Hier endet die Lohn­fort­zahlung am 10. Oktober. Die meisten anderen Bundes­länder prüfen aktuell noch, ob sie diese Regelungen übernehmen. In Thüringen und Sachsen wird sich das Kabinett zeit­nah mit der Thematik beschäftigen. Mecklen­burg-Vorpommern und Bayern setzen sich beispielsweise für eine bundes­einheit­liche Regelung ein. In Hamburg gibt es dahin­­gehend noch keine Über­legungen.

Die rechtliche Grund­lage für die Entscheidungen der Länder ist das Infektions­schutz­gesetz: Demnach haben Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen in Quarantäne Anspruch auf Entschädigung. Doch wer eine Quarantäne beispiels­weise durch eine Impfung hätte umgehen können, hat diesen Anspruch verloren. Wichtig ist den Ländern, dass es Ausnahmen gibt.

„Es ist vor allem darauf zu achten, dass die Praxis rechts­konform und für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, nicht von Nach­teil ist“, sagte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz. Bei den Menschen, die tatsächlich erkrankt sind, übernimmt der Arbeit­geber beziehungsweise die Krankenkasse die Versorgung.

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Gesundheitspolitiker warnen vor Risiken

Ablehnung gegenüber dem Vorstoß kommt vonseiten der Gesund­heits­politiker und -politikerinnen. „Normaler­­weise bin ich immer für schärfere Maßnahmen, wenn es um Schutz vor Corona geht“, sagte der SPD-Gesund­heits­experte Karl Lauter­bach. „In diesem Fall aber könnte der Schuss nach hinten losgehen.“

Die Idee, dass Ungeimpfte erst für ihren Corona-Schnell­test selbst bezahlen, dann einen PCR-Test machen und danach in unbezahlte Quarantäne gehen, sei zu schön, um wahr zu sein. Lauterbach fügte hinzu: „Als schlechtes Beispiel sehe ich die USA, wo es keine bezahlte Quarantäne gibt. Die erkrankten Menschen versuchen, so durchzukommen.“

Lauterbach zufolge birgt das zwei Risiken: „Sie können andere anstecken, und es drohen auch gesund­heit­liche Gefahren, wenn eine Corona-Erkrankung verschleppt wird.“

Janosch Dahmen, Gesund­heits­experte der Grünen, hält die Diskussion der Länder über Entschädigungs­zahlungen für eine „Ablenkungs­debatte“. Regeln über die Aussetzung der Lohn­fort­zahlung im Quarantäne­fall seien nicht neu, sondern beispiels­weise für die Masern­erkrankung bereits geltendes Recht.

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„Diese Regeln haben sich bewährt“, teilte der Politiker dem RND mit. „Statt einer neuen Erregungs­debatte braucht es nun Fokus auf mehr Tempo beim Impfen. In Europa ist Deutsch­land das Sorgen­kind bei der Impf­quote.“ Dahmen zufolge braucht man nun eine Impf­politik bestehend aus Angeboten, Anreizen und Aufklärung.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben die Bundesländer nach Recherchen des Evangelischen Pressedienstes mehr als eine halbe Milliarde Euro an Entschädigungen für Verdienst­ausfälle durch eine Quarantäne gezahlt. Die höchste Summe an Entschädigungs­zahlungen kam mit 120 Millionen Euro in Nordrhein-Westfalen zusammen.

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