„Der Tag“

Warum Selenskyj immer olivgrüne T‑Shirts trägt

Wolodymyr Selenskyj im Dokumentarfilm des ukrainischen Journalisten Dmytro Komarow.

Wolodymyr Selenskyj im Dokumentarfilm des ukrainischen Journalisten Dmytro Komarow.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Olivgrün ist zu seinem Markenzeichen geworden. Ob T‑Shirt, Pullover oder Jacke, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine tägliche Videoansprache hält, die Soldatinnen und Soldaten an der Front besucht oder zu Gast im Weißen Haus ist – stets trägt er ein olivgrünes Outfit. Für ein Fernsehteam hat Selenskyj nun seinen Kleiderschrank geöffnet: Auf der Stange hängen fast ausschließlich Jacken in Olivgrün und Tarnfleck, am Boden stehen Militärstiefel. Dies seien seine „normalen Klamotten“, sagt der Präsident. „Ich trage momentan keine Anzüge.“ Dann holt er aus der linken Ecke des Schrankes doch noch einen schwarzen Anzug hervor – in Folie, frisch aus der Reinigung. Er ist für den Tag des Sieges. Bis dahin will Selenskyj dem olivgrünen Look treu bleiben.

Selenskyj vermittelt das Bild eines Kämpfers. Mit seinen olivgrünen T‑Shirts stellt sich der ukrainische Präsident auch optisch an die Seite der Soldatinnen und Soldaten. Wie viele von ihnen im Kampf für eine freie Ukraine ihr Leben gelassen haben, ist nicht genau bekannt. Klar ist aber, es sind viele. Sehr viele. Britische Beamtinnen und Beamte schätzten die Zahl gegenüber der „Times“ zuletzt auf 80.000 bis 100.000 getöteter und verwundeter ukrainischer Soldatinnen und Soldaten.

„Fortpflanzungsversicherung“ für Soldaten

Angesichts der vielen Opfer und des Risikos, dem sich die Soldatinnen und Soldaten jeden Tag aussetzen, können ukrainische Armeeangehörige nun ihre Spermien kostenlos einfrieren lassen. Falls der Mann im Krieg stirbt oder nach einer Verwundung nicht mehr zeugungsfähig ist, soll die Ehefrau dennoch sein Kind bekommen können. „Es ist eine Art Fortpflanzungsversicherung“, sagt der zuständige Gynäkologe meinem Kollegen Can Merey (+), der sich gerade in der Ukraine befindet. Und wie bei anderen Versicherungen hofft man, sie niemals in Anspruch nehmen zu müssen.

Witali Radko, Reproduktions­mediziner, sagt: „Ich bin kein Soldat und kann nicht schießen. Aber ich kann ­Familien ­dabei helfen, junge, gesunde ­Ukrainer zur Welt zu ­bringen.“

Witali Radko, Reproduktions­mediziner, sagt: „Ich bin kein Soldat und kann nicht schießen. Aber ich kann ­Familien ­dabei helfen, junge, gesunde ­Ukrainer zur Welt zu ­bringen.“

Wie groß die Gefahr für die Soldatinnen und Soldaten ist, musste jetzt auch die trans US-Amerikanerin Sarah Ashton-Cirillo erleben, die sich der ukrainischen Armee angeschlossen hatte. Die 45-Jährige aus Las Vegas war als Journalistin in die Ukraine gereist und arbeitete dann als Sanitäterin in Schützengräben. An der Front im ostukrainischen Donbass wurde sie nun bei einem Angriff verletzt. Schon lange zuvor hatte sie den Hass des Kremls auf sich gezogen. Der Grund: „Sie verkörpert nahezu alles, was der Kreml hasst“, schreibt mein Kollege Thoralf Cleven. Ashton-Cirillo erklärt: „Putin möchte LGBTQ-Personen ausgerottet sehen, Präsident Selenskjy spricht von der Menschlichkeit aller Menschen, das ist der Unterschied.“ Und sie fügt hinzu: „Deshalb war ich bereit, für die Ukraine zu bluten.“

Auch viele Zivilistinnen und Zivilisten sind in der Ukraine verwundet oder getötet worden. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sprach vor wenigen Tagen von mehr als 800 Todesopfern und fast 12.300 Verletzten. Die wahre Zahl liege mit Sicherheit höher, erklärte Türk. „Unsere Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs.“ Denn es werden nur Fälle gezählt, die unabhängige Expertinnen und Experten individuell bestätigt haben. Der UN-Menschenrechtsrat kommt heute erneut zusammen. Es ist der Auftakt für eine fünfwöchige Sitzung, bei der auch Verstöße gegen die Menschenrechte in der Ukraine auf der Agenda stehen. Es geht dabei zum Beispiel um die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland. Heute sprechen unter anderem Außenministerin Baerbock und UN-Generalsekretär Guterres über die Menschenrechts­situation in der Ukraine, im Iran und in anderen Teilen der Welt.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in diesen Tag,

Ihr Sven Christian Schulz

Der Tag

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Zitat des Tages

Frau Wagenknecht glaubt allen Ernstes, eine Ikone einer neuen Friedensbewegung zu sein. Dabei nutzt sie Putins Sprache. Wie zynisch.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann,

FDP-Politikerin, kritisiert die Rufe nach Verhandlungen mit Russland bei der Demo in Berlin

Hier können Sie die Meldung zum Zitat lesen.

 

Wer heute wichtig wird

Die Fifa kürt heute Abend ab 21 Uhr den Weltfußballer und die Weltfußballerin des Jahres 2022. Lionel Messi hat erneut gute Chancen auf den Titel. Im Dezember letzten Jahres hat er es endlich vollbracht, mit der argentinischen Nationalmannschaft den WM-Titel zu holen – und er hat in sechs von sieben Spielen getroffen.

Die Fifa kürt heute Abend ab 21 Uhr den Weltfußballer und die Weltfußballerin des Jahres 2022. Lionel Messi hat erneut gute Chancen auf den Titel. Im Dezember letzten Jahres hat er es endlich vollbracht, mit der argentinischen Nationalmannschaft den WM-Titel zu holen – und er hat in sechs von sieben Spielen getroffen.

 

Termine des Tages

Deutsche Bischofskonferenz beginnt: Bei der Frühjahrsvoll­versammlung geht es erneut unter anderem um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Um 14.30 Uhr gibt es eine Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing.

Streik: Die Gewerkschaft Verdi ruft im bevölkerungsreichsten Bundesland zu Warnstreiks auf – dieses Mal an den NRW-Flughäfen, verstärkt im Großraum Köln sowie in Teilen des öffentlichen Dienstes.

 

Leseempfehlungen: falsche Hitler-Tagebücher und Elke Heidenreich

Adolf Hitlers Blähbauch: Vor fast 40 Jahren veröffentlichte der „Stern“ die erste Folge einer Serie mit Ausschnitten aus angeblich neu entdeckten Tagebüchern Adolf Hitlers. Dann kamen die Fälschungen unter Verschluss. Der NDR grub Kopien aus – und veröffentlichte sie ohne Not und neue Erkenntnisse, schreibt Thoralf Cleven.

Sie fühle sich gerade wie 40, sagt Elke Heidenreich – und so klingt die 80-Jährige im Interview auch: Die Literaturkritikerin und Autorin spricht schnell, engagiert und gut gelaunt. Sie erzählt, warum sie gegen das Gendern ist, warum sie ihren Kollegen Denis Scheck scharf kritisiert – und was sie am Reisen so liebt (+).

 

Aus unserem Netzwerk: von der See ins Gericht

Die Seenotretterin Irina Schmidt war Einsatzleiterin auf dem Schiff „Iuventa“. Auf dem Mittelmeer retteten sie und ihre Crew Tausenden Geflüchteten das Leben. 2021 wurde die Besatzung wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“ angeklagt. Bei einem Urteil drohen bis zu 20 Jahre Haft. In ihrem Leben richtet das einiges an, berichtet die „Leipziger Volkszeitung“ (+).

 

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