Nach Absage an Steinmeier: Jetzt soll Scholz in die Ukraine fahren – aber nicht mit leeren Händen
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Fährt er oder nicht? Nach der Absage an Steinmeier soll Scholz in die Ukraine fahren.
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Berlin. Nach der Ablehnung eines Besuchs des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hat die Ukraine Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Kiew eingeladen. „Das haben wir auch so kommuniziert, dass mein Präsident und die Regierung sich darauf sehr freuen würden, wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz Kiew besucht“, sagte der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, am Dienstagabend auf ProSieben und SAT.1. Bei dem Besuch solle es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann. „Darauf freut sich mein Präsident“, sagte Melnyk.
Zuvor hatte die ukrainische Regierung einen Besuch Steinmeiers in der Hauptstadt abgelehnt. „Ich war dazu bereit. Aber offenbar - und ich muss zur Kenntnis nehmen - war das in Kiew nicht gewünscht“, sagte der Bundespräsident bei einem Besuch in Warschau. Geplant war ein gemeinsamer Solidaritätsbesuch mit den Staatschefs Polens und der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland. Dazu kommt es jetzt aber nicht mehr.
Melnyk: Regierung sollte „Blockadehaltung“ aufgeben
Die Ukraine fordert schwere Waffen wie Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Luftabwehrsysteme von Deutschland. Viele andere Staaten innerhalb der Nato wie Tschechien hätten sich schon für die Lieferung schwerer Waffen entschieden, betonte Melnyk. „Deswegen hoffen wir, dass auch in der Ampel-Koalition die gleiche Entscheidung bald fällt, und dass diese Blockadehaltung aufgegeben wird.“ Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich für die Lieferung schwerer Waffen ausgesprochen, Kanzler Scholz hat sich bisher zurückhaltend auf entsprechende Fragen geäußert.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) drückt bei den Waffenlieferungen aufs Tempo. „Es nützt nichts wenn wir sagen: In einem Dreivierteljahr kriegt ihr irgendwas. Jetzt muss das Zeug da runter. Und so handeln wir auch“, sagte der für Rüstungsexporte zuständige Wirtschaftsminister am Dienstagabend auf ProSieben und SAT.1. Er sagte aber nicht, was konkret geliefert werden soll.
Selenskyj lehnt Steinmeier-Besuch in Kiew ab
Beobachter vermuten, dahinter stehe Selenskyjs Missbilligung der engen Beziehungen Steinmeiers zu Russland in seiner Zeit als Außenminister der Bundesrepublik.
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Ampel-Parlamentarier in der Ukraine - Waffenlieferungen gefordert
Auch drei führende Parlamentarier der Ampel-Koalition, die am Dienstag Lwiw in der Westukraine besuchten, sprachen sich für weitere Waffenlieferungen, einen schnellstmöglichen Importstopp für russisches Öl und eine klare EU-Perspektive für die Ukraine aus. „Im Bundestag dürfte es dafür breite Mehrheiten geben. Deutschland muss noch mehr Verantwortung übernehmen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Auswärtiges, Verteidigung und Europa, Michael Roth (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Anton Hofreiter (Grüne), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Bundestagsabgeordneten kritisierten aber die Ausladung Steinmeiers durch die Regierung in Kiew. Dieser Schritt sei nicht zu verstehen. „Gerade jetzt ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben.“ Die drei Politiker führten am Dienstag Gespräche mit Abgeordneten des ukrainischen Parlaments Rada. Es war der hochrangigste deutsche Besuch in der Ukraine seit Kriegsbeginn vor sieben Wochen.
„Ich befürwortete die Lieferung schwerer Waffen mit Nachdruck, allerdings müssen die ukrainischen Soldaten für viele dieser Waffen erst noch ausgebildet werden“, sagte Strack-Zimmermann dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Dafür bestehe jedoch kaum die Zeit und Möglichkeit. „Ich schlage stattdessen vor, die Ukraine mit russisch-sowjetischen Waffen aus den Beständen osteuropäischer Nato-Mitglieder zu versorgen, mit denen die ukrainischen Soldaten vertraut sind.“ Deutschland müsse dafür die Lieferungen der osteuropäischen Partner an die Ukraine ersetzen und durch eigene Lieferungen an die Partnerländer in Osteuropa kompensieren, so die Verteidigungspolitikerin.
CDU fordert Tempo - Skeptische Stimmen aus der SPD
Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte schnelle Waffenlieferungen. „Den Vorschlag, die Lieferung zu beschleunigen, indem zunächst einsatzfähige Bundeswehrbestände geliefert werden und anschließend in den kommenden Monaten die Bundeswehrbestände wieder aufzufüllen, halte ich für sinnvoll“, sagte er dem RND. „Konkret gibt es das Angebot aus der Industrie, kurzfristig Kampfpanzer des Typs Leopard 1 oder Schützenpa
Putin siegessicher: Russischer Präsident verteidigt Invasion der Ukraine weiterhin
Der russische Präsident verteidigte seine Entscheidung über den Einmarsch in die Ukraine vor knapp sieben Wochen als alternativlos.
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nzer Marder liefern zu können, auch in einem Rotationsverfahren mit Bundeswehrbeständen.“
Strack-Zimmermann lehnte dies ab und erklärte: „Es wird gerne vergessen, dass die Bundeswehr in ihrer jetzigen Situation kaum auf Material verzichten kann, da sie sonst bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung schnell an ihre Grenzen gelangt“, so die FDP-Politikerin zum RND. Hinzu komme, „dass das schwere Material und Panzer auch in Bündnisverpflichtungen in Partnerländern gebunden ist, wo wir es nicht einfach abziehen können.“ Die Bundestagsabgeordnete betonte: „Die Bundeswehr kann daher kaum ein paar Monate auf ihr Gerät verzichten und gleichzeitig kann auch nicht die Industrie Brief und Siegel darauf schwören, dass das Material dann umgehend ersetzt wird.“
Der Außenexperte Kiesewetter rechnet jedoch nicht damit, dass es Probleme bei der Bedienung der Fahrzeuge und Waffen gäbe: „Ich bin zuversichtlich, dass eine stark verkürzte und intensivierte Ausbildung ausreichen würde.“ Denn die ukrainischen Soldaten hätten gezeigt, dass sie mit vollem Einsatz und unnachgiebigen Engagement kämpften. „Es ist absolut sinnvoll, jetzt schon mit der Ausbildung auch für westliche Waffensysteme zu beginnen, denn irgendwann sind sowjetische Alt-Bestände des Westens erschöpft“, meinte Kiesewetter.
Aus der SPD kommen auch skeptische Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten, Mitglied im Verteidigungsausschuss, sagte der „Welt“: „Wir dürfen uns nicht schrittweise in einen Krieg mit Russland treiben lassen. Wenn wir schwere Waffen liefern, stellt sich schnell die Frage, ob dann auch deutsche Ausbilder nötig sind oder Freiwillige aus Deutschland, die die Systeme bedienen.“ SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte, die Lieferung schwerer Waffen sei „derzeit noch keine Option“. „Die Menschen haben Angst, dadurch direkt in einen Krieg gezogen zu werden, das ist das klare Echo aus meinem Wahlkreis.“
Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer sagte dem Bericht zufolge dagegen: „Wir denken heute bei diesem Thema ganz anders als vor sechs Wochen. Jetzt muss alles getan werden, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen kann. Dazu gehört auch, dass Deutschland schwere Waffen liefert.“ Er glaube nicht, dass dies an der SPD scheitere.
RND/dpa