„Abschreckungsmodus“ – EU bereitet sich auf Einmarsch Russlands in die Ukraine vor
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Außenministerin Annalena Baerbock beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Brüssel. Wegen des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine haben die EU-Außenminister am Montag über neue Sanktionen gegen Russland beraten. Entscheidungen über Strafmaßnahmen gebe es aber zunächst nicht, sagte der EU-Chefdiplomat Josep Borrell nach dem Treffen in Brüssel. Noch sei man im „Abschreckungsmodus“.
Die Außenministerrunde, an der zum ersten Mal die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teilnahm, habe jedoch ein klares Signal gesendet, „dass Russland für jedwede Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis bezahlen“ müsse, sagte der Außenbeauftragte der EU.
Außenminister erhöhen Druck
Ähnlich hatte sich zuvor EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geäußert. „Aggression muss ein Preisschild haben“, sagte sie am Freitag bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Auch die Außenminister der führenden westlichen Industrienationen erhöhten am Wochenende den Druck auf Moskau. „Wir sind uns einig in unserer Verurteilung der militärischen Aufrüstung Russlands und seiner aggressiven Rhetorik gegenüber der Ukraine“, hieß es in einer Erklärung der G7-Gruppe, der auch Deutschland angehört.
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Die EU will sich nun nach den Worten Borrells zunächst mit den USA und Großbritannien abstimmen, wann welche Sanktionen verhängt werden, sollte Moskau einen Einmarsch seiner Truppen in die Ostukraine anordnen. Der Kreml dementiert solche Absichten energisch. Dennoch sorgt der Truppenaufmarsch in Brüssel für Alarmstimmung.
Sanktionen könnten Thema werden
Noch ist allerdings unklar, wie schnell sich die EU auf eine gemeinsame Haltung einigen kann. Die Sanktionen werden auch ein Thema beim kommenden EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag sein.
Das Problem ist das in der EU vereinbarte Einstimmigkeitsgebot in außenpolitischen Fragen. Bundesaußenministerin Baerbock warnte am Montag in Brüssel: „Ein starkes Europa darf sich nicht bei außenpolitischen Fragen von der Einstimmigkeit schwächen lassen.“ Die EU brauche „angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit eine starke gemeinsame außenpolitische Stimme“, sagte die Grünen-Politikerin.
Scholz: „Beobachten die Truppenbewegungen entlang der ukrainischen Grenze mit großer Sorge“
Bundeskanzler Olaf Scholz ist am Sonntagabend zum Antrittsbesuch in Polen eingetroffen.
© Quelle: Reuters
Sollte es zu neuen Sanktionen gegen Russland kommen, dann dürften diese graduell ansteigen. Debattiert werden Einreiseverbote gegen russische Politiker sowie das Einfrieren von Vermögenswerten in der EU. Ähnliche Sanktionen wurden nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 verhängt.
Doch nun denken die USA offenbar auch darüber nach, im Extremfall Russland vom internationalen Zahlungsverkehrsdienstleister Swift abzutrennen. Das wäre, so hieß es in Brüssel, die „nukleare Option“ im Strafpaket gegen Russland.
Swift ist eine in Belgien ansässige Plattform, auf der weltweit Finanzdienstleistungen abgewickelt werden. Mehr als 11.000 Banken sind daran beteiligt. Sie können darüber Nachrichten zu jeder Überweisung und jeder Zahlung mit einer Kreditkarte austauschen. Im vergangenen Jahr wurden weltweit mehr als 9,5 Milliarden solcher Nachrichten ausgetauscht.
Eine potenzielle Abtrennung vom Swift-System dürfte Russland vor erhebliche Probleme stellen. Das zeigt das Beispiel des Irans, der zwischen 2012 und 2016 wegen seines Atomprogramms von Swift abgetrennt war. Dramatische Einbußen für die iranische Wirtschaft waren die Folge.
Auch die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland durch die Ostsee nach Deutschland könnte am Ende in einem neuen Sanktionspaket enthalten sein. Außenministerin Baerbock machte am Sonntagabend im ZDF deutlich, dass es im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine ein Betriebsverbot für die Pipeline geben werde.
Es sei zwischen den USA und der alten Bundesregierung besprochen worden, „dass bei weiteren Eskalationen diese Pipeline so nicht weiter ans Netz gehen könnte“, sagte Baerbock.