Reparaturtrupps in der Ukraine: im ständigen Kampf gegen Kälte und Dunkelheit
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Ein Mann überquert in Bachmut einen Fluss über die Trümmer einer beschädigten Brücke.
© Quelle: Andriy Andriyenko/AP/dpa
Kiew. Oleh Braharnyk und sein Team wissen um die Bedeutung ihres Jobs: Sie werden gerufen, wenn in Kiew Straßenzüge und manchmal auch ganze Stadtviertel nach russischen Angriffen ins Dunkel getaucht sind. So schnell wie möglich versuchen sie, die Stromversorgung wiederherzustellen.
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Auch dieser Tage waren Braharnyk und seine Leute vom Energieversorger DTEK in der ukrainischen Hauptstadt im Einsatz, um zerstörte Leitungen zu reparieren. Der Teamleiter kann gut ermessen, welche Last die Stromausfälle für die Menschen in der Nachbarschaft bedeuten. Wie sie leidet auch seine Familie unter den Folgen des russischen Bombardements. „Auch wir sitzen im Dunkeln“, sagt Braharnyk. Nur etwa die Hälfte des Tages hätten sie Strom.
Russland greift gezielt Infrastruktur an
Die Angriffe der russischen Truppen haben sich zuletzt verstärkt auf Anlagen und Einrichtungen der Stromversorgung gerichtet. Bei sinkenden Temperaturen trifft dies die Ukrainerinnen und Ukrainer umso stärker. Das Stromnetz auszuschalten, das für Licht und warme Wohnungen sorgt, ist Teil der Strategie, die Infrastruktur zu lähmen und die Ukraine damit im Winter so weit wie möglich in die Knie zu zwingen.
Hafenstadt Odessa nach Drohnenangriff wohl wochenlang ohne Strom
Die Stadt blieb in weiten Teilen dunkel. Das Stromnetz soll in den nächsten Tagen soweit repariert sein, dass eine Grundversorgung möglich ist.
© Quelle: Reuters
Braharnyk und seine Leute stellen nur eines von unzähligen Teams in Kiew, die alles daransetzen, das zu verhindern. Und auch Kollegen quer durchs ganze Land sind unermüdlich im Reparatureinsatz.
Große Teile des Energieversorgungsnetzes sind beschädigt
Dass die Angriffe auf Gas, Wasser und Strom zu einer weiteren Front im Winter geworden sind, das haben Präsident Wolodymyr Selenskyj und viele andere aus der ukrainischen Führungsriege der Bevölkerung deutlich gemacht. Aktuell ist etwa die Hälfte des ukrainischen Energieversorgungsnetzes nach den großangelegten Angriffen vom 23. November immer noch beschädigt.
Damals fielen sechs der DTEK-Wärmekraftwerke aus, bis zu 70 Prozent der Einwohner Kiews waren ohne Strom. Zwar waren die Kraftwerke binnen 24 Stunden wieder am Netz, doch die Energieversorgung ist nach wie vor beeinträchtigt. Tagsüber sei rund ein Drittel der Einwohner Kiews betroffen, sagt DTEK-Sprecherin Antonina Antoscha.
Teams sind in ständiger Alarmbereitschaft
Seit Anfang Oktober wurden nach DTEK-Angaben die Einrichtungen des Unternehmens 17 Mal Ziel von Angriffen. Mehrere Beschäftigte seien getötet worden. Insgesamt habe der Krieg schon rund 110 Mitarbeiter das Leben gekostet, die meisten seien an der Front getroffen worden, einige aber auch während der Arbeit oder in ihrer Freizeit.
Oleh Braharnyk und sein Team sind in ständiger Alarmbereitschaft. Als am 23. November die ersten Raketen einschlugen, eilten sie zu einem der Notfälle und legten umgehend fest, was getan werden musste. Für die eigentlichen Reparaturen holten sie sich dann Verstärkung. „Drei oder vier Leitungen waren gerissen“, sagt Braharnyk. Es dauere mehrere Stunden, neue Leitungen zu installieren.
Oft müssen auch erst Sprengstoffräumungsexperten grünes Licht für die Reparaturarbeiten geben. Oder Aufräumtrupps müssen zunächst Trümmer und Schutt abtragen, damit der Weg zu den beschädigten Leitungen frei ist.
Reparaturarbeiten unten anhaltendem Beschuss
Noch viel gefährlicher war es zu Beginn des Kriegs, als die russischen Truppen bis an den Stadtrand von Kiew und in einige Stadtteile vorstießen, bevor sie wieder zurückgedrängt wurden. Damals mussten die Reparaturen unter anhaltendem Beschuss erfolgen. „Das war noch viel schlimmer“, sagt Braharnyk. Jetzt habe sich die Lage verändert: „Die Raketen werden aus größerer Entfernung abgefeuert.“
Egal, was um uns herum passiert, wir sind hier, um es wieder in Ordnung zu bringen.
Oleh Braharnyk
Und wenn jetzt ein Alarm eingehe, sei damit zu rechnen, dass der Angriff der Stromversorgung gelte, erklärt Braharnyk. Ist der Einsatz der Reparateure nötig, rücken sie umgehend aus. Doch die Gefahr ist weiterhin immer dabei: „Denn niemand weiß, ob sie nicht noch einmal dort zuschlagen, wenn wir im Einsatz sind, eine Stelle zu reparieren, die sie gerade erst getroffen haben“, sagt der Experte.
Er und seine Leute seien aber fest entschlossen, ihre Aufgabe zu erfüllen. „Egal, was um uns herum passiert“, sagt Braharnyk, „wir sind hier, um es wieder in Ordnung zu bringen.“
RND/AP