Baerbock in der Ukraine: An einem zentralen Punkt sagt die Außenministerin Nein

Außenministerin Annalena Baerbock und ihr ukrainischer Amtskollege, Dmytro Kuleba, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew.

Außenministerin Annalena Baerbock und ihr ukrainischer Amtskollege, Dmytro Kuleba, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew.

Kiew. An einem zentralen Punkt sagt Annalena Baerbock Nein. Anderthalb Stunden hat sie mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba gesprochen, es ist ihr Antrittsbesuch in Kiew, wo das Außen­ministerium präsidiale Ausmaße hat, mit einem Eingang hinter kranhohen Säulen und einem Foyer aus glänzend grauem Stein.

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Die zugespitzte Krise mit Russland ist das Hauptthema bei dem Treffen. Baerbock spricht von einer „hoch­gefährlichen Situation“ und versichert Kuleba ihren Rückhalt. Der definiert Rückhalt so: deutsche Waffen­lieferungen. Wirtschafts­minister Robert Habeck, wie Baerbock derzeit noch Grünen-Vorsitzender, hat dafür Sympathien erkennen lassen. Und ist nicht gerade auch noch der 30. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern?

Baerbock lehnt ab. „Eine starke Außenpolitik kennzeichnet, dass man eine klare Haltung hat“, so begründet sie das hinterher bei der Presse­konferenz. Es sei bekannt, dass Deutschland sehr restriktive Rüstungs­export­richtlinien habe. Baerbock verweist auf „die deutsche Geschichte“ als Grund. In ihrem Eingangs­statement hat sie erwähnt, dass deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg auch in der Ukraine gewütet haben.

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Drohnenabwehr, Schutzwesten und Helme sind in den Koalitions­fraktionen genannt worden als Hilfe für die Ukraine, an deren Grenze gut 100.000 russische Soldaten aufgezogen sind. Baerbock wiederholt nichts davon. Sie verweist auf die Behandlung ukrainischer Soldaten in Berlin, auf Hilfe beim Aufbau eines Militär­krankenhauses, sie bietet Hilfe bei der Cyberabwehr an. Und außerdem gebe es die diplomatischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts.

Russland und die USA überziehen sich mit gegenseitigen Vorwürfen

Richtig viel haben die bislang nicht gebracht: Die vergangene Woche mit den Treffen von USA und Russland, Nato-Russland-Rat und OSZE ergab keine erkennbare Bewegung. Im Gegenteil: Hinterher überzogen sich vor allem Russland und die USA mit gegenseitigen Vorwürfen. „Mit einem Durchbruch innerhalb weniger Stunden haben wir nach Jahren des Schweigens nicht gerechnet“, wiegelt Baerbock ab. „Es gibt nicht diese eine Zaubertür, die man öffnen kann.“

Meilenweit auseinander sei man zwar an vielen Punkten. „Aber wir haben einen langen Atem.“

Vor allem stochern die Diplomaten aber wohl ziemlich im Nebel, was die Ziele und Strategien von Russlands Präsident Wladimir Putin betrifft. Reden, reden, reden ist die Gegenstrategie: Deswegen soll auch das Normandie-Format wiederbelebt werden, in dem Russland und die Ukraine mit Deutschland und Frankreich nach Einigungs­möglichkeiten gesucht hatten. Eins sei klar, sagt Baerbock: Die Souveränität der Ukraine und die Unverletzbarkeit der Grenzen seien nicht verhandelbar. Sie bekräftigt, dass Russland mit ernsten Konsequenzen rechnen müsse, falls es die Lage weiter eskalieren lasse.

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Aber es soll nicht nur um Probleme gehen bei diesem Besuch, sondern auch um Chancen. Baerbock formuliert es so: Man dürfe die deutsch-ukrainische Partnerschaft nicht nur durch die russische Brille sehen. Am Nachmittag besucht sie den ukrainischen Wasserstoffrat.

Zusammenarbeit bei der Wasserstoffförderung

Wasserstoff ist auch für Baerbock die Energieform der Zukunft. Gut fürs Klima, für die Energie­unabhängigkeit und für die Sicherheit sei dieser, sagt Baerbock. Und für Exportländer gebe es damit große wirtschaftliche Chancen. Das gelte sowohl für die Ukraine als auch für Russland.

Demnächst werde Deutschland in Kiew ein „Büro für Wasserstoff­diplomatie“ eröffnen, kündigt die Ministerin an. Kuleba, der eigentlich Waffen wollte, weist darauf hin, Deutschland werde außerdem den Co-Vorsitz in einer der fünf Arbeitsgruppen der Krim-Plattform, einem von der Ukraine eingerichteten Verhandlungsformat, übernehmen.

„Ich hoffe, dass wir in allernächster Zukunft auch Freunde werden“, sagt er auch. Vielleicht schwingt da doch ein wenig Enttäuschung mit.

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Baerbock sagt, sie werde bald wiederkommen. Gemeinsam mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian will sie ins ostukrainische Kriegsgebiet Donbass fahren. Habeck hatte das im vergangenen Frühjahr getan und danach erklärt, über die Lieferung von Defensivwaffen müsse man nachdenken. Am Dienstag wird Baerbock erst mal in Russland erwartet, zu einem Gespräch mit ihrem Amtskollegen Sergej Lawrow.

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