China zwingt Uiguren zu Zwangssterilisationen und Abtreibungen

Der Grausame: Seit 2012 Generalsekretär der KP, seit 2013 Chinas Staatspräsident – Xi Jinping ist mächtig. Und er ist ein gnadenloser Unterdrücker. Im November 2019 erfährt die Welt durch geleakte Dokumente Details über sein grausames System, seine Umerziehungslager und den Ethnozid an Uiguren.

Seit 2012 Generalsekretär der KP, seit 2013 Chinas Staatspräsident – Xi Jinping ist mächtig.

Peking/New York. Die chinesische Regierung beschränkt mit drakonischen Mitteln die Geburtenraten unter den Uiguren und anderen Minderheiten im Land.

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Datenleck belegt Ausmaß der Unterdrückung der Uiguren in China

Ein Datenleck in der chinesischen Regierung hat das Ausmaß der Unterdrückung und Überwachung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China offengelegt.

Der Einsatz von Zwangssterilisation und Abtreibungen sei weitaus stärker verbreitet als bisher angenommen, berichtet die Nachrichtenagentur AP, die offizielle Statistiken und Dokumente einsehen konnte und mit Betroffenen sprach. Diese aggressive Form der Familienpolitik diene nach Einschätzung von Experten dem Zweck, das Bevölkerungswachstum unter den muslimischen Einwohnern zu begrenzen.

Die Behörden lassen der AP zufolge Frauen aus Minderheiten regelmäßig auf eine mögliche Schwangerschaft untersuchen. Sie würden zu Hunderttausenden gezwungen, sich Spiralen einsetzen oder sterilisieren zu lassen und Schwangerschaften abzubrechen.

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Masseninhaftierungen als Drohung und Strafe

Während die Verwendung von Spiralen und die Zahl der Sterilisationen von Frauen in China insgesamt zurückgehe, stiegen sie in Xinjiang stark an. Die Region im äußersten Nordwesten des Landes bildet den Siedlungsschwerpunkt der Uiguren in China.

Begleitet werden diese Maßnahmen zur Bevölkerungskontrolle von Masseninhaftierungen - als Drohung und als Strafe für zu viele Geburten.

Eine solche Strafe erlebte Gulnar Omirzakh, eine in China geborene Kasachin, als sie ihr drittes Kind zur Welt gebracht hatte. Zunächst ordnete die Regierung an, sie müsse sich eine Spirale zur Empfängnisverhütung einsetzen lassen.

Zwei Jahre später, im Januar 2018, kamen vier Beamte zur ihr nach Hause und gaben ihr drei Tage Zeit, dennoch eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet rund 2400 Euro zu zahlen, weil sie mehr als zwei Kinder habe. Wenn sie das Geld nicht beschaffe, werde sie wie schon ihr Ehemann inhaftiert.

Dies ist Teil einer größeren Kampagne zur Unterwerfung der Uiguren.

Adrian Zenz

Experte

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“Die Menschen daran zu hindern, Kinder zu bekommen, ist falsch”, sagt Omirzakh. “Sie wollen uns als Volk zerstören.” Es gelang ihr, das Geld zusammenzubringen; später floh sie nach Kasachstan.

Geburtenraten fielen um 60 Prozent

Die Geburtenraten in den mehrheitlich von Uiguren bewohnten Regionen Hotan und Kashgar fielen zwischen 2015 und 2018 um mehr als 60 Prozent, wie aus Regierungsstatistiken hervorgeht. Die Regierung in Peking gab Hunderte Millionen Euro für die Geburtenkontrolle aus und bremste so das rasante Bevölkerungswachstum in Xinjiang deutlich ab, wie aus einer Untersuchung des chinesischen Experten Adrian Zenz hervorgeht, die noch nicht veröffentlicht wurde.

“Dies ist Teil einer größeren Kampagne zur Unterwerfung der Uiguren”, erklärt Zenz, der mit der Nichtregierungsorganisation Victims of Communism Memorial Foundation in Washington kooperiert.

Das chinesische Außenministerium und die Regierung in Xinjiang reagierten nicht auf wiederholte Bitten um Stellungnahme. Peking hat in der Vergangenheit erklärt, die neuen Maßnahmen seien fair, weil nun Minderheiten genauso viele Kinder bekommen dürften wie die Han-Chinesen, die die Mehrheit der Bevölkerung bilden.

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Unter der inzwischen abgeschafften Ein-Kind-Politik hatten die Behörden auch die Han-Chinesen aufgefordert und bisweilen gezwungen, Mittel zur Empfängnisverhütung einzusetzen. Angehörige von Minderheiten durften dennoch zwei Kinder bekommen und sogar drei, wenn die Familie auf dem Land lebte.

Männer der uigurischen Minderheit sehen sich Ziegen an, die auf dem sonntäglichen Viehmarkt verkauft werden.

Männer der uigurischen Minderheit sehen sich Ziegen an, die auf dem sonntäglichen Viehmarkt verkauft werden.

Gleichheit herrscht nur auf dem Papier

Das änderte sich unter Präsident Xi Jinping. Schon bald nach seiner Amtsübernahme überarbeitete die Regierung das Gesetz, so dass nun auch die Han-Familien in Xinjiang zwei oder drei Kinder bekommen durften, genau wie die Minderheiten.

Gleichheit herrscht aber nur auf dem Papier. In der Praxis sind Han-Chinesen mit mehr als drei Kindern von Zwangsabtreibungen, Sterilisationen und Haftstrafen ausgenommen, wie sie gegen Minderheiten verhängt werden. Das geht aus Gesprächen mit Betroffenen und den offiziellen Statistiken hervor.

Manche Muslime auf dem Land wie Omirzakh werden sogar bestraft, wenn sie die drei Kinder bekommen, die ihnen laut Gesetz erlaubt sind.

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In den Bauch getreten

In den Lagern werden den Frauen Spiralen zur Verhütung eingesetzt und sie erhalten Spritzen, mit denen anscheinend Schwangerschaften verhindert werden sollen. Die ehemalige Gefangene Tursunay Ziyawudun sagt, sie habe Injektionen erhalten, bis ihre Menstruation ausgeblieben sei. Bei Verhören sei sie wiederholt in den Bauch getreten worden. Jetzt kann sie keine Kinder mehr bekommen und krümmt sich häufig vor Schmerzen im Unterleib, wie sie erzählt.

Es ist kein sofortiger, schockierender Massenmord, aber es ist ein langsamer, schmerzhafter, schleichender Genozid.

Joanne Smith Finley

Universität Newcastle

Anderen Frauen im Lager sei es genauso ergangen. Ihnen sei auch mit Abtreibung gedroht worden, sollten sie schwanger werden.

Die Statistiken unterstreichen Ziaywuduns Angaben. 2014 wurden demzufolge in Xinjiang gut 200.000 Spiralen eingesetzt. Bis 2018 stieg diese Zahl um mehr als 60 Prozent auf knapp 330.000. Im Rest des Landes ging dagegen die Zahl dieser Eingriffe deutlich zurück. Xinjiang verzeichnete außerdem im selben Zeitraum eine deutliche Zunahme von Sterilisationen. Ihre Zahl stieg von 2016 bis 2018 um das siebenfache auf mehr als 60.000.

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Im Gegensatz zur früheren Ein-Kind-Politik richten sich die Maßnahmen in Xinjiang dezidiert gegen Minderheiten. "Die Absicht ist vielleicht nicht, die uigurische Bevölkerung vollständig auszulöschen, aber sie wird deutlich an Vitalität verlieren und ist damit leichter zu assimilieren", sagt Darren Byler, ein Experte für die Uiguren an der Universität von Colorado.

Seine britische Kollegin Joanne Smith Finley von der Universität Newcastle geht noch einen Schritt weiter. "Das ist ein Genozid, Punkt", sagt sie. "Es ist kein sofortiger, schockierender Massenmord, aber es ist ein langsamer, schmerzhafter, schleichender Genozid."

RND/cle/AP

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