Geplatzter U-Boot-Deal: Macron bezichtigt Australiens Premier der Lüge

Emmanuel Macron.

Emmanuel Macron.

Sydney. Am Rande des G20-Gipfels in Rom hat sich am Wochenende ein außergewöhnlicher Austausch zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und mehreren australischen Journalisten abgespielt. Macron antwortete spontan auf Fragen der Reporter und bezichtigte in einer Bemerkung am Ende des Austauschs den australischen Premierminister Scott Morrison der Lüge.

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In dem kurzen Gespräch ging es um den geplatzten U-Boot-Vertrag zwischen Paris und Canberra, der Mitte September zu einem Eklat zwischen den beiden Staaten geführt hat. Australien kündigte den Deal mit Frankreich auf und gab im Rahmen einer neuen Sicherheitspartnerschaft mit Großbritannien und den USA bekannt, Atom-U-Boote mithilfe der USA und Großbritannien erwerben zu wollen. Frankreich reagierte damals mit großer Empörung: Die französischen Botschafter aus Canberra und Washington wurden kurzzeitig nach Paris zurückberufen und der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian bezeichnete die Entscheidung Australiens als „Dolchstoß“.

„Ich glaube es nicht, ich weiß es.“

Wie schwer das bis dahin enge Verhältnis zwischen Australien und Frankreich dadurch belastet ist, wurde nun in den Kommentaren Macrons erneut deutlich. Vor den australischen Journalisten betonte der französische Präsident zwar, er habe viel „Respekt und Freundschaft“ für Australien und die Australier, aber dieser Respekt zwischen den Nationen müsse erwidert werden. „Ich sage nur, wenn wir Respekt haben, muss man ehrlich miteinander sein und sich diesem Wert entsprechend verhalten“, sagte er. Auf die Frage, ob er denke, Morrison habe ihn angelogen, indem er Australiens geheimen Dialog mit Großbritannien und den USA über den Erwerb von Atom-U-Booten nicht preisgegeben habe, antwortete Macron direkt: „Ich glaube es nicht, ich weiß es.“

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In einer seiner Antworten gestand der Franzose ein, dass der sogenannte Aukus-Deal – die neue Sicherheitspartnerschaft zwischen Australien, Großbritannien und den USA – eine „sehr schlechte Nachricht für Frankreich“ gewesen sei. Zudem sei sie nicht hilfreich für die „Glaubwürdigkeit Australiens“ gewesen. „Ich denke, es schadet dem Ruf Ihres Landes und Ihres Premierministers“, sagte Macron zu den australischen Journalisten.

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Australien weist Schuld von sich

Australiens Premierminister Scott Morrison reagierte in seiner täglichen Pressekonferenz auf die Bemerkungen des französischen Präsidenten und betonte, dass er bereits einige Monate vor der Bekanntgabe des Aukus-Deals die Probleme rund um die französischen U-Boote angesprochen habe. „Mir war klar, dass die konventionellen U-Boote unseren strategischen Interessen nicht gerecht werden können und dass wir eine Entscheidung in unserem nationalen Interesse treffen müssen“, sagte Morrison. Dies habe er klar gegenüber dem französischen Präsidenten kommuniziert, als sie gemeinsam im Juni im Élysée Palast zu Abend aßen. Dass er bewusst gelogen habe, stritt Morrison vehement ab: „Damit stimme ich nicht überein“, sagte er.

Der französische Präsident zweifelte in seinen Kommentaren zudem an, dass der neue Deal mit den USA und Großbritannien tatsächlich Früchte tragen würde. Ein erster Bericht würde erst in 18 Monaten vorliegen, meinte er, und fügte süffisant hinzu: „Viel Glück.“ Morrison hingegen betonte, dass er „zuversichtlich“ sei, dass das neue Atom-U-Boot-Programm Ergebnisse liefern werde. Anders als der australische Regierungschef gestand US-Präsident Joe Biden am Freitag bei einem Treffen mit Macron ein, dass die USA bei den Verhandlungen rund um den Aukus-Deal „ungeschickt“ vorgegangen seien.

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Langjährige Freundschaften

Der Aukus-Deal stärkt Australiens enge Beziehung zu den USA und der früheren Kolonialmacht Großbritannien. Auch die Freundschaft mit den USA wird nur weiter gefestigt: Australien ist seit 1951 militärischer Verbündeter der USA und zudem Teil der sogenannten „Five Eyes“-Partnerschaft, in der die Geheimdienste von Australien, Neuseeland, Kanada, Großbritannien und den USA zusammenarbeiten.

Zwei australische Historiker schrieben nach Bekanntgabe des Deals im akademischen Magazin „The Conversation“, dass Paris feststellen musste, dass „der konditionierte Reflex, sich auf große und mächtige Freunde zu verlassen, in der australischen Psyche weit verbreitet ist“. Hervé Lemahieu, Forschungsdirektor des Lowy Instituts, sagte in einem Videobriefing dagegen, dass mit der neuen Partnerschaft eine „breitere westliche Allianz“ belastet worden sei. Der Betrug an Frankreich würde den Transatlantischen Graben weiter vertiefen und sei gleichzeitig das „erste greifbare Zeichen, wie die Brexit-Politik in den Indopazifik überschwappt“.

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