Maut-U-Ausschuss: Dobrindt weist Vorwürfe über Mitverantwortung zurück

Alexander Dobrindt (CSU), ehemaliger Bundesverkehrsminister, vor der Sitzung des Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

Alexander Dobrindt (CSU), ehemaliger Bundesverkehrsminister, vor der Sitzung des Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

Berlin. Der frühere Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat Vorwürfe über eine Mitverantwortung am Scheitern der Pkw-Maut zurückgewiesen. Dobrindt verwies in der Nacht zum Freitag als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestags auf einen Ende 2016 mit der EU-Kommission erzielten Kompromiss zum deutschen Pkw-Maut-Modell. Die Kommission habe „quasi einen Stempel“ für die Europarechtskonformität gegeben, sagte Dobrindt. Die Maut habe damit umgesetzt werden können. Die Opposition dagegen sieht eine Mitverantwortung Dobrindts am Scheitern der Pkw-Maut.

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Dobrindt sagte, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die Maut „vom Tisch gewischt“ habe, habe ihn sehr überrascht. Der EuGH hatte die deutsche Pkw-Maut im Sommer 2019 für europarechtswidrig erklärt – sie sei diskriminierend für Autobesitzer aus anderen EU-Ländern.

Mit Blick auf seinen Amtsnachfolger Andreas Scheuer (CSU) sagte Dobrindt, in seiner Zeit als Bundesminister habe er politische Verantwortung getragen. Jeder Minister sei für seine Entscheidung selbst verantwortlich. Die Rolle Scheuers steht im Zentrum bei der Aufarbeitung der gescheiterten Maut, die Opposition wirft ihm schwere Fehler zu Lasten der Steuerzahler vor.

Grünen-Obmann Krischer spricht von deutlichen Rissen im CSU-Gebäude

FDP-Obmann Christian Jung sagte, Dobrindt habe die komplette politische Verantwortung für das Pkw-Maut-Desaster auf Scheuer geschoben. Grünen-Obmann Oliver Krischer sprach von deutlichen „Rissen“ im CSU-Gebäude, es seien Absetzbewegungen von Scheuer erkennbar. Dobrindts Argumentation, die Kommission habe einen europarechtlichen „Freibrief“ geliefert, sei weit hergeholt. Dies sei von einem Zeugen widerlegt worden.

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Der frühere Kabinettchef von Ex-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, hatte als Zeuge ausgesagt, dass die EU-Kommission 2017 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Sachen Pkw-Maut eingestellt habe, sei keine Garantie für Rechtssicherheit gewesen. Krischer sagte, Dobrindt habe mit seiner Aussage versucht, seine eigene Verantwortung als „Architekt der Maut“ wegzuschieben.

Maut-Ausschuss: Scheuer weist Vorwürfe von sich
 CSU-Vorstandssitzung mit Andeas Scheuer und Markus S��der, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer spricht vor der Vorstandssitzung mit der Presse. Am 24.6.2019 hat die Christlich Soziale Union  CSU  eine Vorstandssitzung abgehalten. Im Vorfeld sprachen CSU Vorsitzender & Bayerns Ministerpr��sident Markus S��der und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. M��nchen Bayern Deutschland Franz-Josef-Stra��-Haus *** CSU board meeting with Andeas Scheuer and Markus S��der, Federal Minister of Transport Andreas Scheuer talks to the press before the board meeting On 24 6 2019, the Christian Social Union CSU held a board meeting CSU Chairman Bavarias Prime Minister Markus S��der and Federal Minister of Transport Andreas Scheuer Munich Bavaria Germany Franz Josef Stra�� House spoke in advance

Der Bundesverkehrsminister hat vor dem parlamentarischen Gremium in Berlin alle Vorwürfe von sich gewiesen.

Das EuGH-Urteil bezog sich auf das Modell, für das Dobrindt als Verkehrsminister Ende 2016 grünes Licht der EU-Kommission erhalten hatte. Die Pkw-Maut war auf Drängen der CSU in den schwarz-roten Koalitionsvertrag von 2013 gekommen. Dobrindt war von 2013 bis 2017 Verkehrsminister und ist seitdem CSU-Landesgruppenchef.

Unions-Obmann Ulrich Lange (CSU) sagte, Dobrindt habe keine Schuld in Richtung Scheuer geschoben, sondern sein Handeln in seiner Amtszeit beschrieben. Es habe bei der Pkw-Maut von Anfang an engen Konkakt mit der EU-Kommission gegeben.

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Opposition wirft Scheuer schwere Fehler vor

Die Opposition sieht eine Mitverantwortung Dobrindts am Scheitern der Pkw-Maut. Unter seiner Führung seien die Maut-Gesetze durch Bundestag und Bundesrat gebracht worden, hieß es. Entgegen vielstimmiger Rechtsmeinungen seien die Maut-Gesetze als rechtskonform deklariert worden. Krischer sagte, Dobrindt habe die Pkw-Maut eingefädelt und grundlegende Weichen gestellt, die nachher zum „juristischen Totalschaden“ vor dem Europäischen Gerichtshof geführt hätten.

Dobrindt sagte zur Amtszeit Scheuers seit 2018, die Maut sei gesetzt gewesen, es habe einen festen Umsetzungsauftrag für den zuständigen Bundesminister gegeben, egal wie dieser heiße.

Im Zentrum des Ausschusses steht, dass das Verkehrsministerium unter Scheuer Ende 2018 Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut geschlossen hatte – bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler etwa im Haushalts- und Vergaberecht vor.

Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte. Scheuer weist die Vorwürfe zurück. Er soll am 28. Januar erneut als Zeuge im Untersuchungsausschusses befragt werden.

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Früherer Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz entlastet Scheuer

Vor Dobrindt hatte ein wichtiger Zeuge Scheuer erneut entlastet. Dabei geht es um Aussagen von Managern der späteren Betreiberfirmen. Sie hatten ausgesagt, Scheuer bei einem Treffen im November 2018 angeboten zu haben, mit dem Abschluss von Verträgen zu warten, bis der Europäische Gerichtshof entscheidet.

Der frühere Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz sagte im Ausschuss, er sei „sehr sicher überzeugt“, dass es ein solches Angebot nicht gegeben habe. Das hatte Schulz bereits in einer Zeugenaussage im Oktober ausgesagt – und untermauerte es nun noch. Auch nach Einsicht in Akten habe sich seine Erinnerung „zur Gewissheit“ verdichtet, dass es ein solches Angebot nicht gegeben habe. Als Grund für die anderslautenden Aussagen der Manager vermutete Schulz das laufende Schiedsverfahren zwischen dem Bund und den Firmen.

Scheuer hatte im Oktober ausgesagt: Ein Angebot der Betreiber zu einer Verschiebung eines Vertragsschlusses bis zu einem EuGH-Urteil habe es nach seiner Erinnerung nicht gegeben. Die Opposition zweifelt die Glaubwürdigkeit des Ministers an.

RND/dpa

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