Konflikt zwischen Türkei und Griechenland

Zyperns Präsident warnt vor Krieg im Mittelmeer

Nikos Anastasiades, Präsident der Republik Zypern

Nikos Anastasiades, Präsident der Republik Zypern

In einer Rede vor vertriebenen griechischen Zyprern, die während der türkischen Invasion vom Sommer 1974 ihre Heimatorte verlassen mussten, ist der zyprische Staatspräsident Nikos Anastasiades am Sonntag hart mit der EU und ihrer Türkei-Politik ins Gericht gegangen. Wenn die internationale Gemeinschaft und die Europäische Union weiter vor dem aggressiven Auftreten der Türkei in der Region die Augen verschlössen, drohe eine militärische Konfrontation der Türkei mit Griechenland, fürchtet Anastasiades.

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Im Streit um den völkerrechtlichen Status griechischer Inseln in der östlichen Ägäis hatte Erdogan in den vergangenen Monaten – und zuletzt auf dem EU-Gipfel in Prag vergangene Woche – Griechenland unverhüllt mit einem militärischen Angriff gedroht: „Wir können plötzlich eines Nachts kommen“, sagte der türkische Staatschef. Mit den gleichen Worten hatte Erdogan in der Vergangenheit Militäroperationen in Nordsyrien und im Nordirak angekündigt. Die Formulierung „Wir kommen plötzlich über Nacht“ ist in der Türkei ein geflügeltes Wort, seit türkische Truppen im Juli 1974 auf Zypern landeten und den Nordteil der Insel besetzten. Seither ist Zypern geteilt. Der freie Teil der Insel, die Republik Zypern, trat 2004 der EU bei.

Ankara erkennt Hoheitsrechte von Athen nicht an

Die Türkei erkennt den EU-Staat Zypern völkerrechtlich nicht an und erhebt Ansprüche auf Seegebiete, die nach den Regeln der UNO-Seerechtskonvention (UNCLOS) Zypern und Griechenland als Ausschließliche Wirtschaftszonen (AWZ) zustehen. Der Streit um die Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer, unter dessen Boden große Erdgasvorkommen vermutet werden, führte bereits im Sommer 2020 an den Rand eines Krieges. Damals lagen sich die Kriegsflotten der Türkei und Griechenlands in den umstrittenen Seegebieten gefechtsbereit gegenüber. Der NATO und der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel gelang es, die Krise zu entschärfen.

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In jüngster Zeit stellt die Türkei auch die Zugehörigkeit von Inseln wie Rhodos, Kos, Lesbos, Chios und Samos zu Griechenland infrage. Griechenland verstoße mit der Stationierung von Militär auf diesen Inseln gegen völkerrechtliche Verträge und verliere damit die Hoheitsrechte über die Inseln, argumentiert Ankara. Die Regierung in Athen beruft sich auf das Recht zur Selbstverteidigung und verweist auf die Bedrohung durch die Türkei, die an ihrer Ägäisküste die größte Landungsstreitmacht im Mittelmeer unterhält.

Baerbock zu Spannungen zwischen Ankara und Athen: Eskalation kann keine Lösung sein

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Türkische Kampfdrohnen überfliegen griechische Inseln

Zu Erdogans Drohungen gegenüber Griechenland sagte Anastasiades: „Es ist die Toleranz der EU, die so etwas möglich macht.“ Anders sei „das Verhalten von Herrn Erdogan nicht zu erklären“, so der zyprische Präsident. Wenn die internationale Gemeinschaft weiter untätig bleibe, drohe ein Krieg zwischen der Türkei und Griechenland. Dann werde die EU merken, „dass ihre Toleranz in eine Katastrophe geführt hat“, warnte Anastasiades.

Türkische Kampfdrohnen überflogen am Wochenende mehrmals die griechischen Ägäisinseln Kinaros, Kandeliousa und Trianisia. Kandeliousa und die drei Trianisia-Inseln sind unbewohnt. Auf Kinaros lebt eine einzige Frau. Diese Inseln werden in jüngster Zeit häufig von türkischen Drohnen und Kampfjets überflogen. Weitere griechische Inseln, denen die türkischen Militärpiloten mit Aufklärungsflügen jetzt immer häufiger Besuche abstatten, sind Agathonisi, wo etwa 200 Menschen leben, und Farmakonisi mit nur einem Dutzend Einwohnern.

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Diese Inseln gelten unter Militärexperten als mögliche Ziele einer türkischen Invasion. Der US-Historiker Michael Rubin, ein früherer Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums, der heute als Experte für Iran, die Türkei und den Nahen Osten am American Enterprise Institute lehrt und forscht, hält es für möglich, dass Erdogan Inseln wie diese in einem Kommandounternehmen von Spezialtruppen besetzen lässt.

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