Die nächste Provokation

Türkische Nationalisten erheben Anspruch auf griechische Inseln

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, kommt an, um eine Rede zu halten.

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, kommt an, um eine Rede zu halten.

Noch weht am Hafen von Rhodos die weißblaue Griechenfahne. Aber wenn es nach Devlet Bahceli geht, dem Chef der Partei der nationalistischen Bewegung (MHP), flattert dort schon bald die rote türkische Flagge mit Mondsichel und Stern. Nicht nur Rhodos, die umliegenden Inseln des Dodekanes und nordägäische Inseln wie Lesbos, Chios und Samos will Bahceli der Türkei einverleiben, sondern auch Kreta, Griechenlands größte Insel.

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Am vergangenen Wochenende besuchte Bahceli in Ankara das Hauptquartier der Grauen Wölfe, der militanten Kampforganisation seiner Partei. Ahmet Yigit Yildirim, der Präsident der Organisation, wartete mit einem besonderen Geschenk für Bahceli auf: eine große, in einen vergoldeten Rahmen gefasste Landkarte. Sie zeigt in kräftigem Rot den Westen der Türkei und in einem blassen Grünton den Osten Griechenlands. Dazwischen liegt die blaue Ägäis. Aber während nach dem geltenden Völkerrecht die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei unmittelbar vor der kleinasiatischen Küste verläuft, gehört auf dieser Karte die gesamte Osthälfte der Ägäis zur Türkei – einschließlich der dort gelegenen griechischen Inseln.

Twitter-Foto zeigt Kreta als Insel der Türkei

Ein Foto auf Twitter zeigt Bahceli, wie er gemeinsam mit Yildirim die Landkarte den Pressefotografen präsentiert. Die Karte trägt den Titel „Unser nationaler Schwur auf den Meeren“. Bahceli ist kein politischer Komparse, sondern eine Schlüsselfigur in der Türkei. Der Ultra-Nationalist ist Koalitionspartner des Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. Ohne Bahcelis MHP hat Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP keine Mehrheit im Parlament.

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Die Veröffentlichung der Karte sorgt für Wirbel in Griechenland. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis fordert eine Klarstellung. Auf Twitter fragte Mitsotakis: „Fiebertraum von Extremisten, oder offizielle türkische Politik? Eine weitere Provokation, oder das wahre Ziel?“ Erdogan müsse „zu den jüngsten Eskapaden seines Juniorpartners Stellung beziehen“, twitterte Mitsotakis. Aber Erdogan schweigt bisher.

Dass er sich von den Grauen Wölfen und seinem Koalitionspartner Bahceli distanziert, ist nicht zu erwarten. Er braucht die Stimmen der türkischen Nationalisten bei den nächsten, spätestens im Frühjahr 2023 fälligen Parlaments- und Präsidentenwahlen dringender denn je. Politische Beobachter erwarten deshalb, dass Erdogan die Konflikte mit Griechenland in den nächsten Monaten weiter schüren wird.

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Wütende Kleinsparer gehen auf die Straße: Chinas Regierung greift mit roher Gewalt und Zensur durch

Im zentralchinesischen Zhengzhou demonstrieren wütende Kleinsparer, deren Vermögen eingefroren wurde. Die Regierung reagierte mit roher Gewalt und Zensur.

Türkei zieht griechische Souveränität seit Monaten in Zweifel

Seit Monaten zieht die türkische Regierung die griechische Souveränität über 22 Ägäisinseln in Zweifel. Dazu gehören Lesbos, Chios und Samos, die nach 350 Jahren türkischer Besatzung 1923 mit dem Vertrag von Lausanne an Griechenland zurückfielen, sowie die Dodekanes-Inselgruppe um Rhodos und Kos. Sie wurden 1947 mit dem Vertrag von Paris wieder griechisch. Die türkische Regierung argumentiert, Athen habe auf diesen Inseln Militär stationiert und verstoße damit gegen die Verträge von Lausanne und Paris. Damit verliere Griechenland seine Hoheitsrechte über diese Inseln.

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Neu ist, dass jetzt auch Kreta, Griechenlands größte Insel, zur Türkei gehören soll. Die Osmanen hatten Kreta Mitte des 17. Jahrhunderts erobert. Nach den Balkankriegen 1912/13 wurde es wieder griechisch. Die Landkarte der Grauen Wölfe zeige, „wo im türkischen Nationalbewusstsein die Grenze verläuft“, twitterte Graue-Wölfe-Chef Yildirim. Von Kreta, Rhodos und den anderen Gebieten spricht Yildirim als „unsere Inseln, wo die ruhmreiche türkische Flagge jahrhundertlang wehte, die jedoch von Griechenland usurpiert wurden“.

Verteidigungsminister Hulusi Akar kündigte bereits an, die Türkei „habe einen Plan, ihre Rechte und Interessen in der Ägäis, dem östlichen Mittelmeer und auf Zypern zu verteidigen“. Dieser Plan werde „in verschieden Schritten und Phasen umgesetzt“, sagte Akar, ohne ins Detail zu gehen. Auch Außenminister Mevlüt Cavusoglu hängt großtürkischen Träumen nach. Es gebe eine Türkei, die größer sei als die gegenwärtige türkische Republik. Die Türkei dürfe deshalb „nicht in ihren heutigen Grenzen gefangen sein“, sagt Cavusoglu.

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Erdogan könnte sich ein Beispiel an Putin nehmen

Mit ganz ähnlichen Argumenten verteidigt Wladimir Putin seinen Angriff auf die Ukraine. In Griechenland wächst die Sorge, Erdogan könnte sich am Kremlchef ein Beispiel nehmen. Beide machen aus ihrer Sympathie füreinander keinen Hehl. Wie Putin, hat sich auch Erdogan aus ärmlichen Verhältnissen an die Staatsspitze gekämpft. Bei Männer ticken ähnlich. Der Revisionismus steht im Zentrum ihrer Politik. Putin will das ruhmreiche Russland zu neuer Größe führen, Erdogan schwelgt in neo-osmanischen Großmachtphantasien.

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Die Grauen Wölfe legen jetzt bereits nach: In einem neuen Tweet heißt es, das derzeit „von Griechenland besetzte Kreta“ sei „ein untrennbarer Teil des türkischen Vaterlandes“. Das türkische Volk habe die Kraft, sogar Athen zu zerstören, drohen die Nationalisten.

Das macht vielen Menschen in Griechenland Angst. Zumal es einen Präzedenzfall gibt: In diesen Tagen jährt sich die türkische Invasion auf Zypern vom Sommer 1974. In einer aktuellen Umfrage sagten 83 Prozent, sie seien wegen der Spannungen mit der Türkei sehr oder ziemlich besorgt. In einer anderen Erhebung äußerten 52 Prozent die Befürchtung, es werde in diesem Sommer zu einem militärischen Zwischenfall in der Ägäis kommen.

Schon im Sommer 2020 gerieten beide Länder im Streit um die Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer an den Rand eines bewaffneten Konflikts. Türkische und griechische Kriegsschiffe lagen einander gefechtsbereit gegenüber. Unter Vermittlung Berlins und der NATO wurde die Krise damals entschärft. Aber in wenigen Wochen könnte eine Neuauflage drohen: Im August will die Türkei das Bohrschiff „Abdülhamit Han“ in die umstrittenen Seegebiete entsenden.

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