Truppenaufmarsch bei der Ukraine: Nato-Generalsekretär richtet vor Weihnachten Appell an Russland
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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: Russland hat die Möglichkeit, ein friedliches und erholsames Weihnachtsfest für alle zu gewährleisten.
© Quelle: Roman Koksarov/Pool AP/dpa
Brüssel. Die Nato hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgerufen, die bevorstehenden Feiertage für einen Rückzug seiner Streitkräfte von der ukrainischen Grenze zu nutzen.
Russland habe die Möglichkeit, ein friedliches und erholsames Weihnachtsfest für alle zu gewährleisten, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Dazu müsse das Land Spannungen abbauen und seine Truppen zurückziehen.
Nach Angaben des Nato-Generalsekretärs geht es mittlerweile um Zehntausende Soldaten, die Russland in der Nähe der Ukraine zusammengezogen hat. Hinzu kämen bewaffnete Einheiten, Kampfpanzer und Drohnen. „Es ist ein bedeutender militärischer Aufbau, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass dieser Aufmarsch stoppt oder sich verlangsamt“, sagte er. Die Nato habe ihre Wachsamkeit erhöht.
Putin: Wir wollen keinen Ukraine-Konflikt
Russlands Präsident Wladimir Putin betonte am Donnerstag in Moskau, dass Russland kein Interesse an einem Konflikt mit der Ukraine habe.
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Stoltenberg: „Unsicherheit über die russischen Absichten“
Offen ließ der Norweger, ob er hinter den Truppenbewegungen vornehmlich den Versuch Russlands vermutet, Zugeständnisse der Nato in Sicherheitsfragen zu erpressen. „Es gibt Unsicherheit über die russischen Absichten“, sagte er. Stoltenberg verwies darauf, dass Russland bereits im Zuge der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim Gewalt gegen die Ukraine eingesetzt habe.
Mit Blick auf die russischen Forderungen nach zusätzlichen Sicherheitsgarantien der Nato zeigte er sich gesprächsbereit - erteilte allerdings Vorstellungen eine Absage, dass die Nato zum Beispiel den Verzicht auf eine Aufnahme der Ukraine erklären könnte.
Gesprächsbereitschaft von Seiten der Nato
„Wir sind bereit, uns mit Russland im Nato-Russland-Rat zusammenzusetzen und zu reden. Allerdings werden wir keine Kompromisse bei Grundprinzipien eingehen“, sagte er der dpa. „Wir können das Recht der Nato, alle Verbündeten zu schützen und zu verteidigen, nicht in Frage stellen und auch nicht das Grundprinzip, dass jede Nation das Recht hat, ihren eigenen Weg zu wählen.“
Dabei gehe es auch um die Achtung der Souveränität kleinerer Nationen. „Diese Idee, dass eine große Macht wie Russland entscheiden kann, was kleinere Nachbarn tun können oder nicht tun können, bedeutet, diese Vorstellung von Einflusssphären wieder einzuführen. Das verstößt absolut gegen alles, was seit dem Ende des Kalten Kriegs Frieden und Stabilität in Europa gewährleistet hat.“
Nato hat Maßnahmen getroffen
Auf die Frage, ob die Nato mit einer erweiterten Truppenpräsenz im östlichen Bündnisgebiet auf die angespannte Sicherheitslage reagieren könnte, reagierte Stoltenberg ausweichend. „Wir werden fortlaufend prüfen, ob wir unsere Truppenpräsenz weiter anpassen müssen“, sagte er. Mit Spekulationen wolle er vorsichtig sein, da dies zu weiteren Spannungen führen könne.
Unerwähnt ließ der Norweger dabei, dass von den Militärs bereits Maßnahmen getroffen wurden, um besser auf mögliche Bedrohungen gegen östliche Bündnisstaaten vorbereitet zu sein. So reduzierte Nato-Oberbefehlshaber Tod D. Wolters jüngst die so genannte „Notice-to-Move“-Frist für die schnelle Eingreiftruppe VJTF.
Ukraine-Konflikt: EU-Gipfel sendet deutliche Warnung an Russland
Wie erwartet haben die 27 Staats- und Regierungschef auf dem EU-Gipfel eine deutliche Warnung an Russland gesandt.
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Dies bedeutet, dass die Soldaten derzeit innerhalb von fünf Tagen bereit für eine Verlegung in ein Krisengebiet sein müssen. Bisher hatte die Frist sieben Tage betragen.
Stoltenberg betonte mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage: „Wir sehen keine unmittelbare Bedrohung gegen die Nato-Verbündeten.“
Botschafterin in Ukraine hält „breiten Angriff“ für unwahrscheinlich
Die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, hält einen großangelegten Angriff Russlands auf das Land ebenfalls für wenig wahrscheinlich. Deutliche Worte europäischer Politiker und eine frühzeitige Koordinierung hätten die richtigen Signale Richtung Moskau gesendet, schrieb Feldhusen in einer Mail an Bundesbürger, die in der Ukraine leben.
„In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen. Insofern halte ich die Wahrscheinlichkeit eines breiten Angriffs Russlands weiter für niedrig.“
EU und Nato drohen mit harten Konsequenzen
Die Diplomatin betonte aber auch: „Wie alle unsere Partner nehmen auch wir und nehme ich das russische Vorgehen sehr ernst.“ In dieser Situation müssten „Ruhe und Besonnenheit, aber auch Achtsamkeit“ an den Tag gelegt werden, so wie es die neue Bundesregierung zeige.
Die Europäische Union und die Nato drohen Moskau mit harten Konsequenzen im Falle einer militärischen Eskalation. Russland wiederum legte der Nato, den USA und ihren Verbündeten vergangene Woche Vorschläge für eine Vereinbarung zum Ende der Nato-Osterweiterung vor. Darüber soll nach Kreml-Angaben von Januar an mit den USA verhandelt werden.
RND/dpa