Trotz Drohung von Trump: Biden punktet als Brückenbauer
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Seit Beginn seiner Amtszeit bemüht sich Joe Biden (hier am Mittwoch beim Besuch einer Lkw-Fabrik in Pennsylvania) um eine überparteiliche Zusammenarbeit. Beim 550-Milliarden-Dollar-Paket für Investitionen in Straßen, Brücken und Schienen scheint ihm nun ein Kompromiss mit den Republikanern geglückt zu sein.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Washington. Die Mahnung klang eindringlich und ernst. „Republikaner, tut das nicht!“, forderte Donald Trump per Pressemitteilung von seinem Sommeranwesen in New Jersey. Ein Kompromiss seiner Partei mit den Demokraten für ein Infrastrukturgesetz, das er selber nie zustande brachte, werde die Republikaner „schwach, doof und dumm aussehen lassen“, zeterte der Ex-Präsident und drohte den Unterstützern offen mit Gegenkandidaten bei den innerparteilichen Vorwahlen: „Patrioten vergessen nicht!“
Doch im 200 Meilen entfernten Washington verhallte der wütende Appell ungehört. Wenige Stunden später beschloss der Senat, die Gesetzgebung für das 550 Milliarden Dollar schwere Paket zu beginnen, das gewaltige Investitionen in Straßen, Brücken, Schienen, Wasserleitungen sowie Strom- und Breitbandnetze vorsieht. 67 von 100 Senatoren stimmten dafür – darunter 17 Republikaner.
Republikaner und Demokraten kommen zusammen
Der Kompromiss beweise, „dass Republikaner und Demokraten zusammenkommen und in gegenseitigem Vertrauen eine Übereinkunft erzielen können, die gut für das Land ist“, verkündete die republikanische Senatorin Lisa Murkowski freudestrahlend vor laufenden Kameras.
Noch ist das Gesetzespaket längst nicht in trockenen Tüchern. Bei der Ausformulierung dürften zahlreiche Zusatzwünsche geäußert werden. Die Gegenfinanzierung wirkt extrem schwammig. Und die linken Demokraten im Repräsentantenhaus knüpfen ihre Zustimmung an Bedingungen. Trotzdem ist allein das Zustandekommen der Übereinkunft ein wichtiger politischer Sieg für Joe Biden, der trotz einer giftigen Polarisierung im Kongress stets auf überparteiliche Kompromisse gesetzt hat. „Der Präsident beweist, dass er Washington wieder arbeitsfähig machen kann“, lobte der demokratische Abgeordnete Sean Patrick Maloney. „Das ist ein großer Sieg für das Weiße Haus.“
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Wie alles begann: Anfang Februar trafen sich Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris im Oval Office mit einer Gruppe von republikanischen Senatoren. Seither wurde hart verhandelt. Nun steht der Kompromiss zum Infrastrukturpaket.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Stolz kündigte Biden „die bedeutendste Langzeitinvestition in unsere Infrastruktur und Wettbewerbsfähigkeit in fast einem Jahrhundert“ an, was leicht übertrieben sein dürfte. „Keine Seite hat alles bekommen, was sie wollte“, räumte der Präsident ein. Doch so funktioniere Demokratie. Dann folgte ein Dämpfer: „Auf dem Weg werden wir noch mehr Meinungsverschiedenheiten lösen und Kompromisse schließen müssen.“
Linke Demokraten setzen auf zweites Gesetzespaket
Ursprünglich hatte Biden ein Megainvestitionspaket im Volumen von rund 4 Billionen Dollar angekündigt. Angesichts des Widerstandes der Republikaner spaltete er das Vorhaben dann auf in einen Teil mit Geldern für traditionelle Infrastrukturvorhaben, der jetzt die erste Hürde nahm, und einen mit 3,5 Billionen Dollar wesentlich größeren zweiten Teil, der Mittel vor allem für Klimaschutz, Kinderbetreuung, Krankenversicherung und Bildung sichern soll. Diese „grünen“ und sozialen Ausgaben werden von den Republikanern entschieden abgelehnt, sind vielen linken Demokraten aber deutlich wichtiger als die „harte“ Infrastruktur.
Während Biden das 550-Milliarden-Dollar-Paket gemeinsam mit den Republikanern beschließen will, hofft er, das Klima- und Sozialpaket im Alleingang durch den Senat boxen zu können. Dazu müssten eine umstrittene Ausnahmeklausel in der Geschäftsordnung bemüht und ein einstimmiges Votum der 50 demokratischen Senatoren herbeigeführt werden.
Weniger Geld für E-Auto-Ladestationen
Das nun verabredete Infrastrukturpaket, das möglichst noch im August vom Senat verabschiedet werden soll und dann die Zustimmung des Repräsentantenhauses braucht, sieht über einen Fünf-Jahres-Zeitraum unter anderem die Investition von 110 Milliarden Dollar in Straßen und Brücken, 66 Milliarden Dollar in den Schienenverkehr und 65 Milliarden Dollar für den Breitbandausbau vor. In den wochenlangen, zähen Verhandlungen mussten die Demokraten eine Senkung der Mittel für den öffentlichen Nahverkehr von 49 auf 39 Milliarden Dollar sowie eine Halbierung der Gelder für das geplante Netz von landesweit 500.000 E-Auto-Ladestationen hinnehmen.
Auch die Gegenfinanzierung durch die Schließung von Steuerschlupflöchern fiel dem Kompromiss zum Opfer. Mit 200 Milliarden Dollar soll nun fast die Hälfte der Ausgaben aus nicht abgerufenen Mitteln des Corona-Hilfspakets bestritten werden. Weitere 100 Milliarden sollten aus nicht ausgezahlten oder wegen unrechtmäßigem Bezug zurückgeforderten Arbeitslosenhilfe-Mitteln aufgebracht werden.