Trotz Corona-Pandemie: 2020 mehr Menschen als je zuvor auf der Flucht

Migranten aus verschiedenen afrikanischen Nationen warten in einem Boot auf Helfer der spanischen NGO Open Arms, die sich ihnen 122 Meilen vor der libyschen Küste im Mittelmeer nähern (Archivfoto).

Migranten aus verschiedenen afrikanischen Nationen warten in einem Boot auf Helfer der spanischen NGO Open Arms, die sich ihnen 122 Meilen vor der libyschen Küste im Mittelmeer nähern (Archivfoto).

Genf. Ungeachtet der Corona-Pandemie sind im vergangenen Jahr weltweit so viele Menschen auf der Flucht gewesen wie nie zuvor. Ende 2020 waren praktisch so viele Menschen wegen Konflikten, Verfolgung und Gewalt aus ihrer Heimat vertrieben, wie Deutschland Einwohner hat: 82,4 Millionen.

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Das berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Freitag in Genf. Im Vergleich zu 2019 ist das ein Anstieg um vier Prozent, im Vergleich zu vor zehn Jahren eine Verdopplung. Auch der Klimawandel treibe immer mehr Menschen in die Flucht, weil sie in ihrer Heimat nicht mehr überleben können, berichtete UNHCR.

„Eine Lösung für ihre Not finden“

„Hinter jeder Zahl steht eine Person, eine Geschichte der Vertreibung, Enteignung und des Leids“, sagte der Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. „Sie verdienen unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung, nicht nur durch humanitäre Hilfe, sondern auch dadurch, dass wir eine Lösung für ihre Not finden.“

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Die Bilder von ihm gingen um die Welt. Mit Plastikflaschen ist er über das Meer in die spanische Exklave Ceuta geschwommen.

Weil viele Länder in der Pandemie ihre Grenzen schlossen, fanden so wenige Flüchtlinge wie seit fast zwei Jahrzehnten keine neue Heimat mehr. Nur 34.400 Menschen konnten in 21 Länder umgesiedelt werden - etwa ein Drittel der Zahl des Vorjahres. Eigentlich bräuchten 1,4 Millionen Menschen solche Plätze, so das UNHCR.

Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen war im eigenen Land vertrieben. Wer ins Ausland flüchtete, blieb vor allem in den Nachbarländern. 86 Prozent wurden von Entwicklungsländern aufgenommen. Minderjährige machen zwar rund 30 Prozent der Weltbevölkerung aus, unter den Geflüchteten sind es aber 42 Prozent.

„Keine der alten Krisen ist gelöst“

Grandi sieht wenig Anzeichen für eine Verbesserung der Lage. Keine der alten Krisen - Syrien, Afghanistan, Venezuela - sei gelöst. Trotz Aufrufen etwa von UN-Generalsekretär António Guterres, angesichts der globalen Gesundheitsbedrohung durch das Coronavirus Konflikte zu beenden und als Menschheit zusammenzurücken, seien neue Krisen ausgebrochen, etwa in der Tigray-Region Äthiopiens oder im Norden Mosambiks. Die desolate Lage in manchen Ländern - darunter Südsudan, Syrien und die Zentralafrikanische Republik - droht nach UNHCR-Angaben sogar zu einer Hungersnot zu werden.

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Die Lösungen für Krisen, die Menschen in die Flucht treiben, müssten natürlich in den Heimatländern der Flüchtenden gefunden werden, sagte Grandi. Aber in der Zwischenzeit sei Solidarität gefragt. In Zeiten von Corona sei das schwer geworden.

Flucht in Zeiten der Corona-Pandemie

„Dass Menschen sich von A nach B bewegen, wird heute als Bedrohung angesehen, als lebensbedrohlich sogar, weil sich das Virus mit den Menschen bewegt. Aber für diejenigen, die vor Konflikt und Verfolgung flüchten, bedeutet das Leben“, sagte er. Die Zahl der Geflüchteten sei hoch, aber die Welt sei in der Lage, ihnen zu helfen. Mauern zu errichten oder Boote auf hoher See zurückzuschicken, löse die Probleme nicht.

Unter den Aufnahmeländern gehört Deutschland zu den großzügigsten: Es bot nach den Zahlen des UNHCR 1,2 Millionen Menschen Schutz. Mehr Menschen nahm nur die Türkei (3,7 Millionen), Kolumbien (1,7 Millionen), Pakistan (1,4 Millionen) und Uganda (1,4 Millionen) auf.

Mehr als Zweidrittel der ins Ausland Geflohenen kamen aus nur fünf Ländern: Syrien (6,7 Millionen), Venezuela (4 Millionen), Afghanistan (2,6 Millionen), Südsudan (2,2 Millionen) und Myanmar (1,1 Millionen).

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RND/dpa

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