Wegen gestiegener Benzinpreise

Wirkung des Tankrabatts verpufft: Wird die Steuersenkung jetzt rückgängig gemacht?

Vor dem Tanken lohnt sich ein Preisvergleich. Manchmal ist der Kraftstoff schon ein paar Straßen weiter günstiger.

Verschiedene Kraftstoffe an einer Tankstelle.

Er sollte einer der zentralen Punkte des seit dem 1. Juni geltenden Entlastungspakets der Bundesregierung sein: der Tankrabatt. Geplant war, dass Autofahrer und ‑fahrerinnen von deutlich günstigeren Preisen beim Tanken profitieren könnten. Doch schon nach wenigen Tagen scheint die Wirkung verpufft, denn nur ein Teil der Spritsteuer­senkung kommt tatsächlich bei den Bürgern und Bürgerinnen an. Am vergangenen Donnerstag, kurz nach Einführung des Rabatts, stiegen die Preise für Super und Diesel sogar schon wieder.

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SPD und Grüne fordern Extra-Steuer für Mineralölkonzerne

Angesichts rasant steigender Energiepreise mehren sich in der Ampelkoalition Stimmen für eine zusätzliche Abgabe für Mineralölkonzerne.

Nun hat Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) ein vorzeitiges Ende der auf drei Monate angelegten Steuersenkung bei den Spritpreisen ins Spiel gebracht – vorausgesetzt, die Mineralöl­konzerne würden die Ermäßigung nicht an die Autofahrer weitergeben. Die Umsetzung des Tankrabatts solle kritisch geprüft werden, sagte der SPD-Politiker am Montag. „Mit jedem Cent, der nicht beim Bürger ankommt, subventionieren wir als Staat Unternehmens­­profite. Ein Ergebnis der Prüfung muss dann auch konsequenterweise die vorzeitige Streichung des Rabatts sein können.“

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Lies zeigte sich außerdem offen für eine „Übergewinnsteuer“ auf extreme Krisengewinner. Das Bundeskartellamt müsse „von der Beobachterrolle in eine aktive Rolle“ wechseln, forderte er. „Wenn das Instrumentarium hier nicht für einen Eingriff reicht, muss eine Besteuerung etwa über die Übergewinnsteuer kommen.“

Ähnlich hatte sich am Wochenende der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil geäußert. Der Sozialdemokrat kündigte an, „Krisen- und Kriegsgewinner“ stärker besteuern zu wollen. Mineralöl­konzerne dürften sich einerseits in der Krise nicht die Taschen noch voller machen, kritisierte Klingbeil und verwies auf die „hart arbeitenden Menschen“ auf der anderen Seite. Diese müssten „mit ihren Familien darüber diskutieren, ob sie den Sommerurlaub streichen oder wie sie die nächste Tankfüllung finanzieren“.

Übergewinnsteuer für Gewinner der Krise?

Der SPD-Chef zeigte sich offen für jene Übergewinnsteuer, um extreme Krisengewinne abzuschöpfen: „Eine Steuer auf Kriegs- und Krisengewinne ist ein Instrument, das auf dem Tisch liegt und das ich sehr überlegenswert finde.“ Eine solche Steuer werde in Großbritannien und Italien bereits eingesetzt, die Europäische Kommission sei ebenfalls dafür, so Klingbeil.

ARCHIV - 06.09.2020, Bayern, München: Eine Frau hält an einer Tankstelle an einer Zapfsäule eine Zapfpistole in der Hand und betankt ein Auto . (zu dpa: «Festivals, Tanken, 9-Euro-Ticket: Das bringt der Juni») Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wer profitiert eigentlich vom Tankrabatt?

Eigentlich wollte die Politik Deutschlands Autofahrer mit dem Tankrabatt entlasten. Doch mit der Einführung hat sie vor allem Preisschwankungen und Frust produziert. Profitieren könnten am Ende die Ölmultis – mal wieder.

Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang zeigte sich offen für diesen Vorschlag. Ihrer Aussage zufolge würden einige wenige profitieren, während sich viele mittelständische Unternehmen wegen der hohen Energiepreise fragen würden, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen. „Die Übergewinn­steuer wäre da ein logischer Schritt“, sagte Lang dem „Tagesspiegel“.

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Der Ostbeauftragte der Linken im Bundestag, Sören Pellmann, kritisierte gegenüber dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND), dass die Konzerne vor der Einführung des Tankrabatts „noch einmal schamlos“ die Spritpreise erhöht hätten. Dies sei ein „bemerkenswertes Schauspiel der Handlungs­unfähigkeit der Ampel“, so Pellmann weiter. „Nirgendwo in Europa sind die Dieselpreise seit Kriegsbeginn so stark gestiegen wie in Deutschland.“ Der Linken-Politiker forderte, die hohen Gewinne der Ölkonzerne abzuschöpfen. Die Politik von Bundes­wirtschafts­minister Habeck sei eine Belastung für Pendler und Autofahrer und eine Freude für die Mineralöl­konzerne.

Was kommt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an?

Vor der Einführung des Tankrabatts war grundsätzlich erwartet worden, dass Benzin um 30 Cent billiger werden würde und Diesel um 14 Cent. Den Effekt auf die Mehrwertsteuer eingerechnet, würde dies rein rechnerisch sogar eine Preissenkung bis zu etwa 35 Cent für Benzin und rund 17 Cent für Diesel bedeuten. Doch die Preise für beide Kraftstoffe sanken nur kurzfristig. Laut dem Verkehrsclub setzten sich Benzin und Diesel schon am Wochenende wieder auf das Niveau, das vor der Einführung der Steuersenkung galt. Beide Kraftstoffe seien zu teuer, „die Entwicklung geht in die komplett falsche Richtung“, erklärte ein ADAC-Sprecher.

Wie die Energieökonomin Claudia Kemfert gegenüber dem WDR erklärte, müsse der Tankrabatt aber auch nicht beim Kunden landen. Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung, dass die gesunkenen Steuern wirklich an die Verbraucher weitergegeben werden“, so die Wirtschafts­wissenschaftlerin.

Die Kritik rund um den Tankrabatt nimmt insgesamt nicht ab. So sprach sich der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, für ein Ende der Steuerentlastung aus. Der Ökonom schrieb auf Twitter, dass viele prognostiziert hätten, dass die Spritpreisbremse kontra­produktiv sei und vor allem in den Taschen der Mineralöl­konzerne landen würde. Die Politik solle überlegen, ihren Fehler einzugestehen und die Spritpreisbremse sofort zu stoppen.

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RND/dpa/sz

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