US-Demokratin auf Asienreise

Fliegt Nancy Pelosi nach Taiwan? Es bleibt weiter offen

Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, gibt Medien im Kapitol in Washington ein Statement. (Archivbild)

Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, gibt Medien im Kapitol in Washington ein Statement. (Archivbild)

Seoul. Am Sonntag hob endlich die Boeing des Modell C-40C aus Honolulu ab. Die Maschine führt neben mehreren Kongressabgeordneten auch die US-Demokratin Nancy Pelosi mit sich, die kurz vor ihrer Abreise noch einen offiziellen Terminplan ihrer Asienreise auf Twitter postete: Von Südkorea war dort zu lesen, Japan, Malaysia und Singapur. Taiwan hingegen hat die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses mit keiner Silbe erwähnt. Macht die 82-Jährige also einen Rückzieher?

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Nicht unbedingt. „Ich erwarte einen informellen Zwischenstopp in Taiwan“, kommentiert beispielsweise Drew Thompson, ehemaliger Regierungsbeamter des US-Verteidigungsministeriums. Doch zumindest, dass Pelosi den demokratisch regierten Inselstaat auf der offiziellen Agenda verschweigt, ist schon mal ein Punktgewinn für die Parteiführung in Peking, die Taiwan als Teil der kommunistischen Volksrepublik betrachtet. Einen „inoffiziellen Besuch in persönlicher Kapazität“ könnte die Regierung wohl zähneknirschend akzeptieren.

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Doch wie ernst sie die Angelegenheit nimmt, wurde bereits am Samstag unmissverständlich deutlich. Chinas Volksbefreiungsarmee sandte am Wochenende eine bedrohliche Warnung aus, die vor allem an Washington gerichtet war: Entlang der Südwestküste hielt sie – nur wenige Kilometer von Taiwan entfernt – mehrere Militärmanöver mit scharfer Munition ab.

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China droht und wettert, doch in Taiwan verfängt das kaum

Unter Chinas Staatsjournalisten wurden zudem in den letzten Tagen bereits mehrfach martialische Drohungen ausgesprochen. Hu Xijin, ehemaliger Chefredakteur der nationalistischen „Global Times“ und hochrangiges Parteimitglied, forderte auf seinem Weibo-Account etwa dazu auf, Pelosis Flugzeug – wenn andere Maßnahmen fehlschlagen – notfalls vom Himmel zu schießen.

In Taiwan selbst verfangen die Drohgebärden kaum, sie werden von den meisten der 23 Millionen Inselbewohner und ‑bewohnerinnen vor allem als politischen Störgeräusche wahrgenommen, die bereits seit Jahrzehnten ihren Alltag begleiten. Wer die Abendnachrichten im Lokalfernsehen verfolgt, bekommt vor allem Berichte über die derzeitige Hitzewelle und die schwankenden Covid-Zahlen zu sehen, ein möglicher Besuch von Nancy Pelosi ist eher Randthema.

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Dennoch hat sich in Washington zunehmend die Auffassung durchgesetzt, dass die US-Demokratin ihre – gut gemeinte – Unterstützungsaktion im Vorfeld wohl zu wenig gründlich durchdacht hat. Denn der tatsächliche Nutzen einer eher symbolischen Reise wäre höchst marginal, die möglichen Risiken hingegen sind vergleichsweise hoch.

Das Weiße Haus steht dank Pelosi vor einem Dilemma

Vor allem aber hat Pelosi Washington nun in ein Dilemma hineinmanövriert, das der US-Regierung nur mehr schlechte Optionen überlässt: Wenn die 82-Jährige ihren Taiwan-Besuch antritt, wird das die militärischen Spannungen in der Region deutlich erhöhen. Doch bekommt sie auf halber Strecke kalte Füße, signalisiert das den Hardlinern in Peking vor allem, dass sich ihre Drohgebärden ausgezahlt haben.

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Wie sehr sich die Machtverhältnisse zwischen den zwei Ländern in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben, zeigt ein Blick ins Archiv: Das letzte Mal, als ein ähnlich hochrangiges Mitglied der US-Regierung Taiwan besucht hat, war mit Newt Gingrich 1997. Damals war seine Delegationsreise – trotz ähnlich lautstarker Rhetorik aus Peking – der „New York Times“ lediglich einen Bericht auf der Seite sechs wert. Ein Vierteljahrhundert dominiert das Thema die US-Medien seit Wochen, und selbst das US-Militär richtete Präsident Joe Biden aus, dass angesichts der möglichen Eskalation ein Besuch Pelosis in Taiwan „derzeit keine gute Idee“ sei.

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