Demonstration „Tag X“

Lage eskaliert erneut: Krawalle in der Nacht in Leipzig – Haftbefehle erlassen

Autonome an einer brennenden Barrikade. Das Oberlandesgericht Dresden hatte die Studentin Lina E. zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Seit langem wird in der linken Szene für den sogenannten «Tag X» mobilisiert.

Autonome an einer brennenden Barrikade. Das Oberlandesgericht Dresden hatte die Studentin Lina E. zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Seit langem wird in der linken Szene für den sogenannten «Tag X» mobilisiert.

Leipzig. Nach dem Urteil gegen Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten ist es in Leipzig in der Nacht zu Sonntag erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, über der Stadt kreisten Hubschrauber, an mehreren Orten im Stadtteil Connewitz brannten Barrikaden. Schon am Samstagnachmittag hatte es Krawalle gegeben. Bis zum späten Abend wurden fünf Haftbefehle erlassen, wie die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) berichtete. Betroffen seien fünf Männer im Alter zwischen 20 und 32 Jahren, die bereits in der Nacht zu Samstag bei Ausschreitungen festgenommen worden seien, sagte eine Sprecherin am Sonntagmorgen. Demnach wird ihnen Landfriedensbruch vorgeworfen.

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Am späten Nachmittag waren bei einer Demonstration im Leipziger Süden Steine, Flaschen und ein Brandsatz auf Polizisten geworfen worden. Bei den Ausschreitungen sind nach Angaben der Polizei etwa 50 Polizisten verletzt worden. Zudem habe es auch Verletzte aufseiten der Demonstranten gegeben, sagte Polizeipräsident René Demmler am Sonntag - die genaue Zahl konnte er aber nicht beziffern.

30 Festnahmen in Leipzig

Ermittlungen laufen bei der Polizei etwa wegen schweren Landfriedensbruchs und wegen Angriffen auf Polizisten. Es habe fast 30 Festnahmen gegeben, bei denen nun Haftantrag geprüft werde, teilte Demmler mit. Zudem seien zwischen 40 und 50 Personen in Gewahrsam genommen und bis Sonntagmittag wieder entlassen worden.

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Die Polizei kesselte einen Teil der Demonstranten ein und sprach von „massiven Ausschreitungen“. Rund 1500 Teilnehmer hatten sich laut Polizei zu der Demonstration versammelt, davon der Einschätzung zufolge ein Drittel gewaltbereite. Angemeldet waren 100 Demonstranten. Mehrere Wasserwerfer wurden aufgefahren, kamen aber nicht zum Einsatz.

Nach Angaben eines Polizeisprechers sollen schätzungsweise 500 Menschen eingekesselt worden sein. Am Abend wurde begonnen, die Personalien der Eingekesselten aufzunehmen. Noch in den frühen Morgenstunden hielt die Polizei die Demonstranten fest.

Die Linke übte Kritik am Vorgehen der Polizei. So warf ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das „faktische Verbot“ eskalieren lassen. Zudem kritisierte er, dass die Eingekesselten teils über Stunden festsaßen. Die Polizei erklärte, alle betroffenen Personen würden versorgt. Es gebe auch die Möglichkeit, ein mobiles WC zu nutzen.

Nach dem Urteil gegen Lina E. gab es eine Solidaritätskundgebung bei der der Gegner aus Sicht der Demonstranten klar war: die Polizei.

Das Ringen mit dem Linksextremismus: Untätiger Staat – notwendige Militanz?

Nach dem Urteil gegen Lina E. müssen sich Sicherheitsbehörden vorwerfen lassen, die Falschen ins Visier zu nehmen. Eine Haltung, die die Entwicklung der vergangenen Jahre negiert.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer verteidigte den Einsatz: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat! Wer Gewalt ausübt, spürt die Konsequenzen“, so der Politiker via Twitter. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der mit Innenminister Armin Schuster (beide CDU) am Nachmittag das Lagezentrum besucht hatte, dankte der Polizei für ihren Einsatz. „Das Ziel ist Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen“, erklärte der CDU-Politiker am Nachmittag via Twitter.

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In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Samstag mobilisiert worden. Anlass war das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Urteil gegen Lina E.: Polizei bereitet sich vielerorts auf Großeinsatz vor

Zahlreiche Demonstranten sind nach dem Urteil in Leipzig auf der Straße – Steine und Flaschen fliegen auf Beamte, Barrikaden werden errichtet.

Bis zum Samstagnachmittag war die Lage zunächst friedlich geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen „Tag X“-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in der Stadt präsent. Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen.

Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen. Am späteren Abend mit Einbruch der Dunkelheit verlagerte sich der Protest nach Connewitz. Dort brannten zahlreiche Barrikaden an verschiedenen Orten, die teils mit Wasserwerfern gelöscht wurden. Mehrere hundert Vermummte lieferten sich in dem Stadtteil mit der Polizei ein Katz-und-Maus-Spiel. Steine flogen auf die örtliche Polizeiwache an der Wiedebachpassage, herausgerissene Pflastersteine lagen herum. Laut Polizei wurden dabei zwei Beamte verletzt, die das Objekt bewachten. Die Polizei zog nach eigenen Angaben in der Gegend um das Connewitzer Kreuz mehrere Hundertschaften zusammen.

In dem Stadtteil im Leipziger Süden sollte am Samstagnachmittag eigentlich die „Tag X“-Demo stattfinden. Die Stadt Leipzig hatte diese jedoch verboten, weil ein unfriedlicher Verlauf zu befürchten sei. Mehrere Gerichte bestätigten die Verbote.

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Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte die Politik auf, Linksextremismus stärker in den Fokus zu nehmen. „So richtig der Kampf gegen Rechtsextremismus ist, darf der Linksextremismus nicht weiter als Nebensache betrachtet werden“, erklärte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt am Sonntag. Aus seiner Sicht war das Einsatzkonzept der Polizei in Leipzig erfolgreich und hat Schlimmeres verhindert. „Der Rechtsstaat hat sich trotz tausendfacher Gewalt durchgesetzt.“

Wendt sprach von einer Deeskalation durch Stärke. Das Verbot der geplanten Solidaritätsdemonstration am Samstag sei auch angemessen gewesen. Die Beschwerden aus linken Kreisen seien zynisch und unglaubwürdig, so Wendt.

RND/dpa

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