Sechs Tote nach Protesten in Südafrika: Regierung schickt Militär
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Demonstranten in der südafrikanischen Metropole Johannesburg laufen weg, nachdem die Polizei Tränengaskanister eingesetzt hat. Die südafrikanische Polizei bestätigte die Festnahme von 62 Personen in den Provinzen KwaZulu-Natal und Gauteng, nachdem die Menschen gegen die Inhaftierung des ehemaligen Präsidenten Zuma protestierten.
© Quelle: Yeshiel/XinHua/dpa
Kapstadt. Als Reaktion auf seit Tagen anhaltende gewaltsame Proteste in Südafrika setzt die Regierung ab sofort Soldaten in den zwei betroffenen Provinzen ein. Zudem soll nach Angaben eines Regierungssprechers ein politischer Krisenstab beraten, wie das blutige Chaos schnellstmöglich in den Griff zu bekommen sei.
In der Provinz Gauteng, zu der auch die Wirtschaftsmetropole Johannesburg gehört, sowie in KwaZulu-Natal werde das Militär die Polizei unterstützen, gab ein Militärsprecher am Montag über Twitter bekannt. Seit Donnerstag kommt es in Südafrika zu gewaltsamen Ausschreitungen von Demonstranten, die gegen die Inhaftierung des früheren Präsidenten Jacob Zuma protestieren.
Südafrika: Ex-Präsident Zuma zu Gefängnisstrafe verurteilt
Der heute 79-Jährige hatte sich mehrfach geweigert, wegen der Korruptionsvorwürfe gegen ihn vor einer Untersuchungskommission auszusagen.
© Quelle: Reuters
Am Montag stand ein großes Einkaufszentrum im Osten des Landes in Flammen, während Demonstranten in Johannesburg Bus- und Bahnverbindungen lahmlegten, wie der Fernsehsender eNCA berichtete. Zehntausende Berufspendler säßen fest, hieß es. Die Demonstrationen hätten sich in „ethnisch motivierte Gewalt“ verwandelt, warnte Präsident Cyril Ramaphosa in einer TV-Ansprache am Sonntagabend.
Die Ausschreitungen hätten wichtige Lieferketten unterbrochen, die Südafrika innerhalb weniger Wochen „einem großen Risiko von Lebensmittel- und Medikamentenunsicherheit aussetzten könnten“, fügte Präsident Ramaphosa hinzu. Besonders während der Corona-Pandemie könne dies lebensbedrohliche Folgen haben. Auch das Impfprogramm, das in Südafrika gerade an Fahrt gewonnen hatte, sei an einigen Orten aufgrund der Ausschreitungen unterbrochen worden, sagte Ramaphosa. „Der Weg der Plünderung und Anarchie führt zu mehr Leid (...), mehr Armut, mehr Arbeitslosigkeit und dem Verlust unschuldiger Leben.“
Schon sechs Tote, darunter ein 11-jähriger Junge, sind Opfer der Gewalt und 219 Menschen festgenommen worden. Geschäfte und andere Betriebe seien geplündert und durch Vandalismus beschädigt worden, teilte die Polizei am Montag mit. Randalierer blockierten große Straßen mit brennenden Reifen und Lastwagen. Autos wurden angegriffen.
Gewalt und Plünderungen in Südafrika
Angesichts anhaltender gewaltsamer Proteste in Südafrika setzt die Regierung Soldaten in den zwei Betroffenen Provinzen Gauteng und Kwazulu-Natal ein.
© Quelle: Reuters
Konflikt zwischen Volksgruppen?
Zuma gehört der Volksgruppe der Zulu an, während Ramaphosa zur Gruppe der Venda gehört und große Teile seiner Unterstützer innerhalb der Regierungspartei zur Gruppe der Xhosa. Tribalismus (Stammessystem) werde in Südafrika nicht geduldet, sagte Ramaphosa; Gewalttäter würden strafrechtlich verfolgt.
Zuma war vergangene Woche wegen Missachtung der Justiz zu einer Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt worden, die er am späten Mittwoch antrat. Seitdem haben Ausschreitungen nach Angaben der Regierung zu geschätzten Schäden von 100 Millionen Rand (sechs Millionen Euro) geführt. Bei Schusswechseln zwischen Demonstranten und Polizei seien zwei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Protestler blockierten wichtige Nationalstraßen, plünderten Geschäfte und Geldautomaten und bewarfen Autos mit Steinen.
Zuma muss sich vor einer Untersuchungskommission wegen diverser Korruptionsvorwürfe während seiner Amtszeit (2009-2018) verantworten, war aber einer Vorladung nicht gefolgt. Am Montag prüft das Verfassungsgericht einen Antrag Zumas auf Annullierung der Haftstrafe - ein Verfahren, das bei einem höchstrichterlichen Beschluss eigentlich gar nicht vorgesehen ist.
Doch auch die Corona-Pandemie, die eine schwerwiegende Wirtschaftskrise in dem Staat am Kap ausgelöst hat, könnte zu den disproportional scheinenden Ausschreitungen beitragen. Das Land ist in Afrika zahlenmäßig mit fast 2,2 Millionen Fällen am schwersten betroffen. Millionen Menschen kämpfen ums Überleben; Armut und Nahrungsmittelunsicherheit haben sich in wenigen Monaten dramatisch verschärft. Bereits vor der Pandemie steckte Afrikas zweitgrößte Volkswirtschaft in einer schwierigen Lage.
RND/AP/dpa