Politikbeben im Sudan: Ministerpräsident Abdalla Hamdok kündigt Rücktritt an
Sudans Ministerpräsident Abdalla Hamdok hat in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt erklärt. Das berichten die Nachrichtenagentur AFP, Reuters und der arabische Nachrichtensender Al Jazeera. „Ich habe beschlossen, meinen Rücktritt bekanntzugeben und Platz für andere zu machen“, sagte Hamdok am späten Sonntagabend live im Staatsfernsehen. Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe in dem Land am Horn von Afrika zu verhindern, nicht einhalten können, sagte er zur Erklärung. Hamdok sprach sich für einen runden Tisch aus, der den Übergang zur Demokratie organisieren soll.
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Am 25. Oktober hatte das Militär die Macht übernommen und den Hamdok unter Hausarrest gestellt. Angesichts der Proteste und des internationalen Drucks setzte die Militärführung den von ihr abgesetzten Ministerpräsidenten im November wieder ein. Er durfte ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden.
Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan steht jedoch als Anführer des Souveränen Rats gemeinsam mit Hamdok an der Spitze der neuen Übergangsregierung. Dem Rat gehören auch Vertreter des Militärs an, denen schwere Menschenrechtsverstöße und Korruption vorgeworfen werden.
Die Demonstranten werfen Regierungschef Hamdok Verrat vor. Dieser hatte den Deal jedoch verteidigt, da er seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir erzielte Fortschritte zur Demokratie bewahre und verhindere, dass der Sudan international isoliert werde. Die Demokratiebewegung lehnt die Vereinbarung hingegen ab und fordert, dass eine zivile Regierung den Übergang zur Demokratie leitet.
Tote bei Protesten gegen Militärregierung im Sudan am Sonntag
Gegen die Militärregierung gab es immer wieder gewalttätige Proteste, zuletzt am Sonntag. In der Hauptstadt Khartum starb nach Angaben des prodemokratischen Ärztekomitees ein Demonstrant nach einem schweren Schlag gegen den Kopf, in der Zwillingsstadt Omdurman wurde ein Kundgebungsteilnehmer tödlich von einem Schuss in die Brust getroffen.
Auch in den Städten Port Sudan und Njala in der Region Darfur demonstrierten Tausende gegen den Putsch vom Oktober.
Mehr als 50 Tote bei Protesten
In der Hauptstadt setzten die Sicherheitskräfte nach Angaben des Aktivisten Nasim Sirag Tränengas und Soundgranaten ein, um Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Demonstrationen fanden trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen statt, bei denen Brücken und Straßen in Khartum und Omdurman gesperrt und Internetverbindungen blockiert wurden, berichtete die Gruppe Net Blocs. Seit dem Putsch sind am 25. Oktober bei Demonstrationen nach Angaben des Ärztekomitees 56 Menschen getötet worden.
Der US-Außenminister Antony Blinken verurteilte das Vorgehen der sudanesischen Sicherheitskräfte aufs Schärfste. Medienberichten zufolge soll es auch Übergriffe auf Journalisten gegeben haben. Der Sondergesandte der Vereinten Nationen im Sudan, Volker Perthes, sagte, er sei zutiefst verstört angesichts der Berichte über Tote und Angriffe auf die Pressefreiheit.
RND/AP/Reuters/dpa/scs