Sturm aufs Kapitol: Kramp-Karrenbauer hält Bannmeile um Bundestag für berechtigt
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Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Bundesvorsitzende und Verteidigungsministerin.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Nach dem gewaltsamen Eindringen von Trump-Anhängern ins Gebäude des US-Kongresses in Washington will Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) Konsequenzen für das deutsche Parlamentsgebäude unter die Lupe nehmen. In Abstimmung mit den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen sowie dem Land Berlin und dem Bundesinnenministerium solle geprüft werden, welche Schlussfolgerungen für den Schutz des Bundestages zu ziehen seien, teilte der Bundestag am Donnerstag mit. Dazu sei bereits bei der deutschen Botschaft in Washington ein Bericht darüber angefordert worden, wie es zu den Gewaltexzessen innerhalb des Kapitols in Washington kommen konnte.
Annegret Kramp-Karrenbauer unterstützt Schutz für Bundestag
Unterstützung für sein Vorgehen erhält Schäuble durch Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Verteidigungsministerin sprach sich ebenfalls für einen Schutz des Bundestages aus. Die Ausschreitungen in Washington seien Folge einer schon länger andauernden geistigen und politischen Brandstiftung, sagte die Verteidigungsministerin am Donnerstag im “Welt”-TV. “Die Unversehrtheit des Bundestages, sie muss gegen alle Angriffe verteidigt werden, auch das lehren uns die Bilder aus Amerika”, sagte sie. Es sei vollkommen berechtigt, wenn es um das Reichstagsgebäude so etwas wie eine Bannmeile gebe.
Überall auf der Welt und auch in Deutschland sei festzustellen, dass es “Tendenzen zu Radikalisierung” gebe, so Kramp-Karrenbauer. “Dass sich der eine oder andere von diesen Bildern möglicherweise ermutigt fühlt, das kann man nicht ausschließen”, sagte sie. So werde genau zu beobachten sein, wie sich die AfD im Bundestag verhalte, wenn in der kommenden Woche die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie debattiert werden. “Ob sie aus den Bildern gelernt hat oder ob sie auch sich weiterhin als Brandstifter betätigt, so wie sie es in der Vergangenheit getan hat”, sagte Kramp-Karrenbauer.
“Exzesse eines gewaltbereiten Mobs”
Schäuble richtete sich zudem am Donnerstag mit einem Schreiben an die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Deutschland nehme großen Anteil an den Entwicklungen in den USA, heißt es darin nach Angaben des Bundestags. Der Bundestagspräsident sprach von „Exzessen eines gewaltbereiten Mobs am und im Kapitol“. Schäuble gab dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump eine Mitschuld. Er habe dazu „aufgeputscht“ und die Grundregel der Demokratie verachtet, „seine offensichtliche Wahlniederlage einzugestehen“. Mit ähnlichen Worten hatten zuvor auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Trumps Rolle bei der Eskalation kritisiert.
Trump-Anhänger hatten am Mittwoch das Kapitol in Washington gestürmt. Vier Menschen starben bei den Unruhen. Der amtierende US-Präsident Donald Trump hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, gegen die formale Bestätigung des Wahlsiegs des Demokraten Joe Biden mobil zu machen.
Merkel: „Bilder aus Washington haben mich traurig und wütend gemacht.“
Die Bundeskanzlerin verurteilte am Donnerstagmorgen die Ausschreitungen in Washington.
© Quelle: Reuters
“USA funktionieren”
Kramp-Karrenbauer berichtete zudem, sie habe die Entwicklungen in den USA in der Nacht live am Bildschirm verfolgt: “Ich war geschockt und fassungslos.” Die Republikanische Partei müsse nun einen klaren Schnitt zu den Trumpisten vollziehen. Die demokratischen Institutionen in den USA hätten in einem “klaren Sieg” aber auch unter Beweis gestellt, dass sie funktionieren und sich nicht von Aufrührern von der Arbeit abhalten ließen. Zudem sei nun klar, dass die Demokraten auch im Senat über eine Mehrheit verfügten.
Der Bundestag war im vergangenen Jahr selbst Ziel wütender Demonstranten geworden. Am Rande der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen stürmten im August Rechtsextremisten und andere Protestierende die Stufen des Reichstagsgebäudes in Berlin. Danach und nachdem von der AfD in den Bundestag eingeladene Besucher Abgeordnete am Rande einer Plenarsitzung bedrängt hatten, wurde bereits über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für den Bundestag diskutiert.
RND/epd/dpa