Vor dem Parteitag in Bonn

Atomstreit in der Ampel: Grünen-Chefin Lang bezeichnet neue Brennstäbe als „rote Linie“

Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gibt eine Pressekonferenz.

Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gibt eine Pressekonferenz.

Bonn. Vor ihrem Parteitag in Bonn haben führende Grüne die Entschlossenheit ihrer Partei zum Atomausstieg bekräftigt. „Neue Brennstäbe sind die rote Linie“, sagte Parteichefin Ricarda Lang dem Magazin „Spiegel“. „Wenn wir jetzt neue Brennstäbe kauften, würde das langfristige Investitionen in die Atomkraft bedeuten. Das ist nicht der Weg in die Zukunft.“

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Ähnlich hatte sich zuvor ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour geäußert. Die Grünen würden es mittragen, wenn im Winter für die Netzstabilität die zwei Atomkraftwerke gebraucht würden, sagte er der „Rheinischen Post“. Zugleich versicherte er: „Wir bleiben Anti-Atom-Partei.“

Thunberg spricht sich für Weiterbetrieb von deutschen Atomkraftwerken aus

Die Energiekrise regt die Überlegungen an, eine vorzeitige Abschaltung der verbleibenden deutschen AKWs zu verschieben.

Die Politische Bundesgeschäftsführerin Emily Büning sagte dem Sender rbb24 Inforadio am Freitag, die Linie sei, dass es keine neuen Brennelemente für die deutschen Atomkraftwerke brauche.

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Habeck geht davon aus, das zwei Atommeiler bis zum Frühjahr gebraucht werden

Der Grünen-Parteitag wollte am späten Freitagabend über das Thema Energiesicherheit beraten. Zur Abstimmung steht ein Antrag des Bundesvorstands vom 9. September, der den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagenen Reservebetrieb für zwei der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke unterstützt. „Für den äußersten Notfall, so unwahrscheinlich er auch sein mag“ wäre demnach ein AKW-Weiterbetrieb denkbar.

Die beiden süddeutschen AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 sollen in Bereitschaft gehen und falls nötig bis zum Frühjahr genutzt werden, „ohne neue Brennelemente“. Inzwischen scheint diese Möglichkeit ziemlich wahrscheinlich: Habeck hatte zuletzt schon erklärt, er gehe davon aus, dass es nötig sein werde, diese zwei Kraftwerke auch bis ins Frühjahr zu nutzen. Ein Änderungsantrag sieht indes auch den kompletten Atomausstieg zum Jahresende vor, wie im Atomgesetz vorgesehen.

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Um den Umgang mit den deutschen Atomkraftwerken ist in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ein heftiger Streit entbrannt. Während die FDP auf einen längeren Weiterbetrieb dringt, lehnen dies insbesondere die Grünen ab. Auf die Frage, ob ein denkbarer Kompromiss wäre, der FDP auch den Weiterbetrieb des dritten Atomkraftwerks in Niedersachsen vorzuschlagen, sagte Büning: „Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.“ FDP-Chef Christian Lindner warf sie vor, sich nicht an getroffene Abmachungen zu halten.

Bundesgeschäftsführerin Büning: „Es ist ja gut, dass wir wegkommen von dieser Hochrisikotechnologie“

Büning betonte, für einen Betrieb der beiden Atommeiler über das Frühjahr hinaus gebe es keinen Grund: „Nächstes Jahr im Sommer stellt sich die Lage wieder ganz anders dar.“ Bis dahin habe man weitere Energiequellen erschlossen und das russische Gas in großen Teilen ersetzen können. „Insofern stellt sich gar nicht die Frage, inwieweit wir jetzt dann über den Sommer hinaus dann noch weiter Atomkraftwerke brauchen. Es ist ja gut, dass wir wegkommen von dieser Hochrisikotechnologie.“

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Mehr als jeder Zweite in Deutschland ist indes nach einer Umfrage in der Energiekrise offen für einen längerfristigen Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke. Insgesamt 56 Prozent der Befragten können sich einen Betrieb über das Jahr 2024 hinaus vorstellen oder sind sogar dafür. Das zeigen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

Von den insgesamt 2027 Befragten erklärten 19 Prozent, die deutschen Atomkraftwerke sollten „unbegrenzt“ weiterlaufen, weitere 37 Prozent gaben an, deutsche AKW sollten auch über 2024 hinaus weiterlaufen, „wenn es die Energiekrise erfordert“.

Nur zehn Prozent der Deutschen wollen Atomausstieg bis Jahresende

Rund jeder Dritte ist für eine klare Befristung der Laufzeiten. So sprachen sich 12 Prozent für einen Betrieb bis höchstens Ende 2024 aus. Dies entspricht im Wesentlichen der Position der FDP, die auf einen Weiterbetrieb aller drei verbliebenen AKW bis ins Jahr 2024 dringt. 14 Prozent plädierten für eine Weiternutzung in diesem Winter bis April 2023. Weitere 10 Prozent der Befragten meinten, deutsche Atomkraftwerke sollten wie im Atomausstieg vorgesehen bis zum Jahresende vom Netz gehen.

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Anti-Atom-Aktivisten haben Proteste am Rande des Parteitags gegen den Kurs der Grünen-Spitze angekündigt. „Wie führende Grünen-Politiker geradezu nach einem längeren Betrieb der AKW rufen, ist aberwitzig und durch keinen Fakt gedeckt“, erklärte Julian Bothe von der Organisation „Ausgestrahlt“. Man hoffe, dass die Delegierten die Debatte wieder „auf einen sachlichen Boden“ holten. „Wir fordern: Atomkraft - keinen Tag länger!“

RND/dpa

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