Streit der Frauen: Parität im Bundestag rückt in weite Ferne

Abwechselnd jeweils eine weibliche Abgeordnete und ein männlicher Abgeordneter in der SPD-Fraktion bei der Feierstunde des Deutschen Bundestages zum 100. Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechtes.

Abwechselnd jeweils eine weibliche Abgeordnete und ein männlicher Abgeordneter in der SPD-Fraktion bei der Feierstunde des Deutschen Bundestages zum 100. Jahrestag der Einführung des Frauenwahlrechtes.

Berlin. Anfang 2019 hat das Land Brandenburg für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Die seinerzeit amtierende rot-rote Koalition beschloss als erstes Bundesland ein Paritätsgesetz. Es sieht vor, dass die Listenplätze aller Parteien zu Landtagswahlen abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt werden müssen. Der Beschluss strahlte auch auf den Bundestag aus, in dem bald darauf Frauen aller Fraktionen außer der AfD Gespräche aufnahmen.

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Nun aber ist ein Paritätsgesetz für ganz Deutschland in weite Ferne gerückt. Dabei streiten sich vor allem diejenigen, die es wollen – nämlich SPD, Grüne und Linke.

Union und FDP wollen nicht

Im Bundestag standen am Donnerstagabend zwei Anträge zum Thema auf der Tagesordnung. Grüne und Linke wollten eine Kommission einsetzen, die Vorschläge für gesetzliche Regelungen sowie weitere Maßnahmen erarbeitet, „die künftig eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern im Deutschen Bundestag anstrebt“. Die FDP plädierte in einem zweiten Antrag ebenfalls für eine Kommission – wenn auch nur „für eine bessere politische Teilhabe und stärkere Repräsentanz von Frauen“ im Parlament, also unterhalb der Schwelle einer Gleichstellung.

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Die Union hielt von beidem nichts und wollte nach SPD-Angaben bloß eine unverbindlichere Enquete-Kommission, in der der Vorsitz dann nach den Regularien auch noch an die AfD gefallen wäre, obwohl diese mit elf Prozent den geringsten Frauenanteil aller Bundestagsfraktionen aufweist und mit einem Paritätsgesetz rein gar nichts am Hut hat. Weil die Union nicht wollte, sprang auch die SPD ab. Die stellvertretenden Fraktionschefinnen Eva Högl und Katja Mast erklärten, da Union und FDP Parität ablehnten, „macht es aus unserer Sicht jetzt keinen Sinn, über Kommissionen zu diskutieren. Das richtige Instrument, um etwas zu erreichen, ist die Wahlrechtsreform.“

“Das Thema Parität ist enorm wichtig. Und es muss im Interesse aller Bundestagsfraktionen sein, dass wir mehr Frauen ins Parlament bekommen.”

Amira Mohamed Ali

Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag

Die Wahlrechtsreform, über die aktuell parteiübergreifend ebenfalls diskutiert wird und die eine weitere Vergrößerung des Bundestages verhindern soll, ist freilich mindestens so umstritten wie ein Paritätsgesetz. Überdies ist eine Wahlrechtsreform sehr komplex.

Die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Frauen- und Queerpolitik, Ulle Schauws, kritisiert die SPD deshalb scharf. „Die Einigung über eine Wahlrechtsreform ist extrem schwierig“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Es sieht nicht danach aus, dass das auch noch mit dem Thema Parität gekoppelt werden könnte.“ Darum benötige man sofort eine Kommission, die konkret an Sachfragen arbeite. Den Eindruck zu erwecken, das Problem ließe sich via Wahlrechtsreform lösen, sei „Schaufenster-Politik à la SPD“, so Schauws. Ihr schweben entweder wie in Brandenburg paritätisch besetzte Landeslisten vor; alternativ könnten Parteien auch in jedem Wahlkreis zwei Direktkandidaten aufstellen, eine Frau und einen Mann. Wählerinnen und Wähler könnten dann jeweils entscheiden.

Grüne und Linke haben mehr Frauen

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Amira Mohamed Ali, zeigte sich ebenfalls enttäuscht über die jüngste Entwicklung. „Ich finde das außerordentlich bedauerlich“, sagte sie dem RND. „Das Thema Parität ist enorm wichtig. Und es muss im Interesse aller Bundestagsfraktionen sein, dass wir mehr Frauen ins Parlament bekommen.“ Die Grünen und die Linken sind derzeit die einzigen Fraktionen mit einem Frauenanteil über 50 Prozent.

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Der Bundestag hat die ganze Sache nun erstmal in die zuständigen Fachausschüsse verwiesen. Man kann unter anderem deshalb ziemlich sicher sein: Auch im nächsten Bundestag wird es zu Parität wie in Brandenburg nicht kommen.

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