Niedersachsen-MP im Interview

Stephan Weil: „Die Unklarheit belastet Menschen und Unternehmen“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Berlin/Hannover. Herr Weil, die jüngste Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bund ist ergebnislos verlaufen, es hat keine Klarheit über die geplanten Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger gegeben. Am Donnerstag und Freitag kommen die Regierungschefs zu ihrer Jahrestagung in Hannover ohne den Kanzler zusammen. Welches Signal werden Sie senden?

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Die Länder werden sich für die anstehenden Entscheidungen aufstellen. Auch wenn ohne den Bundeskanzler noch keine abschließenden Gespräche zu erwarten sind, gibt es viel zu besprechen: Wie werden die Preisdeckel für Gas und Strom ausschauen, vor allem: Wie sieht die Entlastung konkret aus? Wann genau kommt sie? Die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft brauchen schnell Gewissheit und vor allem auch Entscheidungen. Wenn die Bundesregierung so weit ist, dann sind die Länder auch so weit, die noch offenen Fragen zu verhandeln und zu entscheiden. Wir stehen Stand-by. Ich freue mich, dass der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister meine Einladung nach Hannover angenommen haben, aber es bleibt dennoch eine Konferenz der Länder.

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An wem hakt es?

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Der Vorschlag der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission zu Gas und Wärme ist ein unvollendeter. Deshalb hat die Kommission auch von einem Zwischenbericht gesprochen, den die Bundesregierung natürlich genau prüfen und in einen konkreten Plan umsetzen muss. Aber in der Bevölkerung und in der Wirtschaft gibt es ein spürbares Bedürfnis nach Klarheit. Die Unklarheit belastet Menschen und Unternehmen. Es besteht Zeitdruck. Bis zum Jahresende ist es so lange nicht mehr hin.

Welche Klarheit wünschen Sie sich?

Ich kann das vor der Konferenz nur für mich sagen. Mir leuchtet der von der Expertenkommission vorgeschlagene zeitliche Ablauf nicht ein: Im Dezember wird eine Abschlagzahlung der Gaskunden übernommen, im Januar und Februar sollen die hohen Preise gelten und erst ab März dann der Gaspreisdeckel wirken. Von vielen Stadtwerken höre ich, dass sie ohne Weiteres in der Lage wären, das neue System schon zum 1. Januar 2023 einzuführen. Warum sehr viel größere Energieunternehmen dazu nicht in der Lage sein sollen, begreife ich nicht.

Was schlagen Sie vor?

Dann muss man hilfsweise eben weitere Einmalzahlungen leisten, so wie sie für Dezember vorgeschlagen worden sind. Die Energieversorger könnten auch mit reduzierten Abschlägen arbeiten, wenn sie die staatlichen Zuschüsse kennen und sie rückwirkend geltend machen können. Das Entscheidende ist, dass nach einer Entlastung im Dezember keine umso höhere Belastung im Januar und Februar folgen darf. Das versteht dann niemand mehr. Außerdem müssen wir über Öl- und Pelletheizungen reden. Auch das geht aus dem Zwischenbericht noch nicht hervor. Und auch sonst sind noch viele Fragen offen.

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Zum 49-Euro-Ticket: Die Länder wollen die Hälfte zahlen, aber mehr Geld vom Bund bei den Regionalisierungsmitteln. Ist das realistisch?

Es ist keine Raffgier von Ländern, wenn sie nicht nur über das 49-Euro-Ticket reden wollen, sondern auch über die Regionalisierungsmittel für den Ausbau und den Erhalt des Nahverkehrs. In den Flächenländern wohnt ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum. Wegen der steigenden Energiepreise drohen Verkehrsunternehmen damit, ihre Angebote reduzieren zu müssen, wenn die Erstattung durch die Länder nicht erhöht wird. Das wäre ein Treppenwitz: In den Ballungsräumen reduzieren wir die Fahrpreise, und im ländlichen Raum reduzieren wir womöglich das Angebot im ÖPNV. Das kann kein Mensch wollen. Wir werden dazu bei unserem Jahrestreffen eine gemeinsame Haltung der 16 Länder formulieren. Aber auch bei diesem Thema erwarte ich Entscheidungen erst bei der nächsten Konferenz mit dem Bundeskanzler in Berlin.

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Wie bewerten Sie, dass er im Atomstreit der Ampel von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hat?

Das ist erkennbar eine Ausnahme in einer festgefahrenen Situation. Ich habe den Eindruck, dass sich keiner der handelnden Akteure wünscht, das zum Regelfall zu machen, und es ist sicher ein gutes Beispiel dafür, woran man sich künftig nicht orientieren sollte.

Ist das AKW Emsland sicher?

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Die Betriebssicherheit war und ist zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Wenn das AKW Lingen jetzt allerdings über den 31. Dezember hinaus weiterlaufen soll, muss es noch ergänzende Sicherheitsuntersuchungen geben. Dieses AKW geht sowieso zum 1. November in den Streckbetrieb, weil die bisherige Planung, einschließlich der vorhandenen Brennstäbe, darauf ausgelegt war, dass zum 31. Dezember Schluss sein sollte. Nun kann man nur die Leistung noch weiter reduzieren und – wie ich jetzt verstanden habe – durch eine Neusortierung der Brennstäbe zusätzliche Effekte erzielen. Aber auch damit kommt man kaum über zwei Drittel der Produktionsmöglichkeiten hinaus. Es wird also beileibe nicht die Leistung erzielt, die nominell möglich wäre. Für mich ist die Diskussion aber mit der Entscheidung von Olaf Scholz jetzt beendet.

ARCHIV - 13.12.2019, Hamburg: Blick über die Garderobe mit Jacken, Mützen und anderen Kleidungsstücken in einem Kindergarten. Eine schrittweise Öffnung der Kindertagesstätten ist bis Anfang Mai 2020 bundesweit nicht absehbar. Dennoch erarbeiten die Familienminister der Länder bereits jetzt einen Fahrplan dafür. (zu dpa «Familiensenatorin Leonhard: Fahrplan für Kita-Öffnung bis 30. April» vom 25.04.2020) Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Warum sind drei schwimmende Ölkraftwerke vor der niedersächsischen Nordseeküste nötig?

Das ist Teil einer Risikobetrachtung des Bundeswirtschaftsministeriums, die man vielleicht auch nicht unbedingt zum Gegenstand einer breiten Öffentlichkeitsarbeit hätte machen sollen. Ich finde diesen Gedanken eher abwegig.

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