Zweite Amtszeit als Staatsoberhaupt: Wie Steinmeiers Chancen stehen

Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Berlin. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag äußerte sich am Freitag zurückhaltend. „Wir nehmen die Erklärung des Bundespräsidenten zur Kenntnis“, sagte Dietmar Bartsch dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). „Wir werden uns dazu und zu unserem Verhalten in der Bundesversammlung verständigen, wenn deren Zusammensetzung feststeht.“

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Anders reagierte FDP-Partei- und ‑Fraktionschef Christian Lindner. Er sehe die Bereitschaft von Frank-Walter Steinmeier zu einer zweiten Amtszeit „mit Respekt und Sympathie“, schrieb Lindner bei Twitter. Er habe sich „um den Zusammenhalt in unserem Land verdient gemacht“, so der Liberale. „Angesichts der anstehenden politischen Veränderungen wäre Kontinuität an der Staatsspitze ratsam.“

Bundestagswahl entscheidend

Tatsächlich haben beide Statements zum jetzigen Zeitpunkt keine größere Bedeutung. Steinmeier selbst schließlich sagte am Freitag mit Blick auf seine Aussichten, es gebe in der Demokratie „keine Gewissheit“. Die Rahmen­bedingungen jedenfalls haben sich in den letzten vier Jahren grundlegend geändert.

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Der vormalige Kanzleramts­minister, Außenminister und SPD-Fraktions­vorsitzende Steinmeier war am 12. Februar 2017 gewählt worden – und zwar im ersten Wahlgang. Er wurde sowohl von CDU/CSU und SPD als auch von FDP und Grünen unterstützt. Das Ergebnis mit knapp 75 Prozent der Stimmen war deutlich. Genau damit ist bei der nächsten Bundes­versammlung im Frühjahr 2022 nicht zu rechnen.

Zunächst einmal hängt die Zusammen­setzung der zuletzt rund 1200-köpfigen Bundes­versammlung entscheidend vom Ausgang der Bundestagswahl ab und zu geringeren Teilen von den kommenden Landtagswahlen – in Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und eventuell Thüringen. Die Bundestags­abgeordneten machen das Gros der Wahlfrauen und ‑männer aus.

Der Ausgang der Bundestags­wahl im Herbst dürfte wiederum deutlich anders sein als der Ausgang der Bundestags­wahl 2013, der für die Zusammen­setzung der Bundes­versammlung 2017 grundlegend war. FDP und AfD saßen seinerzeit nicht im Bundestag und die Grünen mit lediglich 8,4 Prozent der Stimmen. Die Union hingegen hatte 41,5 Prozent der Stimmen geholt und die SPD 25,7 Prozent. Folgt das Wahlergebnis am 26. September den aktuellen Umfragen, dann lägen die Grünen vermutlich vor der Union, die SPD liefe auf Platz drei oder womöglich gar erst auf Platz vier ein. Das ausgerechnet ein sozial­demokratischer Kandidat ein halbes Jahr später das Rennen macht, ist äußerst unwahrscheinlich.

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Kontinuität oder Veränderung

Eher ist damit zu rechnen, dass die Grünen einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken – beziehungsweise eine Kandidatin. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist dafür im Gespräch, sie wäre die erste Frau in Schloss Bellevue. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird genannt. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass Steinmeier Anfang 2020 Festredner beim 40. Geburtstag der Ökopartei war – ein durchaus bemerkenswerter Vorgang.

Freilich müssten sich die Grünen ebenfalls Verbündete suchen. Denn in den ersten beiden Wahlgängen ist die absolute Mehrheit erforderlich, erst im dritten reicht die einfache. Steinmeiers Kalkül zielt vermutlich darauf ab, nicht mehr als sozial­demokratischer, sondern nach vier Jahren im Abklingbecken der Überparteilichkeit bereits als überparteilicher Kandidat wahrgenommen zu werden. Sein Pfund hieße Kontinuität. Immerhin würde ja zumindest das Kanzleramt neu besetzt. Trüge die nächste Kanzlerin den Namen Annalena Baerbock von den Grünen, könnte die Stimmung durchaus lauten: Das ist genug Veränderung.

Dabei hat Steinmeier neben Lindner und der SPD mindestens einen weiteren Verbündeten: Bodo Ramelow. „Als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen wäre ich sehr dafür, dass der Bundespräsident über Parteigrenzen hinweg für eine zweite Amtszeit vorgeschlagen würde“, sagte der Linken-Politiker am Freitag dem RND. Der 65-Jährige habe „in schwierigen Zeiten eine gute Arbeit gemacht“, fügte er hinzu. „Das sage ich als Ministerpräsident und nicht als Parteipolitiker.“

Dieses Plädoyer sei unter anderem an seine eigene Partei gerichtet, betonte der Regierungschef. Die Linke hatte 2017 den Armutsforscher Christoph Butterwegge nominiert. Er war chancenlos.

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