Roland Jahn vor Ende der Behörde: „Die Stasi-Akten bleiben offen“
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Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen am Freitag bei der Vorstellung seines letzten Berichts.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hat am Freitag seinen letzten Tätigkeitsbericht vorgestellt – und damit den letzten Tätigkeitsbericht der Behörde überhaupt, bevor sie am 17. Juni offiziell mit dem Bundesarchiv unter deren Dach verschmolzen wird. Dabei machte der 67-Jährige klar: „Die Akten bleiben offen.“ Auch künftig könnten Anträge auf Einsicht gestellt werden – dann sogar in ganz Deutschland, nämlich an allen Standorten des Bundesarchivs.
Zugleich unterstrich er, dass die in den Stasi-Unterlagen dokumentierte Geschichte eine große Chance sei, auch kommende Generationen für Demokratie und Menschenrechte zu sensibilisieren. „Freiheit und Menschenrechte, darum gehts heute und in Zukunft“, sagte Jahn. Die Arbeit der rund 1300 Mitarbeiter großen Behörde gehe weiter; der einzige, der bald nicht mehr da sein werde, sei er, der Behördenleiter.
Interesse von Jungen
Die Institution war entstanden, nachdem Bürgerrechtler am 15. Januar 1990 in Berlin die Stasi-Zentrale gestürmt und die Bestände gesichert hatten. Bis 2020 wurden mehr als 3,3 Millionen Anträge von Bürgern auf Akteneinsicht gestellt. Im 30. Jahr der Deutschen Einheit waren es noch rund 37.400. Bei rund 20 Prozent der Anträge geht es mittlerweile gar nicht mehr um das persönliche Schicksal der Antragsteller, sondern um die Geschichte von Eltern und Großeltern.
Nach sehr kontroversen Debatten insbesondere im Kreis ehemaliger Dissidenten beschloss der Bundestag schließlich die Fusion mit dem Bundesarchiv. An die Stelle des Stasi-Unterlagen-Beauftragten soll ein Beauftragter für die Opfer der SED-Diktatur treten. Wer diesen Posten besetzen soll, ist noch nicht entschieden. Auf die Frage, ob er es – wie bisweilen spekuliert wurde – vielleicht selbst sein werde, antwortete Jahn: Nein, er habe „eigentlich eine andere Lebensplanung“. Er sagte aber auch: „Alle, die mich kennen, wissen, dass die Beschäftigung mit dem Thema mein Leben ist.“
Birthler: Türschild egal
Jahns Vorgängerin Marianne Birthler sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ich war nie begeistert von der Idee, die Behörde ins Bundesarchiv zu überführen. Doch entscheidend ist jetzt, was daraus wird. Die Akten müssen zugänglich bleiben. Da darf es keine Einschränkungen geben.“ Auch müssten Forschung und politische Bildung weiter gewährleistet sein; die Außenstellen blieben ebenfalls wichtig. Birthler betonte: „Wenn die wichtigsten Aufgaben künftig weiter wahrgenommen werden, dann ist es mir im Grunde egal, welches Türschild draußen hängt.“
Der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Dieter Dombrowski, sagte dem RND: „Die Arbeit der Stasi-Unterlagen-Behörde ist eine Erfolgsgeschichte, die trotz anfänglicher Skepsis am Ende zu Klarheit und Aufklärung geführt hat.“ Die Behörde bleibe „eine Einmaligkeit auf der Welt, da Geheimdienstarchive von Diktaturen vorher noch nie öffentlich gemacht wurden“. Dombrowski dankte neben Jahn und Birthler auch dem ersten Behördenleiter Joachim Gauck. „Sie haben das alle auf ihre Art gut gemacht“, sagte er.