Erdogan sieht Vertiefung der deutsch-türkischen Freundschaft
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Demonstranten mit türkischen Fahnen stehen vor dem Bereich um die Ditib-Zentralmoschee, die am Sonnabend von Erdogan eingeweiht wurde.
© Quelle: Marcel Kusch/dpa
Köln. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hält seinen ersten Staatsbesuch in Deutschland für gelungen. „Es war ein erfolgreicher Besuch“, sagte Erdogan am Sonnabend in einer Rede zur Eröffnung der großen Ditib-Moschee in Köln. Die Reise habe die deutsch-türkische Freundschaft vertieft. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe er „wichtige Themen ehrlich besprochen“, unter anderem wirtschaftliche Investitionen und wie man „effektiv gegen Rassismus und Islamophobie ankämpfen“ könne.
In seiner 38-minütigen, versöhnlichen Rede erwähnte Erdogan, dessen Staatsbesuch von allerlei Irritationen begleitet war, nicht einmal den Streit mit der Stadt Köln über die kurzfristige Absage einer Veranstaltung vor der Moschee. Dabei hätte Erdogan dort vor sehr viel mehr Menschen sprechen können. Die Stadt Köln hatte die Veranstaltung aber aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt. Erdogan konnte daher nur vor den geladenen Gästen sprechen. Teilnehmer aus der Delegation hatten vor seinem Auftritt gesagt, dass Erdogan nach dem Verbot sogar überlegt habe, den Moscheebesuch abzusagen.
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Hochrangige deutsche Politiker nahmen an der Zeremonie nicht teil, auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte abgesagt. Dazu sagte Erdogan nur: „Es wäre viel schöner und eleganter gewesen, wenn sie dabei gewesen wären.“ Aber vielleicht klappe das ja in der Zukunft.
Der türkische Staatspräsident rief erneut zu einem entschlosseneren Kampf gegen die Gülen-Bewegung auf. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich und hat Deutschland in der Vergangenheit schwer dafür kritisiert, dass Gülen-Anhänger in Deutschand Zuflucht gefunden hätten. Erdogan verzichtete aber darauf, Vorwürfe zu wiederholen, mit denen er am Freitagabend beim Staatsbankett in Berlin für Irritationen gesorgt hatte.
Erdogan stimmt eher versöhnliche Töne an
Bei dem Bankett hatte Erdogan Kritik von Bundespräsident Steinmeier an seiner Menschenrechtspolitik scharf zurückgewiesen und seinerseits angemerkt, dass in Deutschland seien „Hunderte, Tausende“ Terroristen unterwegs. Am Samstag sagte er nur, die Anhänger der Gülen-Bewegung dürften nirgendwo Unterschlupf finden. Steinmeier nannte er „meinen Freund“ und dankte ihm für die „liebenswürdige Einladung“.
Erdogan forderte allerdings auch eine bessere Integration der Türken in Deutschland. Die Türkei habe die Integration unterstützt und werde das auch weiterhin tun. „Wir sehen die Zukunft unserer Brüder hier“, sagte er. Aber gegen Rassismus müsse „gemeinsam Haltung“ angenommen werden. Er kritisierte auch den Umgang Deutschlands mit dem ehemaligen Fußballnationalspieler Mesut Özil und dessen Kollegen Ilkay Gündogan, die nach einem Foto mit Erdogan starker Kritik ausgesetzt waren. Nur deswegen seien sie „aus der Gesellschaft ausgegrenzt worden“, sagte Erdogan. Dafür habe er kein Verständnis.
Laschet mahnt Rechtsstaatlichkeit in der Türkei an
Das Programm des türkischen Präsidenten in Köln war kurz vor Beginn seines Besuchs noch mal umgeworfen worden. Vor der Eröffnung ist ein Gespräch zwischen Erdogan und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) geplant. Für das Treffen, das ursprünglich auf Schloss Wahn stattfinden sollte, musste eilig ein neuer Ort gefunden werden, weil die Schlossbesitzer einen Empfang Erdogans aus politischer Überzeugung abgelehnt hatten. Es fand schließlich auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn statt.
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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei (r.) auf dem militärischen Teil des Flughafens Köln/Bonn.
© Quelle: Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Laschet mahnte im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach eigenen Angaben Rechtsstaatlichkeit in der Türkei an. Die Beziehungen der beiden Länder seien aktuell „überschattet“, sagte Laschet nach einem Treffen mit Erdogan am Kölner Flughafen. Das betreffe vor allem Verhaftungswellen, die Presse- und die Religionsfreiheit. Er habe daher bei Erdogan „deutlich gemacht, dass wenn die Beziehungen sich normalisieren sollen in der Zukunft, wenn die wirtschaftlichen Beziehungen vertieft werden sollen, dass dafür Rechtsstaatlichkeit eine ganz wichtige Voraussetzung ist“. Laschet sprach nach eigenen Angaben auch die Fälle von Deutschen an, die in der Türkei im Gefängnis sitzen. Er habe die Erwartung formuliert, dass die Meinungsfreiheit geachtet werde. Erdogan habe daraufhin erneut die Unabhängigkeit der türkischen Justiz betont.
Eröffnung der Ditib-Moschee hatte sich immer wieder verzögert
Die Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib – sie ist der Religionsbehörde Diyanet in Ankara direkt unterstellt – wird schon seit einiger Zeit genutzt. Die offizielle Eröffnung hatte sich nach Streit der Ditib mit Architekten und einem Bauunternehmen aber immer wieder verzögert. Der größte Dachverband in Deutschland steht unter anderem wegen seiner großen Nähe zu Erdogan, Spitzelaffären einiger Ditib-Imame und zunehmender Abschottung unter Druck.
Die Eröffnung der Kölner Moschee durch Erdogan ist hoch umstritten. Lamya Kaddor vom Liberal-Islamischen Bund sagte im Vorfeld: „Das ist eine fatale Botschaft an die Mehrheitsgesellschaft, aber auch an die Muslime als religiöse Minderheit.“ Diese sei sehr bunt, theologisch und politisch unterschiedlich eingestellt und sehe sich nur zu einem kleineren Teil von Erdogan repräsentiert, erklärte sie.
Erneutes Zusammentreffen von Erdogan und Merkel
Vor dem Abflug nach Köln traf Erdogan am letzten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Zum Auftakt des Besuches hatte es am Freitag kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben.
Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnten die Einhaltung der Pressefreiheit und der Menschenrechte an. Merkel sprach nach einem Treffen mit Erdogan von weiterhin "tiefgreifenden Differenzen". Der türkische Präsident wies deutsche Vorwürfe bei einem Staatsbankett nochmals in aller Deutlichkeit zurück. Zuvor hatte es Kritik an der Pressekonferenz mit Erdogan gegeben. Dabei war auch ein Journalist abgeführt worden.
Von RND/dpa