Verdacht auf Landesverrat beim BND: Was über den Fall bekannt ist – und was nicht
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Zentrale Bundesnachrichtendienst BND an der Chausseestraße Berlin.
© Quelle: imago images/Jürgen Ritter
Berlin. Der Bundesnachrichtendienst wird von einem mutmaßlichen Verratsfall in den eigenen Reihen erschüttert, ein Verdächtiger sitzt in Untersuchungshaft.
Was darüber bekannt ist – und was nicht:
Wie lautet der Vorwurf?
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ist der Beschuldigte des Landesverrats dringend verdächtig. Auf Grundlage von Paragraf 94 Strafgesetzbuch wird ihm vorgeworfen, ein Staatsgeheimnis „einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner“ mitgeteilt zu haben. Sollte ihm ein besonders schwerer Fall von Landesverrat nachgewiesen werden, droht ihm nach dem Gesetz eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren oder auch lebenslange Haft.
Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel unter anderem dann vor, wenn der Täter „durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt“.
Wer ist der Verdächtige?
In der Mitteilung des Generalbundesanwalts in Karlsruhe wird der Verdächtige als Carsten L. bezeichnet. Weiter hieß es dort, der Beschuldigte sei beim Bundesnachrichtendienst beschäftigt, also beim deutschen Auslandsgeheimdienst. Er sei deutscher Staatsbürger. Mehr wurde zur Person bislang nicht mitgeteilt.
Für wen soll Carsten L. spioniert haben?
Für einen russischen Nachrichtendienst. Um welchen der verschiedenen russischen Geheimdienste es sich handelte, ist aber nicht bekannt.
Was soll der Verdächtige an Moskau weitergegeben haben?
Der Generalbundesanwalt wirft Carsten L. vor, in diesem Jahr Informationen übermittelt zu haben, „die er im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit erlangt hatte“.
Um welche Informationen es konkret geht, ist nicht bekannt. In der Mitteilung aus Karlsruhe hieß es dazu nur: „Bei dem Inhalt handelt es sich um ein Staatsgeheimnis im Sinne des Paragrafen 93 Strafgesetzbuch.“
Asservate des Geheimen – Hinter den Kulissen des BND
Der Bundesnachrichtendienst eröffnete sein Besucherzentrum in Berlin, und manche Ausstellungsstücke sind so geheim, dass sie vorher bearbeitet werden mussten.
© Quelle: dpa
Demnach handelt es sich bei Staatsgeheimnissen um „Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden“.
Wie sind die Behörden dem Verdächtigen auf die Schliche gekommen?
Der BND wurde nach eigenen Angaben selbst auf den mutmaßlichen russischen Spion aufmerksam. BND-Präsident Bruno Kahl sagte: „Nachdem der BND im Rahmen seiner nachrichtendienstlichen Arbeit von einem möglichen Verratsfall in den eigenen Reihen Kenntnis erlangt hatte, hat der BND sofort umfangreiche interne Ermittlungen eingeleitet.
Als diese den Verdacht erhärteten, wurde umgehend der Generalbundesanwalt eingeschaltet.“ Man arbeite eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen, um den Fall gründlich aufzuklären.
Was wurde unternommen, als sich der Verdacht erhärtete?
Beamte des Bundeskriminalamts (BKA), die von der Bundesanwaltschaft mit den Ermittlungen betraut waren, nahmen den Verdächtigen am Mittwoch in Berlin fest. Zudem wurden die Wohnung und der Arbeitsplatz des Beschuldigten sowie einer weiteren Person durchsucht, wie der Generalbundesanwalt mitteilte.
Der BND teilte mit, in zwei seiner Liegenschaften sei es zu Durchsuchungen gekommen. Am Donnerstag wurde der Beschuldigte dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Der Richter ordnete Untersuchungshaft an.
Warum sind nicht mehr Details bekannt?
BND-Präsident Kahl bat um Verständnis für die zurückhaltende Informationspolitik während der laufenden Ermittlungen. „Zurückhaltung und Diskretion sind in diesem besonderen Fall sehr wichtig“, sagte der Behördenchef. „Mit Russland haben wir es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben. Jedes Detail dieses Vorgangs, das an die Öffentlichkeit gelangt, bedeutet einen Vorteil dieses Gegners in seiner Absicht, Deutschland zu schaden.“
Kommt es häufig zu solchen Fällen?
Beim BND wurde zuletzt vor mehr als acht Jahren ein sogenannter Maulwurf enttarnt, also ein Geheimdienstmitarbeiter, der auch einen ausländischen Nachrichtendienst mit Informationen beliefert. Der Mann war im Juli 2014 in Untersuchungshaft genommen und später zu acht Jahren Haft verurteilt werden – allerdings nicht wegen Spionage für Russland, sondern für den US-Geheimdienst CIA.
Der Beschuldigte hatte gestanden, zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante BND-Dokumente an die CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert zu haben.