Wird Saskia Esken zu mächtig in der SPD?
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Wie geht es weiter mit SPD-Chefin Saskia Esken?
© Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa
Berlin. Wird Saskia Esken zu mächtig in der SPD? Bleibt sie Parteichefin? Wird sie Ministerin? Darf sie auch beides, wenn sie will?
Diese Fragen diskutiert die SPD seit dem Wochenende, als Fraktionschef Rolf Mützenich Esken per Interview aufgefordert hatte, den Parteivorsitz zur Verfügung zu stellen, falls sie ins Kabinett streben sollte. „Ich glaube, die Konzentration auf jeweils ein Amt ist schon herausfordernd genug“, so hat es Mützenich im Deutschlandfunk gesagt. „So ist Saskia Esken ja auch vor zwei Jahren angetreten, letztlich eben auch auf diese Eigenständigkeit pochend“, fügte er hinzu. Die Partei solle wissen, woran sie sei.
Ein deutliches Zeichen
Mützenichs Ansage an Esken ist ein deutliches Zeichen: Die Zeit, in der aus der SPD nur bloße Harmonie nach außen getragen wurde, ist vorbei. Die Sozialdemokraten haben ein Problem – auch wenn es zunächst einmal ein Luxusproblem ist. Durch den Wahlsieg sind viel mehr Posten verfügbar, als noch irgendein SPD-Abgeordneter Anfang des Sommers gehofft hätte. Doch wo ein Posten ist, gibt es schnell auch gleich mehrere Personen, die meinen, dafür in Frage zu kommen.
Für die 60-jährige Esken kommt die Debatte über ihre Zukunft zur Unzeit. Anders als Co-SPD-Chef Norbert Walter-Borjans, der gerade seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt hat, ließ die Frau aus dem baden-württembergischen Calw bereits vor der Wahl erkennen, dass sie gern als Parteichefin weitermachen wolle. Erkennbar ist aber auch: Sie würde gern Bildungsministerin werden.
Bildungsgipfel mit der Kanzlerin
Esken hat in der Corona-Krise mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam Bildungsgipfel mit Landesministern organisiert. Sie erinnert immer wieder daran, dass sie die Idee zum Digitalpakt Schule gemeinsam mit einem CDU-Kollegen entwickelt habe – lange bevor die vom Bildungsministerium erstmals aufgegriffen wurde. Und zu der derzeit noch geschäftsführenden Bildungsministerin Anja Karliczek hat sie in der Pandemie einmal die Frage „Was macht Frau Karliczek eigentlich beruflich?“ gestellt.
Doch ob Esken beruflich den Ministerjob von Karliczek übernehmen könnte, lässt sich momentan gar nicht final klären. Festgezurrt wird das Personaltableau erst am Ende der Koalitionsverhandlungen. Jetzt schon in der Hoffnung auf ein Ministeramt den Abgang von der Parteispitze zu erklären könnte bedeuten, am Ende ohne Posten dazustehen, wenn die Sache schlecht für sie läuft.
Eine Reizfigur für einen Teil der SPD-Bundestagsfraktion wird Esken wohl immer bleiben. Das gilt nicht nur, weil sie gemeinsam mit Walter-Borjans vor zwei Jahren in der Mitgliederbefragung über den SPD-Vorsitz mit einer Anti-Parteiestablishment-Kampagne gegen Scholz siegte. Walter-Borjans war auch im internen Umgang stets der Jovialere von den beiden. Viele fanden, dass Esken – machtbewusste Novizin auf dem Posten der Parteichefin – nervte. Manch langjähriger Abgeordneter fand es schwer erträglich, dass die vorher bestenfalls in Fachkreisen bekannte Esken auf einmal in die erste Reihe rückte.
Lob auch von früheren Gegnern?
Bisweilen wird Esken aber auch von früheren Gegnern attestiert, sie habe sich stärker weiterentwickelt als Walter-Borjans. Esken habe an der Parteispitze eine steile Lernkurve hingelegt – und sei jetzt auch deshalb diejenige, die für mehrere Ämter gehandelt werde.
Könnte Esken nicht beides machen: Parteivorsitzende bleiben und Ministerin werden? Ihr Problem ist, dass nicht nur innerparteiliche Gegner das nicht möchten. Auch ein Teil der linken Basis, die sie ins Amt gewählt hat, wünscht sich weiterhin eine Trennung von Partei- und Regierungsamt. Und das, obwohl der linke Flügel sich genauso gut die Frage stellen könnte, ob Esken als Parteichefin nicht stärker wäre, wenn sie auch im Kabinett säße.
Die meisten in der SPD gehen davon aus, dass es weiter eine Doppelspitze im Willy-Brandt-Haus geben wird. Als männlicher Part wird dabei immer wieder der derzeitige Generalsekretär Lars Klingbeil genannt, der als Wahlkampfmanager höchst erfolgreich war.
Neben Esken gilt auch Manuela Schwesig als mögliche Parteichefin. Sie hat allerdings ein Regierungsamt, das sie sicher nicht aufgeben wird: das der Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern. Schwesig hat sich zurückhaltend geäußert und gesagt, sie wolle sich nicht an Personalspekulationen beteiligen. Jetzt haben alle Beteiligten noch etwas Zeit nachzudenken. Und miteinander zu reden.