SPD jetzt hinter AfD – Umfragedämpfer für Kühnert

Juso-Chef Kevin Kühnert liebäugelt wohl mit dem SPD-Vorsitz. Allerdings halten das nur 23 Prozent der Wähler für eine gute Idee.

Juso-Chef Kevin Kühnert liebäugelt wohl mit dem SPD-Vorsitz. Allerdings halten das nur 23 Prozent der Wähler für eine gute Idee.

Berlin. Wenn SPD-Politiker bislang über die Sozialisten in Frankreich geredet haben, taten sie das wie Familienmitglieder, die über den früher mal wohlhabenden, aber inzwischen mittellosen und alkoholkranken Großonkel sprechen. „Schlimm, was aus ihm geworden ist – aber mit uns hat das alles ja zum Glück nichts zu tun.“

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Bestenfalls als mahnendes Beispiel galt der Absturz der französischen Genossen, die bei der letzten Parlamentswahl auf 7 Prozent gefallen sind, ihre Parteizentrale verkaufen mussten und einen wichtigen Teil ihres Nachwuchsverbandes verloren haben. Im Grunde aber war man sich in der SPD ziemlich sicher, dass es so weit nicht kommen würde. Immerhin ist die deutsche Partei mehr als 100 Jahre älter als ihre französische Schwester.

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Nun stellen die Sozialdemokraten gerade fest, dass Paris womöglich näher ist als gedacht. Es sind zwei Meinungsumfragen, die in der SPD für Entsetzen sorgen. Elf Prozent in der Sonntagsfrage bei Forsa, zwölf bei Insa und bei beiden Instituten hinter der AfD. Die SPD als vierte Kraft in Deutschland? Das gab es nach dem Krieg noch nie.

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Sachsens Wahlkämpfer Dulig rechnet mit der Bundespartei ab

Öffentlich äußern will sich zu dem Umfrage-Desaster kaum einer. Nur Martin Dulig, SPD-Landeschef, und Wahlkämpfer aus Sachsen, der in den Umfragen ebenfalls kräftig Federn gelassen hatte, macht seinem Ärger Luft. "Noch bis Anfang Mai haben wir uns erfolgreich gegen den Bundestrend gestemmt und lagen in allen Umfragen stabil zwischen 10 und 12 Prozent. Nun hat auch uns der Abwärtssog der Bundes-SPD voll erfasst und wir kämpfen mit dem Rücken an der Wand", klagt Dulig im Gespräch mit dem RND.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Willy-Brandt-Haus, der Umfrageniedergang komme nicht überraschend. Die Demoskopen lebten von den zugespitzten Zahlen, und die Medien hätten gerade Freude an Untergangsfantasien. Der Weg aus der Krise sei möglich. Dass er hart wird, darüber allerdings macht sich auch keiner der Genossen Illusionen.

Zumal noch immer unklar ist, wer die SPD aus dem Tal der Tränen führen soll. Mit Arbeitsminister Hubertus Heil hat am Wochenende der nächste potenzielle Parteichef abgesagt. „Ich habe nicht vor, zu kandidieren – ich weiß aber, wen ich will“, hatte der Niedersachse dem Redaktionsnetzwerk Deutschland im Interview gesagt, seinen Favoriten allerdings für sich behalten.

Dementi oder nicht – das ist die Frage

Die Zahl der Genossen, die noch nicht abgewunken haben, ist so klein geworden, dass man die Absagen inzwischen im Wortlaut studiert. Er haben „keine Ambitionen“ hatte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gesagt. Viele lesen daraus, wenn die Partei nur laut genug rufe, stehe er doch bereit. Auch Generalsekretär Lars Klingbeil hat nicht endgültig dementiert. Er habe in seiner aktuellen Rolle „gerade genug zu tun“, hatte der Mann aus dem Heidekreis erklärt – und sich damit ein Hintertürchen offengehalten.

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Bundesaußenminister Heiko Maas und Juso-Chef Kevin Kühnert sollen ebenfalls mit einer Kandidatur liebäugeln, Kühnert allerdings musste gerade einen Dämpfer hinnehmen. Nur 23 Prozent der Deutschen können sich den Juso-Chef als SPD-Vorsitzenden vorstellen.

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Während die SPD eine neue Führung sucht, diskutieren die Grünen die Kanzlerfrage. Der bayerische Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann fordert für den Fall weiterer guter Umfragewerte die Abkehr von einer Doppelspitze und die Ernennung eines Kanzlerkandidaten. In einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ sagten 51 Prozent, wenn sie den Kanzler direkt wählen und zwischen Grünen-Chef Robert Habeck und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer entscheiden könnten, würden sie für Habeck votieren.

Ein möglicher SPD-Kanzlerkandidat wurde nicht mal mehr abgefragt. Nur eine gute Nachricht gibt es noch für die SPD. 59 Prozent der Bundesbürger würden es „persönlich bedauern“ wenn die Partei verschwände.

Mitleid bekommen die Genossen noch. Mehr nicht.

Von Andreas Niesmann/RND

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