SPD-Chefin Saskia Esken: „Ich werbe dafür, Impfmobile an die Schulen zu schicken“

SPD-Chefin Saskia Esken dringt darauf, mit dem Impfstoff überall dort hinzugehen, wo viele Menschen sind.

SPD-Chefin Saskia Esken dringt darauf, mit dem Impfstoff überall dort hinzugehen, wo viele Menschen sind.

Frau Esken, ist die vierte Welle in der Corona-Pandemie unvermeidbar?

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Die Infektionszahlen steigen wieder. Die Rückkehr von Urlaubern ist mit der Gefahr verbunden, dass sich neue Ansteckungsfälle und auch Virusvarianten bei uns verbreiten. Deshalb brauchen wir die Testpflicht für alle Reiserückkehrer aus dem Ausland, die nicht geimpft oder genesen sind. Das sind wir den Kindern und Jugendlichen schuldig, denen wir versprochen haben: Die oberste Priorität ist, dass alle nach den Ferien in die Schule und die Kita gehen können.

Für einen guten Schutz vor Corona im Herbst und im Winter müssen wir die Impfquote deutlich steigern. Schaffen wir das?

Ja, wir können das schaffen. Wir müssen jetzt alles tun, um die Impfquote schnell und deutlich zu steigern. Wir müssen Impfmobile in die unterversorgten Stadtteile schicken und wo immer möglich auch im Einkaufszentrum, bei Festivals und Theatern oder auch vor dem Fußballstadion impfen. Da, wo die Menschen sind, müssen wir mit dem Impfstoff hin.

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Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hat gesagt, bei hohen Infektionszahlen im Herbst könne es Einschränkungen für Ungeimpfte geben, etwa beim Besuch von Restaurants oder Kinos, von denen diese sich dann womöglich auch nicht mehr freitesten könnten. Fänden Sie das richtig?

Erst seit Kurzem ist der Impfstoff viel leichter verfügbar, und das haben längst noch nicht alle mitbekommen. Auch haben nicht alle einen Hausarzt. Viele haben im Alltag auch andere Probleme zu bewältigen, als sich beständig mit der Corona-Debatte zu beschäftigen. Es geht jetzt darum, Menschen zu informieren und zu motivieren, sich möglichst bald impfen zu lassen – und nicht darum, mit hektischen Vorschlägen aus dem Kanzleramt Druck auf Menschen auszuüben.

In einigen Bundesländern geht die Schule schon wieder los. Sollte die Ständige Impfkommission die Impfung für die Zwölf- bis 17-Jährigen generell empfehlen?

Die Ständige Impfkommission entscheidet danach, wie sie die vorhandene Lage wissenschaftlich beurteilt – und das ist auch richtig so. Dennoch hoffe ich, dass die Stiko bald zu der Einschätzung gelangt, eine generelle Impfempfehlung für die Zwölf- bis 17-Jährigen aussprechen zu können. Auch jetzt schon können diese Jugendlichen sich mit der Zustimmung ihrer Eltern impfen lassen. So können sie sich auch für die Zeit schützen, wenn die Schule wieder beginnt.

Würden Sie Eltern dazu raten?

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Ich habe drei Kinder, aber die sind schon erwachsen und geimpft. Wenn sie noch im Schulalter wären, hätte ich mich als Mutter sicher für die Impfung entschieden. Wir dürfen eines nicht ausblenden: Die Infektion selbst mag bei den meisten Kindern und Jugendlichen harmlos verlaufen. Doch auch bei ihnen gibt es die Gefahr von Long Covid. Das spricht aus meiner Sicht, bei einer Abwägung aller Risiken, für die Impfung. Ich werbe dafür, Impfmobile an die Schulen zu schicken, um – in Absprache mit den Eltern – den Jugendlichen die Impfung so einfach wie möglich zugänglich zu machen.

Die Kultusminister setzen voll auf Präsenz­unterricht für alle nach den Ferien. Ist es angesichts der Infektionszahlen realistisch, das über das Schuljahr durchzuhalten – oder müssen wir uns auf erneute Phasen des Wechselunterrichts einstellen?

Ich finde es sehr wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen nach den Ferien in die Schule und in die Kita gehen können. Es geht nicht nur darum, Lernrückstände aufzuholen. Vor allem müssen wir Kindern und Jugendlichen ihr normales Leben zurückgeben – und die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein. Um einen regulären Schulbetrieb zu sichern, werden Masken erst mal Teil des Schulalltags bleiben. Auch regelmäßige Corona-Tests in den Schulen werden uns noch eine Zeit lang begleiten.

Sind die Schulen gut genug vorbereitet, falls es doch wieder Wechsel- oder Distanz­unterricht gibt?

Es stimmt schon, eine Garantie für Präsenz­unterricht im ganzen Schuljahr kann niemand geben. Wenn die Infektionszahlen rapide in die Höhe schnellen, müssen wir reagieren können. Als es zum ersten Mal Wechsel- und Distanz­unterricht in der Pandemie gab, waren die Schulen darauf natürlich nicht vorbereitet. Mittlerweile ist einiges an Bundesgeld für eine bessere Ausstattung geflossen. Die Lehrkräfte, aber auch die Schülerinnen und Schüler sind jetzt in diesen Unterrichts­formen geübt. Das ist ein Vorteil.

Einige vor allem große Unternehmen haben ihre Ausbildungs­bemühungen in der wirtschaftlichen Krise durch die Pandemie stark heruntergefahren. Das finde ich verantwortungslos.

Saskia Esken,

SPD-Chefin

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Das Ausbildungsjahr beginnt – mitten in der Corona-Krise. Müssen wir uns hier Sorgen machen?

Ja. Einige vor allem große Unternehmen haben ihre Ausbildungs­bemühungen in der wirtschaftlichen Krise durch die Pandemie stark heruntergefahren. Das finde ich verantwortungslos. Die junge Generation jetzt hat es schwer genug. Ich appelliere gerade an die großen Unternehmen, den jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Davon profitieren alle. Wenn wir keine Fachkräfte ausbilden, dürfen wir uns später nicht über den Mangel beklagen.

Welches konkrete Signal erwarten Sie von der Ministerpräsidenten­konferenz am 10. August in Sachen Wiederaufbau nach der Unwetterkatastrophe?

Der großen Solidarität in der Gesellschaft nach der Unwetter­katastrophe muss ein langfristiges staatliches Engagement folgen. Neben dem unermesslichen Leid, das den Menschen in den betroffenen Regionen widerfahren ist, wird der Wiederaufbau hohe Milliarden­summen kosten. Ich gehe davon aus, dass von der Ministerpräsidenten­konferenz das Signal ausgeht, dass der Bund und alle Länder über die Soforthilfe hinaus bereit sind, sich gemeinsam finanziell zu engagieren. Man muss aber auch erkennen: Solche Ereignisse werden sich häufen, wenn wir nicht endlich konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen.

Unions­kanzler­kandidat Armin Laschet hat gesagt, Steuersenkungen gebe es nur, wenn sie finanzierbar seien – und kleine und mittlere Einkommen hätten Priorität. So gesehen kämen Sie steuerpolitisch noch mal gut mit der Union zusammen, oder?

Armin Laschet sagt das eine und Markus Söder widerspricht kurz darauf. Gibt es die Union aus CDU und CSU noch? Und wer spricht für sie? Laschet schafft es ja sogar, sich innerhalb kürzester Zeit selbst zu widersprechen. Halten wir uns an das Wahlprogramm der Union, so verspricht sie dort Steuersenkungen für Unternehmen und die Abschaffung des Solidaritäts­zuschlags für Reiche. Das finde ich angesichts der finanziellen Herausforderungen, die vor dem Staat liegen, fahrlässig. Nun behauptet Armin Laschet, die Union wolle kleinere und mittlere Einkommen entlasten, falls es Spielraum gebe. Diese Doppelbödigkeit der Union in der Steuerpolitik ist grob unseriös.

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Um überhaupt eine Chance zu haben, mit Olaf Scholz den Kanzler zu stellen, muss die SPD an den Grünen vorbeiziehen. Ist die wochenlange Kritik an der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, härter ausgefallen, weil sie eine Frau ist?

Frauen werden in Spitzen­positionen härter bewertet als Männer. Das habe ich auch selbst schon erlebt. Ich habe Frau Baerbock auch schon die eine oder andere Solidaritätsadresse per SMS geschickt. Klar ist aber auch: Wer Kanzlerin werden möchte, muss sich Fragen zur Kompetenz und insbesondere zu den Führungs­qualitäten gefallen lassen.

Auch Unions­kanzlerkandidat Armin Laschet hat gerade einen Fehler in seinem Buch zugegeben. Sollten Politiker das Bücherschreiben besser sein lassen – es sei denn, Sie haben wirklich Zeit dafür?

Ich habe jedenfalls bisher noch kein Buch geschrieben, und im Moment habe ich auch keine Pläne dafür.

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