Nach kontroverser Debatte

100 Milliarden für die Bundeswehr: Bundestag stimmt für Sondervermögen

Christine Lambrecht (SPD), Verteidigungsministerin, spricht im Plenarsaal im Bundestag. Mit einer Änderung des Grundgesetzes wurde vom Parlament ein Bundeswehr-Sondervermögen beschlossen .

Christine Lambrecht (SPD), Verteidigungsministerin, spricht im Plenarsaal im Bundestag. Mit einer Änderung des Grundgesetzes wurde vom Parlament ein Bundeswehr-Sondervermögen beschlossen .

Berlin. Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit dafür gestimmt, der Bundeswehr 100 Milliarden Euro zusätzlich zukommen zu lassen. Es gab 567 Ja-Stimmen – 491 wären bereits ausreichend gewesen. Das so genannte Sondervermögen wird im Grundgesetz verankert und soll ausschließlich den Streitkräften zugutekommen. Zudem sollen über das Sondervermögen hinaus dauerhaft im Durchschnitt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben werden – jeweils entsprechend den Anforderungen der Nato. Der Entscheidung am Freitag ging eine kontroverse Debatte voraus.

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Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, jetzt sei „Schluss mit der Mangelverwaltung“; das Geld werde schnell bei der Truppe ankommen – und zwar nicht zulasten anderer. „Das viele Geld wird richtig eingesetzt, effizient und effektiv“, betonte die SPD-Politikerin.

Kontroverse Debatte im Vorfeld

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) würdigte das Sondervermögen ebenfalls. „Die Defizite bei der Bundeswehr sind nicht eine Sekunde länger tragbar“, sagte sie, fügte aber hinzu: „Ich hätte den ursprünglichen Gesetzentwurf besser gefunden.“ Der ursprüngliche Entwurf von SPD, Grünen und FDP hätte es ermöglicht, einen Teil der 100 Milliarden Euro auch für Cybersicherheit und Zivilschutz abzuzweigen. Das haben CDU und CSU verhindert. Da für eine Grundgesetzänderung in Bundestag und Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, musste die Ampelkoalition beide Parteien einbinden. Die Union hatte darauf bestanden, die volle Summe allein der Bundeswehr zu geben.

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Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, nannte das Sondervermögen einen „historischen Fehler“. Er begründete dies unter anderem damit, dass schon der reguläre Verteidigungshaushalt im Jahr 2022 rund 50,4 Milliarden Euro umfasse und die Verteidigungsausgaben in den Jahren zuvor kontinuierlich gestiegen seien. Dass die Bundeswehr kaputtgespart worden sei, sei „ein Mythos“, sagte Bartsch. Ohnehin sei das Sondervermögen gar kein Sondervermögen, sondern „Schulden und nichts anderes“.

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Johann Wadephul attackierte unterdessen SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Dieser hatte zuletzt moniert, dass die Verteidigungsausgaben dauerhaft bei zwei Prozent der Wirtschaftsleistung fixiert werden sollen und angesichts dessen von einer „absurden Zahl“ gesprochen. Vertreter der Ampelkoalition kritisierten ihrerseits CDU und CSU, weil sie bis 2021 rund 16 Jahre lang die Verteidigungsminister stellten und deshalb die Hauptverantwortung für den Zustand der Bundeswehr trügen.

Nach dem Bundestag muss nun auch der Bundesrat der Grundgesetzänderung zustimmen; das soll am Freitag kommender Woche geschehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Sondervermögen am 27. Februar im Bundestag angekündigt – drei Tag nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Er sprach damals von einer „Zeitenwende“. Experten sind sich einig, dass die Bundeswehr seit Jahren unter gravierenden Ausrüstungsdefiziten leidet. Dies hat auch damit zu tun, dass sie in den vergangenen 20 Jahren mehr und mehr an Auslandseinsätzen ausgerichtet wurde und nicht mehr an der Landes- und Bündnisverteidigung.

Munich: Protest in Solidarity with Ukraine and against Putin s invasion On May 28, 2022 people protest in Munich, Germany in solidarity with Ukraine and against the Russian invasion of Ukraine. Munich Bavaria Germany Copyright: xleo.fgex

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Das Verteidigungsministerium hat bereits erste Entscheidungen über die Verwendung der 100 Milliarden Euro getroffen. So sollen Tarnkappenjets vom Typ F-35 angeschafft werden, die auch Atombomben tragen können. Die veralteten Transporthubschrauber CH-53 sollen durch CH-47F ersetzt werden. Beide Systeme sind prinzipiell verfügbar.

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