Die drei verbleibenden Trümpfe des Donald Trump

Joe Biden mag zwar in Front sein, wenn Prognosen für die US-Präsidentschaftswahl aufgestellt werden, doch auch Donald Trump hat noch mindestens drei Trümpfe in der Hand.

Joe Biden mag zwar in Front sein, wenn Prognosen für die US-Präsidentschaftswahl aufgestellt werden, doch auch Donald Trump hat noch mindestens drei Trümpfe in der Hand.

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82 Tage sind es noch bis zum historischen Wahltag in den USA, und jetzt kommt Zug in den Kamin.

Mit Kamala Harris hat Joe Biden eine sympathische und charismatische Vizepräsidentschaftskandidatin gefunden. Die Nachricht, die in der Nacht zum Mittwoch um die Welt ging, lässt Donald Trump und dessen Vize Mike Pence alt aussehen. Die Demokraten haben begriffen, dass 45 Männer auf dem Posten des Präsidenten und 45 Männer auf dem Posten des Vizes im Laufe der Geschichte der USA genug sind.

Etwas sehr Wichtiges kommt beim Ticket Biden/Harris noch hinzu. Im Fall eines Wahlsiegs der Demokraten wäre Harris vom ersten Tag an eine Vizepräsidentin plus X - mit mehr Potenzial als die meisten männlichen Amtsvorgänger auf diesem Posten. Das verdankt Harris der gegenwärtigen Gesamtkonstellation. Biden ist 77 Jahre alt. Dass er selbst noch einmal antreten würde nach den vier Jahren, hat er nie angekündigt. Die Vizepräsidentschaftskandidatin des Jahres 2020 hat also sehr gute Aussichten, die Präsidentschaftskandidatin des Jahres 2024 zu werden.

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Biden fordert Trump mit Kamala Harris als Vize heraus

Sollte das Duo die Wahl am 3. November gewinnen, würde die 55-Jährige die erste Frau, die als Vizepräsidentin ins Weiße Haus einzieht.

Ausgerechnet Biden, den Trump (74) immer wieder als “Sleepy Joe” verspottet hat, sorgt jetzt für Bewegung.

Trump kommt mit seiner Strategie, Biden als senil und klapprig darzustellen, ohnehin nicht voran. Am Wochenende wirkte eine nur acht Sekunden lange Kameraeinstellung, die bei Fox News über den Sender ging, diesem Image eindrucksvoll entgegen. Da fährt Biden, ohne Helm, aber mit Maske, auf einem Fahrrad zügig um die Kurve – und scherzt im Vorbeifahren auch noch mit dem Fox-Reporter Peter Doocy.

Sofort begann auf Twitter eine Debatte: Würde Trump dies alles wohl auch hinbekommen: Rad fahren, reden, eine Pointe machen, und das alles mit einem gewissen Tempo? “Dazu braucht man Balance”, höhnte ein Nutzer. Das Hashtag #TrumpCantRideABike (Trump kann nicht Rad fahren) wurde zum Tagessieger unter den Twitter-Trends in den USA.

Von einem “Geschenk von Fox an die Biden-Kampagne” sprechen Medienexperten. Im Sender CNN erklärte der Kolumnist und Humorist Dean Obeidallah, mit der kurzen Fahrradszene habe Biden soeben eine Strategie der Trump-Kampagne komplett durchkreuzt.

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Das “Lincoln Project”, eine Gruppe konservativer Trump-Gegner innerhalb der Republikanischen Partei, ging noch einen Schritt weiter – in Richtung Hässlichkeit. Ein Tweet verbindet zwei Videos: das mit Biden als Radler und eines mit Trump, wie er Mühe hat, eine Rampe an der Militärakademie West Point hinunterzugehen.

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Fazit: Für Biden sind die acht Sekunden tatsächlich Gold wert. Dabei musste er sich nicht mal verrenken. Präsidentschaftskandidat John Kerry, der im Jahr 2004 gegen George W. Bush antrat, trat aufs Surfbrett, mit kühnem Blick über die Wellen. Michael Dukakis, der 1988 gegen George Bush senior kandidierte, spielte Kommandant in einem Panzer. Beide verloren.

Biden dagegen unternahm nur etwas ganz Alltägliches, Unangreifbares, er fuhr in Delaware ein bisschen auf dem Rad – das war’s.

 

Schnell schwingende Swing States

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Mehrere für Trump belastende Tendenzen haben sich weiter verfestigt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie er noch einmal jene Swing States erobern will, die ihm 2016 den Sieg gebracht haben, also jene Staaten, deren Parteifarbe öfter mal wechselt.

Einen guten Überblick über die demoskopische Lage gibt die überparteiliche Website 270 to Win. Hier laufen sehr viele Umfragedaten aus allen Bundesstaaten zusammen. Der Nutzer kann sogar selbst bestimmen, welchen führenden Instituten er trauen und folgen will oder ob er zusammengerechnete sogenannte Konsenszahlen darstellen lässt. Als Foto abgebildet ist hier das sogenannte Konsensmodell, Stand 11. August 2020, 12 Uhr.

  • Wisconsin, Michigan und Pennsylvania sind drei besonders schnell schwingende Swing States. Und oft schwingen sie gemeinsam: Im Jahr 2016 lag in allen drei Staaten Donald Trump vorn, im Jahr 2012 in allen drei Staaten Barack Obama. Derzeit sehen alle führenden Demoskopen in allen drei Staaten Biden vorn – “mit Vorsprüngen jenseits der Ungenauigkeitsmargen”, wie überall betont wird. Schon dieser Dreh von Rot zu Blau könnte zur Entmachtung Trumps ausreichen.
  • Was steckt inhaltlich dahinter? In Wisconsin und Pennsylvania deutet eine gerade erst am gestrigen Montag veröffentlichte Umfrage des Senders CBS darauf hin, dass der Umgang mit dem Coronavirus Trump offenbar stärker und dauerhafter geschadet hat, als dessen Lager es wahrhaben wollte. Dass Biden besser mit der Krise umgehen würde, meinen 47 Prozent der Befragten in beiden Staaten, von Trump meinen dies in Pennsylvania 37 Prozent und in Wisconsin nur 32 Prozent.
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In Florida, wo 2016 Trump gewann, ergeben aktuelle Umfragen ebenfalls einen Vorsprung für die Demokraten. Jedoch ist dieser zu klein für eine klare Vorhersage. Der Staat wird deshalb als “unentschieden” eingestuft. Damit allerdings wird er umso mehr zum umkämpften Battleground der kommenden Wochen. Unvergessen ist die Auszählung im Jahr 2000. Damals hing die gesamte Präsidentenwahl an Florida, und dort wiederum wurde wegen extremer Knappheit des Ergebnisses einen ganzen Monat lang alles nachgezählt, unter gerichtlicher Aufsicht. Mit 537 Stimmen Vorsprung in Florida wurde dann George W. Bush Präsident der USA – und nicht Al Gore.

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Texas, seit vier Jahrzehnten republikanisch dominiert, ist eigentlich alles andere als ein Swing State. Diesmal aber sehen die Demokraten eine Chance, den nach Kalifornien gemessen an Bevölkerung und Wahlmännern zweitwichtigsten Staat der USA von Rot auf Blau zu drehen. Umfragen sehen Biden und Trump hier seit einigen Wochen Kopf an Kopf. Deshalb planen die Demokraten jetzt eine 280 Millionen Dollar teure Werbekampagne, die speziell auf Texas zugeschnitten sein wird.

 

Drei Trumpfkarten in Trumps Hand

Bis zur Wahl kann naturgemäß noch viel passieren – und wer als Präsident am Drücker ist, hat oft bessere Möglichkeiten zur Selbstdarstellung. Deshalb warnen auch innerhalb der US-Demokraten führende Köpfe davor, die gegenwärtig günstigen Umfragen so zu deuten, als sei der Machtwechsel in Washington nur noch eine Frage der Zeit.

Trump behält auf dem Weg zum 3. November drei wichtige Trumpfkarten in der Hand:

1. China: Trump könnte angesichts der zunehmenden Unterdrückung von Freiheitsrechten in Hongkong den Kurs gegenüber Peking verschärfen. Dann wird es für liberale Kritiker des US-Präsidenten kompliziert: Sie selbst würden es nicht anders machen. Spät, aber eben doch noch vor der Wahl, könnte Trump sich gar zum Anführer der freien Welt aufschwingen – und in diesem Punkt sogar auf Unterstützung aus der EU, aus Großbritannien, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland rechnen.

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2. Innere Sicherheit: Wenn linksautonome Krawallmacher in Portland glauben, jetzt sei die Zeit gekommen für neue Zündeleien und Gewalt, könnten sie damit Trump den größten Gefallen seines Lebens tun. Ähnliches gilt für den Fall, dass die für Ende August geplanten Black-Lives-Matter-Aktionen hier oder da aus dem Ruder laufen. Die anstehenden Hochsommernächte könnten noch sehr unruhig werden. Und Trump wartet nur auf eine Gelegenheit, sich vor lodernder Kulisse als rettender starker Mann zu präsentieren.

3. Wirtschaft: Den Demokraten wird ein besseres Regieren zugetraut, was den Umgang mit der Corona-Krise angeht. Sobald der Fokus jedoch vom Sozialen in Richtung Wirtschaft wandert, wird das Bild wieder unklarer – und Trump könnte wieder Oberwasser bekommen. Dies ist das Feld, für das er noch immer eine demoskopisch messbare Kompetenzvermutung hat. In der Debatte um Staatshilfen für Arbeitslose und für Firmen hat Trump es mitunter schon geschafft, es so aussehen zu lassen, als verhinderten die Demokraten im Kongress schnelle und unbürokratische Hilfe.

 

What’s next? Termine bis zur Wahl

  • 12. bis 21. August: Wahlparteitag der Demokraten in Milwaukee, Wisconsin – weitgehend virtuell.
  • 24. bis 27. August: Wahlparteitag der Republikaner in Charlotte, North Carolina – weitgehend virtuell. Trump hat sich noch nicht entschieden, wo er die Rede zur Annahme der Wahl halten will.
  • 28. August: Die Black-Lives-Matter-Bewegung plant einen “Marsch auf Washington”.
  • 29. September: Erste große Fernsehdebatte zwischen Trump und Biden.
 

Zitat der Woche

45,5 Millionen Amerikaner haben in der Pandemie ihre Jobs verloren. Unterdessen erreicht der Aktienindex Nasdaq einen Rekordwert. Welchen weiteren Beweis braucht die Welt noch, um zu erkennen, dass Aktienmärkte nicht das Wirtschaftsleben widerspiegeln?

Robert Reich,

Politikprofessor in Berkeley und von 1993 bis 1997 US-Arbeitsminister unter Präsident Bill Clinton

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Wie sagt man “Yosemite”?

Versprochen ist versprochen: In Wahlkampfzeiten zählen sprachliche Pannen doppelt. Und deshalb wurde der jüngste Klops von Trump wieder begeistert unter seinen Kritikern weitergereicht: In einer Zeremonie zur Unterzeichnung des “Great American Outdoors Act”, eines Gesetzes zum Naturschutz, brachte Trump es nicht fertig, das Wort “Yosemite” richtig auszusprechen. Gleich zweimal gleitet er (bei 0:41 Minuten) ab in Richtung “Yo-semite”, was keinen Sinn ergibt, aber zu Assoziationen mit dem Judentum führt. Es ist aber auch schwer. Richtig ist: Jo-se-mi-ti, mit der Betonung auf der zweite Silbe.

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Über das “Semitische” in Trumps Äußerung wurde nicht zuletzt in jüdischen Kreisen herzhaft gelacht. Hier und da avanciert derzeit “Yo Semite” schon zum neuen lässigen Gruß. Das National Museum of American Jewish History verkauft T-Shirts, die zwei Bäume zeigen und die Aufschrift “Yo Semite” tragen. Der Verkauf läuft wie irre, “off the charts”, wie es dieser Tage hieß. Auch das ist Amerika.

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Wir hoffen, unser Newsletter zu den Wahlen in den USA hat Ihnen gefallen.

Ihr Matthias Koch

PS: Alle Infos zur US-Wahl finden Sie jederzeit auf unserer Themenseite.

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