Sigmar Gabriel verteidigt Beratertätigkeit: “Tönnies inzwischen Buhmann der Nation”
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Drei Monate habe Sigmar Gabriel Tönnies beraten – darin sieht der frühere SPD-Chef weder ein Problem noch einen Interessenskonflikt.
© Quelle: imago/photothek
Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht in seiner vorübergehenden Beratertätigkeit für den Fleischunternehmer Clemens Tönnies nichts Skandalöses. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland sagte Gabriel, Tönnies habe ihn zwei Jahre nach seiner Ministertätigkeit angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt sei er auch nicht mehr Mitglied des Bundestags gewesen. Es gebe daher weder ein rechtliches Problem noch einen Interessenkonflikt.
Zur Kritik aus der SPD sagte Gabriel: “Ich weiß, Tönnies ist inzwischen wegen der Corona-Krise der Buhmann der Nation, an ihm macht sich alles fest.” Einige zögen daraus den Schluss, man müsse um Leute wie Tönnies grundsätzlich einen Bogen machen.
Er selbst, sagte Gabriel, sei bereits als Bundeswirtschaftsminister mit Tönnies aneinandergeraten, wegen der Bezahlung der Mitarbeiter und des hohen Anteils der Werkverträge. Jedoch habe er es immer für falsch gehalten, mit Tönnies nicht zu reden. Anders als heute sei damals die Union nicht bereit gewesen, Werkverträge in der Fleischbranche zu untersagen. In schwierigen Gesprächen, auch mit Tönnies, habe die Bundesregierung damals aber immerhin erreicht, dass die Branche einen Mindestlohn einführt – noch vor dem gesetzlichen Mindestlohn.
Rückblickend erscheine vieles als zu spät und zu wenig. Aus damaliger Sicht aber seien dies erste Fortschritte gewesen in einer immer noch sehr problematischen Branche.
Bei seiner jetzigen Tätigkeit für Tönnies sei es um ein Problem gegangen, das sich zwischen Deutschland und China ergeben hatte. Deshalb sei Tönnies wohl auf ihn gekommen, den früheren Außenminister. China habe angesichts einer Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest in Europa damit gedroht, keine Schweine mehr aus Deutschland zu importieren. Zuletzt seien zwischen den Behörden in Berlin und Peking Fragen der gegenseitigen Anerkennung von Hygienevorschriften strittig gewesen, “das war ein bürokratisches Detail, aus dem ein Politikum zu werden drohte”. Um zu einer Lösung beizutragen, habe er in diesem Zusammenhang mit einigen Leuten in China gesprochen, sagte Gabriel. “Daran ist nichts Problematisches.”
Im März habe sein Engagement für Tönnies begonnen, drei Monate später habe er es beendet, aus privaten Gründen: wegen einer schweren Operation, der er sich in der Berliner Charite habe unterziehen müssen. “Die letzte Rechnung war vom Mai”, unterstreicht Gabriel.