Showdown beim EU-Gipfel: Wie lassen sich Ungarn und Polen von ihrer Blockade abbringen?

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán umstimmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán umstimmen.

Brüssel/Berlin. Jetzt kommt es zum Showdown: Lassen sich die Ministerpräsidenten von Ungarn und Polen noch davon abbringen, das größte Finanzpaket in der Geschichte der Europäischen Union zu blockieren? Der Videogipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend wird dominiert von einem Streit ums Geld, der die EU in eine tiefe Krise gestürzt hat.

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Polen und Ungarn hatten am Montag aus Protest gegen eine neue Regel zur Kürzung von EU-Geldern bei bestimmten Rechtsstaatsverstößen einen entscheidenden Haushaltsbeschluss blockiert. Bleibt es bei dem Veto, dann kann der mehrjährige EU-Haushalt in Höhe von knapp 1,1 Billionen Euro nicht am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Auch das Corona-Konjunkturprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro wäre blockiert. Das Paket muss einstimmig beschlossen werden.

Merkel muss vermitteln

Beim Gipfel dürfte es nach Ansicht von EU-Diplomaten vor allem auf Bundeskanzlerin Angela Merkel ankommen. Deutschland hat noch bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft und ist damit in einer Art Vermittlerrolle.

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Bis zuletzt schienen die Fronten verhärtet. Staaten wie die Niederlande und Österreich wollen das EU-Geld mit einem Rechtsstaatsmechanismus gegen Missbrauch absichern. Doch das lehnen Polen und Ungarn bislang kategorisch ab. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán legte am Mittwoch sogar noch nach. Der Rechtsstaatsmechanismus sei ein Erpressungsinstrument gegen Staaten wie Ungarn, die gegen Migration seien, wurde Orbán von der staatlichen Nachrichtenagentur MIT zitiert.

Die EU-Kommission forderte am Mittwoch ein schnelles Ende des Streits. Alle Beteiligten müssten ihrer Verantwortung gerecht werden, sagte der Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Valdis Dombrovskis: „Wir brauchen eine schnelle Einigung auf alle Elemente des 1,8 Billionen Euro schweren EU-Pakets zur wirtschaftlichen Erholung, um die Realwirtschaft unterstützen zu können.“ Der Frage, wie die Blockade überwunden werden könnte, wich Dombrovskis allerdings aus.

Scharfe Kritik an Orbán

Ob sich die Hoffnung erfüllt, dass Orbán in letzter Minute einschwenkt, blieb offen. Möglicherweise wird die Debatte auch bis zum Dezembergipfel der Staats- und Regierungschefs verschoben, um nach Lösungen suchen zu können. Theoretisch wäre auch denkbar, dass jene EU-Mitglieder, die einen Rechtsstaatsmechanismus einführen wollen, den Corona-Hilfsfonds auf zwischenstaatlichem Weg beschließen. Das würde allerdings bedeuten, dass Ungarn und Polen kein Geld aus dem Programm erhalten. Auch könnten EU-Kommission und das Europaparlament dann keinen Einfluss auf die Verteilung des Geldes mehr nehmen.

Europapolitiker kritisierten die Blockade mit scharfen Worten. „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass die beiden Regierungen diese wichtigen Finanzpakete blockieren. Polen und Ungarn sind doch auch auf das Geld angewiesen“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er fügte hinzu: „Wir müssen unbedingt verhindern, dass in der EU am 1. Januar kommenden Jahres die Lichter ausgehen.“

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Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer. Mit ihrer Haushaltsblockade setzten die Regierungen in Budapest und Warschau „die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der gesamten EU aufs Spiel, offenbar weil sie weiter ungehindert EU-Gelder missbrauchen wollen“, sagte Schäfer dem RND. Sie forderte, den Erpressungsversuchen nicht nachzugeben. Schäfer: „Alle proeuropäischen Kräfte sind nun gefragt, zusammen zu stehen, sich nicht erpressen zu lassen und korrupte Strukturen zu unterbinden.“

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