Sepsis-Stiftung: Viele Corona-Todesfälle könnten verhindert werden
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Ein Intensivpfleger ist auf der Covid-19-Intensivstation im Städtischen Klinikum Dresden mit der Versorgung von Corona-Patienten beschäftigt.
© Quelle: Robert Michael/dpa-Zentralbild/d
Berlin. Viele Covid-19-Erkrankte sterben nach Darstellung der deutschen Sepsis-Stiftung an einer unerkannten Blutvergiftung, was durch eine bessere Früherkennung und eine angepasste Behandlung verhindert werden könnte. „Der hohe Bedarf an Intensivbetten und die hohe Sterblichkeitsrate von Covid-19 ist vor allem durch Sepsis bedingt“, sagte der Stiftungsvorsitzende Konrad Reinhart dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Wie eine aktuelle Studie bestätige, führten viele schwere Covid-19-Verläufe zu einer Sepsis, an der die Patienten dann häufig verstürben. Nach wie vor gebe es jedoch eine weit verbreitete Unkenntnis über das Thema Sepsis in der Bevölkerung, aber zum Teil auch beim medizinischen oder pflegerischen Personal.
Sepsis wird nicht erkannt
„Ein großes Problem ist, dass viele Patienten, die sich mit einer unkomplizierten Covid-19-Erkrankung zu Hause kurieren wollen, nicht rechtzeitig bemerken, wenn diese in eine Sepsis übergeht“, sagte Reinhart. „Wer Anzeichen wie ein plötzliches extremes Krankheitsgefühl, Fieber, einen hohen Puls, Verwirrtheit oder Schüttelfrost bemerkt, sollte auf keinen Fall abwarten und sofort ein Krankenhaus aufsuchen oder den Notarzt rufen“, betonte er.
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Die Pandemie und wir
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Bei einer Sepsis – allgemein Blutvergiftung genannt – handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems. Sie kann nicht nur durch äußere Verletzungen verursacht werden, sondern auch durch innere Entzündungen, etwa eine Lungenentzündung. Ursache ist dabei immer eine Infektion durch Viren oder Bakterien.
Bereiten sich die Erreger über das Lymph- und Blutgefäßsystem auf andere Organe aus, überschwemmt das Immunsystem den Körper mit Botenstoffen zur Immunantwort. Dadurch werden aber nicht nur die Erreger, sondern auch körpereigene Zellen und Organe angegriffen. Ohne passendes Antibiotikum entwickelt sich ein septischer Schock, bei dem es in der Regel zu einem Mehrfach-Organversagen kommt.
Nationaler Sepsis-Plan gefordert
Nach Angaben der Sepsis-Stiftung sterben jedes Jahr rund 75.000 Menschen in Deutschland an einer Sepsis. Etwa 15.000 bis 20.000 davon könnten nach Darstellung der Stiftung gerettet werden, wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt werden würde. „Auch in den Kliniken hapert es häufig bei der Früherkennung der Symptome“, sagte Reinhart.
„Sepsis muss ein Thema auf bundespolitischer Ebene werden, wir brauchen endlich einen Nationalen Sepsisplan“, verlangte Reinhart. Unterstützt werde die Forderung durch zahlreiche Fachgesellschaften, den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI) und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. „Zu unserem Bedauern wurde das bisher durch das Bundesgesundheitsministerium abgelehnt“, kritisierte Reinhart.
Früherkennung verbessern
Sepsis spiele nicht nur bei Corona eine entscheidende Rolle, sondern auch bei Ebola, Grippe oder jeder zukünftigen Pandemie, unabhängig vom Erreger, so der Mediziner. „Deshalb ist es umso wichtiger, die Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Sepsis durch gebündelte Maßnahmen auf nationaler Ebene zu stärken“, sagte er.
Bund und Länder müssten gemeinsam mit Experten eine nationale Strategie zum Infektionsmanagement entwickeln. Dazu gehörten die Themen Infektionsprävention, die Vorbereitung auf die nächsten Pandemien und Antibiotikaresistenzen.
Reinhart verwies in diesem Zusammenhang auf Erfolge in anderen Industriestaaten. So sei es durch gezielte, national gebündelte Maßnahmen gelungen, den Anteil der Todesfälle bei einer schweren Sepsis in Australien von 35 auf 18,5 Prozent, in England von 45,5 auf 32,1 und in den USA von 39,9 auf 23,2 zu senken. In Deutschland liege sie dagegen immer noch bei 41,7 Prozent, kritisierte der Stiftungsvorsitzende.
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