Scholz in Afrika: Kann Senegal Deutschland helfen, unabhängig von russischem Gas zu werden?
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an einer Pressekonferenz im Präsidentenpalast in Dakar teil.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Dakar. Macky Sall holt Olaf Scholz selbst vom Flughafen ab. Senegals Präsident empfängt den Bundeskanzler am Sonntag in Dakar mit militärischen Ehren. Das Zeremoniell folgt einem penibel ausgearbeitetem Programm für den fünftstündigen Kurzbesuch. Nichts wird dem Zufall überlassen.
Und so wirkt das große Schiff mit dem Schriftzug „LNG Powership Africa“ in Sichtweite des Präsidentenpalastes in der westafrikanischen Küstenstadt wie gerufen für die Visite aus Berlin. Deutschland will sich aus russischer Gasabhängigkeit lösen und Senegal hofft auf Partner für seine Förderung von Erdgas und Erdöl aus Offshorevorkommen ab 2023. Macky Sall bittet Scholz in der Pressekonferenz dann ohne Umschweife um Unterstützung – auch beim Export nach Europa. Und Scholz liefert: „Wir wollen gute Partner miteinander sein. Das ist schon jetzt klar.“
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Bundeskanzler Olaf Scholz (Vierter v. l., SPD), wird von Macky Sall, Präsident der Republik Senegal, mit militärischen Ehren am Flughafen begrüßt. Dakar ist die erste Station der Afrikareise von Bundeskanzler Olaf Scholz. Anschließend geht es weiter nach Niger und Südafrika.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Im Großraum Dakar leben annähernd vier Millionen Menschen – fast ein Viertel der zu mehr als 90 Prozent muslimischen Bevölkerung Senegals, die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 18 Jahre alt. Es mangelt an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Die Strecke vom Airport in die Innenstadt gleicht einer langen Baustelle. Nur, dass nicht gebaut wird. Verdorrte Bäume erzählen von Dürre. Selbst im Park des Präsidentenpalastes, wo es sonst recht grün ist. Auf den Wegen ist Plastikrasen ausgelegt. Ein weißer Pfau zieht seine Runden, seine Schwanzfedern sind staubig.
Die Stationen der Scholz-Reise
Es ist die erste Afrikareise von Scholz als Bundeskanzler, Senegal ist die erste Station. Macky Sall spricht deshalb von der exzellenten Qualität der Beziehungen. Es ist auch ein bewusst gesetztes Zeichen von Scholz. Nach Senegal, das 2022 die Präsidentschaft der Afrikanischen Union hat, besucht er noch Niger, das als Stabilitätsanker in der Sahelzone gilt, und Südafrika, das als regionales Schwergewicht ein Schlüsselpartner für Deutschland ist.
Aber passt jetzt überhaupt eine für Kanzlerverhältnisse lange Drei-Tage-Tour auf den Nachbarkontinent, während Russlands Krieg gegen die Ukraine die nationale und internationale Politik überlagert? „Gerade jetzt“, lautet die Botschaft aus dem Kanzleramt.
Bundeskanzler Scholz besucht Senegal
Bei seinen Besuchen soll es vor allem um Fragen der Energiezusammenarbeit gehen.
© Quelle: Reuters
Russland hat sich wie China wirtschaftlich und sicherheitsstrategisch längst in Afrika verankert. Moskau betreibt deutschen Diplomaten zufolge auch dort massive Desinformationskampagnen über den Krieg in Europa, indem es die Kausalität verdrehe: Nicht Kremlchef Wladimir Putin sei der völkerrechtswidrige Aggressor, sondern müsse sein Land gegen Sicherheitsgefahren verteidigen, die von der Ukraine ausgingen – und der Nato, die Russland „auf die Pelle“ rücke. Scholz will Demokratien nun über die sogenannte regelbasierte internationale Ordnung sprechen und die Beziehungen zu ihnen vertiefen.
„Wir wollen nicht Teil des Konflikts sein“
Senegal gehörte wie Südafrika bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung über die Verteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine im März zu den 34 Ländern, die sich enthielten. 141 Staaten stimmten für die Resolution, vier dagegen.
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Ob er nun anders abstimmen würde, wird Macky Sall in der Pressekonferenz gefragt. Er antwortet: „Wir waren nicht dagegen, nicht dafür.“ Er betont: „Wir wollen nicht Teil des Konflikts sein. Wir wollen Frieden.“ Der Präsident unterstützt dann ausdrücklich die Forderungen nach einem Waffenstillstand in der Ukraine.
Macky Sall will nach Moskau und Kiew reisen
Scholz verurteilt Putins Krieg erneut und verteidigt deutsche Waffenlieferungen. Zugleich verspricht er Hilfe für die Linderung von Hunger, afrikanische Staaten leiden unter dramatischem Preisanstieg etwa beim Getreide, weil Russland die Ukraine als Kornkammer der Welt zerstört. „Das lässt uns nicht kalt“, sagt der Kanzler. Und er nennt es verheerend, dass sich russische Söldner in Mali aufhalten.
Macky Sall kommt noch einmal auf die Frage nach Russland zurück. Er werde im Namen der Afrikanischen Union (AU) nach Moskau und Kiew reisen, sagt er. Er wolle mit beiden Seiten reden. Scholz befürchtet bei dem Gespräch offenbar weitere russische Lügen über die Ursache des Krieges in der Ukraine. „Demokratie ist die beste Abwehrmethode. Das schützt am meisten vor Desinformation“, sagt Scholz. Es klingt nach einer Bitte, russische Lügen zu durchschauen.