Seehofer: „Unser Kampf richtet sich nicht gegen den Islam“
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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will entschlossen gegen den Islamismus vorgehen.
© Quelle: imago images/Christian Spicker
Berlin. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nach den jüngsten islamistischen Anschlägen in Paris, Nizza, Dresden und Wien betont, dass der Staat entschlossen dagegen vorgehen werde, zugleich aber klar gestellt, dass sich dies nicht gegen die Muslime richte.
Die größte Bedrohung sei zuletzt „durch den Rechtsextremismus erwachsen“, sagte Seehofer am Donnerstag im Bundestag. Allerdings sei auch der islamistische Terrorismus eine „ungeheure Bedrohung“. Allein in diesem Jahr habe es in Deutschland drei islamistische Anschläge gegeben: in Waldkraiburg, Berlin und Dresden. „Die Gefahr besteht unverändert fort“, sagte der CSU-Politiker, fügte jedoch hinzu: „Unser Kampf richtet sich nicht gegen den Islam, sondern gegen fanatischen und gewalttätigen Extremismus.“ Ohnehin seien von den knapp 620 islamistischen Gefährdern 217 deutsche Staatsbürger, 119 hätten die deutsche und eine weitere Staatsbürgerschaft.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), sagte im Bundestag, es sei „die Logik des Hasses, Menschen einzuschüchtern. Dieser Logik müssen wir uns gemeinsam entgegen stellen. Was niemals zur Disposition stehen darf, sind die Grundprinzipien unserer Verfassung.“
Maßnahmen zur Deradikalisierung
Der Sozialdemokrat zeigte sich ferner besorgt, weil die Täter von Dresden und Wien zuvor in Haft gesessen hätten und den Sicherheitsbehörden als Gefährder bekannt gewesen seien. „Anschläge konnten trotzdem nicht verhindert werden“, beklagte er. Darüber müsse bei der nächsten Innenministerkonferenz im Dezember gesprochen werden. Einerseits müsse es um Maßnahmen zur Deradikalisierung gehen; andererseits sei eine effektivere Überwachung nötig – „bis hin zu einer vorbeugenden Ingewahrsamnahme“.
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla sieht die Ursache des islamistischen Terrors in der Migration. „Diese Leute sind nicht willens, sich zu integrieren“, sagte er. An der Stelle müsse man ansetzen.
Nach Anschlag in Wien hat sich Einzeltäter-Theorie bestätigt
Nach dem Anschlag in Wien mit mehreren Toten und Verletzten hat sich laut österreichischem Innenministerium bestätigt, dass es keine weiteren Täter gibt.
© Quelle: Reuters
Ebenfalls am Donnerstag sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum islamistischen Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz aus, der am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen das Leben kostete. Dem BKA war mehrfach vorgeworfen worden, den Fall des späteren Attentäters Anis Amri nicht übernommen zu haben – obwohl er Thema im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern war.
Schwachstellen bei der Terrorbekämpfung
Münch verwies auf die wachsende Zahl islamistischer Gefährder in jenen Jahren und die personelle Überlastung seiner Behörde. Zudem habe das seinerzeit federführende Innenministerium Nordrhein-Westfalen kein formales Übernahmeersuchen gestellt. Und selbst wenn es ein solches Ersuchen gestellt hätte, wäre es vermutlich abgelehnt worden, so der BKA-Präsident. Das BKA habe damals aufgrund des Personalmangels nämlich nicht einmal die Aufklärung der islamistischen Anschläge in Würzburg und Ansbach übernommen. „War das richtig?“, fragte Münch und antwortete selbst: „Nein. Aber es war so.“
Überhaupt räumte er ein, dass es Schwachstellen bei der Terrorbekämpfung gegeben habe. So hätten gemeinsame Kriterien für eine Bewertung von Gefährdern gefehlt, Strafverfahren seien nicht zusammen geführt und Abschiebungen nicht konsequent betrieben worden. Schließlich gebe es Mängel bei der Auswertung von Videos.
„Ich kann nicht sagen: Wir haben alles richtig gemacht“, sagte Münch. Insbesondere den Interessen der Opfer und Hinterbliebenen sei das BKA nicht immer gerecht geworden. Das tue ihm leid. „Wir haben ihre Kritik gehört. Und wir verstehen sie.“