Regenwälder und Indigene

Debatte um den richtigen Waldschutz

Sanft, satt, wild: Der Regenwald im Nationalpark Braulio Carillo in Costa Rica besticht durch seine nahezu unberührte Dichte.

Sanft, satt, wild: Der Regenwald im Nationalpark Braulio Carillo in Costa Rica besticht durch seine nahezu unberührte Dichte.

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Die Entwaldung der Erde schreitet nach wie vor voran. Vor allem der Verlust von Regenwäldern wiegt schwer, da diese große Mengen an Kohlenstoff binden und damit wichtige Klimastabilisatoren sind. Weltweit ist man inzwischen davon überzeugt, dass die Stärkung indigener Völker eine wichtige Rolle dabei spielt, vor allem die Regenwälder der Erde zu schützen. Eine Reihe von Forschungsarbeiten kam in den vergangenen Jahren zu dem Schluss, dass indigene Gemeinden – solange sie mit Landrechten ausgestattet sind – wirksame Hüter des Waldes sind. Bei der UN-Klimakonferenz im Jahr 2021 sagten die Staats- und Regierungschefs der Welt deswegen auch 1,7 Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln für indigene Gemeinschaften zu.

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Eine wichtige andere Finanzierungsart ist das Projekt REDD+, das für „Reducing Emission from Deforestation and Degradation“ steht. REDD+ gibt Menschen, die Wälder schützen, finanzielle Anreize. Damit soll sichergestellt werden, dass es wirtschaftlich attraktiver ist, Wälder zu schützen, als sie zu roden. Die Finanzierung erfolgt über Gutschriften, die an Unternehmen und Einzelpersonen verkauft werden, die auf diese Weise ihre CO₂-Emissionen kompensieren wollen. Doch das System ist in den vergangenen Monaten in die Kritik geraten: So wurde angezweifelt, dass die CO₂-Kompensationen korrekt berechnet wurden. Auch die Zustimmung und Beteiligung indigener und lokaler Gemeinschaften wurden infrage gestellt.

Betrug an der Natur?

Journalisten deckten Anfang des Jahres auf, dass etliche Unternehmen zum Erreichen ihrer Klimaziele Zertifikate gekauft haben, die in Wirklichkeit viel weniger CO₂ einsparen, als sie behaupten. Die neunmonatige Recherche wurde vom britischen „Guardian“, der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ und Source-Material, einer gemeinnützigen Organisation für investigativen Journalismus durchgeführt. Auch eine Sprecherin der Organisation Survival International schrieb in einer E-Mail, dass sowohl ihr Team „wie auch die indigenen Völker, mit denen wir arbeiten“ meist nicht mit großen Organisationen und Projekten vernetzt seien und dies auch nicht wollen würden. Sie würden REDD+ als Projekt sehr kritisch sehen.

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Damit geriet die Finanzierungsmethode in Verruf – zum Leidwesen einiger anderer Gruppen und Organisationen, die indigene Menschen unterstützen und teils von Indigenen geführt werden. Sie halten es eher mit der Redewendung: „Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach.“ Im Mai haben diese Gruppen, darunter die FSC Indigenous Foundation, das Indigenous Peoples of Africa Co-ordinating Committee (IPACC) und die Mesoamerican Alliance of Peoples and Forests, nun einen Brief unterzeichnet, mit dem sie REDD+ unterstützen wollen.

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Ein Plädoyer für REDD+

In indigenen und lokal verwalteten Gebieten seien 17 Prozent des gesamten in Wäldern gespeicherten Kohlenstoffs und 80 Prozent der weltweiten Artenvielfalt enthalten, hieß es in dem Brief. Um die Entwaldung zu stoppen und die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, müssten hochintegrierte Klimafinanzierungen skaliert und in indigene Naturschutzbemühungen gelenkt werden. „Nur durch die Achtung unserer Rechte, Traditionen und des Wissens unserer Vorfahren wird die internationale Gemeinschaft in der Lage sein, den Planeten für zukünftige Generationen aller Gemeinschaften und Völker zu bewahren.“

Die Unterzeichner des Briefes merken an, dass es derzeit für indigene und lokale Gemeinden nur sehr wenige Möglichkeiten gebe, an die Finanzierung zu gelangen, die ihnen für ihre Bemühungen und Erfolge beim Schutz der Natur zustehe. „REDD+-Projekte bieten unseren Gemeinden eine der wenigen bewährten Möglichkeiten, an die erforderlichen Finanzmittel zu gelangen.“ Dabei gehe es nicht nur darum, die Umwelt zu erhalten und zu schützen, sondern auch die Gemeinden selbst nachhaltig weiterzuentwickeln. Auch die Unterzeichner des Briefes gestanden ein, dass die REDD+-Methoden „nicht perfekt“ seien. Doch es würden kontinuierlich Verbesserungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgenommen werden.

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Indonesiens Wälder sind wieder grüner

Tatsächliche Erfolge konnte man mit dem Projekt beispielsweise in Indonesien verbuchen, wie Pendi, Leiter der Tambagguruyung Community Forestry-Gruppe in Ciwidey, sagte. Der 49-Jährige, der wie viele Indonesier nur einen Namen trägt, berichtete, wie wichtig es sei, durch die Schaffung eines transparenten Finanzprozesses „die Nachhaltigkeit unserer Wälder aufrechtzuerhalten“. Indonesien habe eine Währungskrise und politische Instabilität durchgemacht, durch die Covid-19-Pandemie gelitten wie auch durch klimatische Veränderungen. Dennoch sei es ihnen auf diese Weise gelungen, „unsere Wälder grüner zu machen“.

Tatsächlich wird Indonesien seit Längerem als Vorzeigeland genannt, dem es gelungen ist, die Abholzung des Regenwaldes zumindest zu verlangsamen. Jahrzehntelang hatte das Land riesige Flächen gerodet und abgebrannt, um Holz- und Palmölplantagen anzulegen. Indonesien ist der weltgrößte Produzent für Palmöl – ein Rohstoff, der für zahlreiche Kosmetika und Lebensmittel, aber beispielsweise auch für Biokraftstoffe verwendet wird. Doch in den Jahren 2017 und 2018 ging die Entwaldungsrate in dem südostasiatischen Inselstaat erstmals zurück und seitdem gibt es immer mehr positive Zeichen. Auch wenn die Rodung nicht komplett aufgehalten wurde, so konnte sie doch deutlich verlangsamt werden.

Während die Debatte um die Wirksamkeit von REDD+ weitergeht, plädieren einige Stimmen inzwischen für völlig neue Systeme, darunter eines, das finanzielle Incentives vorsieht, die auf der jährlichen Gesamtmenge des im Wald gespeicherten CO₂ basieren. Diese kann mithilfe von Satellitenbildern bewertet und jährlich kontrolliert werden. Verändert sich der Bestand am Ende des Jahres nicht, erhalten die Verwalter des Waldes im Nachgang eine Zahlung. Auf diese Weise sei es schwieriger, das System zu manipulieren oder zu betrügen, glauben die Unterstützerinnen und Unterstützer dieses Systems.

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