Söder sieht Aussetzen der Schuldenbremse „sehr skeptisch“ – Scholz zeigt sich offen
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.
© Quelle: imago images/Sammy Minkoff
München/Berlin. CSU-Chef Markus Söder sieht einen Vorstoß von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sehr skeptisch, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auch in den kommenden Jahren auszusetzen. „Das wäre ein falsches Signal“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Dienstag. „Wir können die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht auf Dauer mit höheren Schulden oder hohen Steuern lösen.“
Söder betonte deshalb: „Wir sehen ein dauerhaftes Aussetzen der Schuldenbremse sehr skeptisch.“ Es brauche vielmehr ein schlüssiges wirtschaftspolitisches Konzept. „Deutschland steht für finanzielle Seriosität, dabei sollten wir auch bleiben“, mahnte der CSU-Chef.
Dobrindt: „Schuldenbremse ein Erfolgsmodell“
„Aus meiner Sicht ist die Schuldenbremse ein Erfolgsmodell“, sagte zudem CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag in Berlin. Brauns Vorschlag, das Grundgesetz entsprechend zu ändern, nannte Dobrindt „einen Debattenbeitrag“ und betonte: „Meine Position ist eine andere.“
Dobrindt sagte: „Es kann sein, dass die Erholungsphase der Wirtschaft länger dauert als wir das bislang eingeschätzt haben.“ Deshalb sei überhaupt nicht auszuschließen, dass bei der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2022 zusätzliche Schulden nötig seien. „Aber genau dafür gibt es in Artikel 115 Grundgesetz die außergewöhnliche Notsituation, auf Basis der wir sowohl den Haushalt 2020 als auch 2021 beschlossen haben.“
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Signalwirkung für Rest Europas
Er halte dies für eine Regelung, die genau für diese Pandemiezeiten gemacht sei. „Ich rate dringend, daran festzuhalten.“ Alles andere hätte auch eine Signalwirkung für den Rest Europas. „Wenn Deutschland als das finanziell solideste Land in Europa durch das Abschaffen einer Schuldenbremse quasi das Schleusenöffnungssignal gäbe, hätte das erheblichste Auswirkungen auf das Finanzverhalten unserer europäischen Partner. Das will ich nicht geben.“
Dobrindt wies darauf hin, dass nach Artikel 115 die Entscheidungshoheit über eine außergewöhnliche Notsituation beim Bundestag liege. Dort sollte sie auch bleiben. Außerdem sei dort festgeschrieben, dass die Schuldenaufnahme mit einem festen Tilgungsplan zu versehen sei. Auch das sollte beibehalten werden.
Auch die CDU reagierte mit Ablehnung. „Die CDU bekennt sich klar zur Schuldenbremse“, betonte Generalsekretär Paul Ziemiak am Dienstag auf Twitter. Die Schuldenbremse habe die Grundlage dafür geschaffen, dass Deutschland in der Corona-Pandemie finanziell handlungsfähig sei und ermögliche flexibles Handeln in Notsituationen. Nach der Krise müsse man so schnell wie möglich wieder zu soliden Haushalten zurückkommen.
Braun: Schuldenbremse kann in nächsten Jahren nicht eingehalten werden
Die Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind.
Die Regel kann nach Einschätzung Brauns auch in den kommenden Jahren nicht eingehalten werden. Es sei sinnvoll, eine Erholungsstrategie für die Wirtschaft in Deutschland mit einer Grundgesetzänderung zu verbinden, die begrenzt für die kommenden Jahre einen „verlässlichen degressiven Korridor“ für die Neuverschuldung vorsehe und ein klares Datum für die Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenregel vorschreibe, schrieb der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ (Dienstag).
Am Dienstag erklärte Braun dann jedoch auf Twitter: „Mein Vorschlag, wie man den Weg zur ‚schwarzen Null‘ nach der Pandemie gesetzlich vorzeichnet, zielt darauf ab, verbindlicher als fortgesetzt mit der Notklausel zu handeln, und nicht die Schuldenregel in Frage zu stellen.“ Danach versah er die Schuldenbremse mit einem Herzchen.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich dagegen offen dafür, die Schuldenbremse zur Bewältigung der Corona-Pandemie neu zu regeln. Die Wirtschaftsweisen hätten die Idee entwickelt, die Schuldenbremse quasi neu zu starten und damit schrittweise wirken zu lassen. Dies habe Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in einem „interessanten Gastbeitrag“ aufgegriffen, erklärte der Vizekanzler am Dienstag. Zugleich gab er zu bedenken: „Neben vielen Vorzügen macht dieser Vorschlag hohe gesetzgeberische Eingriffe nötig, die einen breiten parteiübergreifenden Konsens voraussetzen.“
Scholz erklärte, wenn die Weltwirtschaft wieder anziehe, werde Deutschland mittelfristig aus den Schulden herauswachsen können. Bis dahin aber gebe es Herausforderungen im Haushalt. Klar sei für ihn, dass trotzdem in den sozialstaatlichen Sicherungssystemen nicht gekürzt werden dürfe und dass weiter auf hohem Niveau investiert werden müsse, betonte Scholz.
RND/dpa