Schlafwagen und Sonderzug

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, hat neben dem gemeinsamen Programm der Union zur kommenden Bundestagswahl ein eigenes CSU-Bundestagswahlprogramm mitinitiiert. Der Zweck dessen ist offensichtlich.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, hat neben dem gemeinsamen Programm der Union zur kommenden Bundestagswahl ein eigenes CSU-Bundestagswahlprogramm mitinitiiert. Der Zweck dessen ist offensichtlich.

Liebe Leserin, lieber Leser,

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das waren noch Zeiten, als die beiden Generalsekretäre von CDU und CSU jubelten, die Union werde ein gemeinsames Programm haben – ohne den berühmt-berüchtigten „Bayernplan“, der für die Union in Wahlkämpfen doch stets ein Spaltpilz war. Gefühlt ist die demonstrative Freude von Paul Ziemiak und Markus Blume ewig her, tatsächlich sind es nur ein paar Monate.

Dazwischen liegen ein erbitterter Machtkampf zwischen ihren Parteivorsitzenden Armin Laschet und Markus Söder um die Kanzlerkandidatur, Dauersticheleien vor allem aus Bayern und Anlässe dafür aus Nordrhein-Westfalen sowie der Beginn des Wahlkampfes. Nun setzt sich die CSU doch wieder ab. Sie nennt es nur nicht „Bayernplan“, sondern „Das Programm“, genauer: „Das CSU-Programm“. Oder wie Söder bei der Präsentation unter weiß-blauem Himmel am Tegernsee sagte: „CSU pur“.

CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder bei der Vorstellung des CSU-Wahlprogramms im bayerischen Gmund.

CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder bei der Vorstellung des CSU-Wahlprogramms im bayerischen Gmund.

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Wieder mit im Plan: die Mütterrente. Ein halber Rentenpunkt nur für alle Mütter, die vor 1992 ihre Kinder bekommen haben, um vollends gleichberechtigt mit jenen Frauen zu sein, die nach 1992 Mütter geworden sind, und wie sie insgesamt drei Rentenpunkte pro Kind zu erhalten. Hört sich nach einer logischen Rechnung an, kostet aber 4 Milliarden Euro.

Das ist nach einer gigantischen Neuverschuldung durch die Corona-Krise und die Milliardenschäden durch die Hochwasserkatastrophe nicht leicht zu stemmen. Darf’s noch ein bisschen mehr sein? Klar. Mia san mia. Einige Steuerentlastungen für Familien und Alleinerziehende. Die CSU hat bei einer Regierungsbeteiligung der Union gute Chancen, das durchzukriegen.

CSU-Forderungen wecken Erinnerungen an Mautwahlversprechen

Man denke nur an die Maut, die Kanzlerin Merkel nicht wollte, aber auf Druck der CSU umsetzen musste. Deutschland scheiterte schließlich daran. Statt Einnahmen nur Ausgaben: Der Mautmurks könnte den Steuerzahler eine halbe Milliarde Euro kosten.

Nicht so schlimm, findet der dafür verantwortliche CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Jedenfalls nicht schlimm genug, um künftige Ministerambitionen aufzugeben, wo ihm doch schon der Rausschmiss erspart blieb.

Maut-Ausschuss: Scheuer weist Vorwürfe von sich
 CSU-Vorstandssitzung mit Andeas Scheuer und Markus S��der, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer spricht vor der Vorstandssitzung mit der Presse. Am 24.6.2019 hat die Christlich Soziale Union  CSU  eine Vorstandssitzung abgehalten. Im Vorfeld sprachen CSU Vorsitzender & Bayerns Ministerpr��sident Markus S��der und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. M��nchen Bayern Deutschland Franz-Josef-Stra��-Haus *** CSU board meeting with Andeas Scheuer and Markus S��der, Federal Minister of Transport Andreas Scheuer talks to the press before the board meeting On 24 6 2019, the Christian Social Union CSU held a board meeting CSU Chairman Bavarias Prime Minister Markus S��der and Federal Minister of Transport Andreas Scheuer Munich Bavaria Germany Franz Josef Stra�� House spoke in advance

Der Bundesverkehrsminister hat vor dem parlamentarischen Gremium in Berlin alle Vorwürfe von sich gewiesen.

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Söder präsentiert sich weiter als Macher, als Klare-Kante-Kerl, während Laschet solch ungeschickten Dinge sagt, dass er für Steuersenkungen derzeit keine Chance sieht. Das ist zwar richtig, aber unklug, weil er gemeinsam mit Söder bei der Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms im Juni eben Steuerentlastungen beschworen hat. Schon damals fragte sich alle Welt, wie das gehen soll.

Laschet fährt Zickzackkurs, Söder will nicht mitfahren

Insofern mag Laschet das schlechte Gewissen beschlichen haben, aber Söder kennt so etwas nicht. Mei, des basst scho. Oder wird passend gemacht. Dann gibt das eben die Finanzlage nicht her, die Konjunktur hat sich nicht erholt, und neue Schulden können nicht aufgenommen werden. Söder hat doch auch gesagt, erst muss mal ein Kassensturz – nach der Wahl – gemacht werden.

Was den bayerischen Ministerpräsidenten so an Laschet nervt, ist dessen Zickzackkurs und Umfrageschwäche. Söder hat nun Angst, dass er in Mitleidenschaft gezogen wird. Er nennt Laschets Namen nicht, warnt aber vor einem „Schlafwagen“ im Kampf ums Kanzleramt. Sich selbst dürfte er ja nicht gemeint haben. Soll Laschet lieber allein baden gehen, rechtzeitige Absetzsignale können nicht schaden. Die Niederlage hat gewohnheitsgemäß nur einen Schuldigen, der Erfolg viele Väter. Da wäre Söder dabei.

Söders Spin: Laschet Schlafwagen, Söder Sonderzug

Bekommt die Union nicht deutlich über 30 Prozent, könnte es eng werden mit dem Ziel, dass gegen CDU und CSU nicht regiert werden kann. Im Moment liegt die Union in manchen Umfragen wieder unter dieser Marke. Deswegen behaupten Wahlstrategen der Union nun landauf, landab, FDP-Chef Christian Lindner würde auch eine Ampel unter SPD oder sogar den Grünen eingehen, nur um diesmal lieber falsch als gar nicht zu regieren.

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Hinter dieser Unionstheorie steht aber vor allem das Bemühen, die eigenen Anhänger hinter sich zu versammeln. Denn je mehr vor einer solchen Konstellation gewarnt wird – die Lindner größte Schmerzen bereiten würde –, desto größer die Chance, dass die Union keine Wähler an die FDP verliert. So etwas nennt man Spin. Darauf verstehen sie sich in der Politik alle gut. Söders Spin zu Laschet geht so: Laschet Schlafwagen, Söder: Sonderzug.

 
 

Wahlkampfsprech – Deutsch: Was Politiker wirklich sagen

„Tendenziell gibt es bei Frauen eine gewisse Sehnsucht nach Effizienz.“

Angela Merkel in der Bundespressekonferenz auf die Frage, inwiefern Frauen anders Politik machen als Männer.

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Für Merkels Verhältnisse ist das eine klare Aussage: Das ganze Blabla, Testosteron und Showgehabe mancher Männer ist mir schwer auf die Nerven gefallen. Namen nannte sie nicht. Man könnte aber zum Beispiel an frühere Staats- und Regierungschefs der USA, Italiens und Frankreichs denken. Oder an Kontrahenten in CDU und CSU.

Die Kanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz am vergangenen Donnerstag.

Die Kanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz am vergangenen Donnerstag.

Selten hat Merkel auf eine Frage, die ihr eher unangenehm ist, so deutlich geantwortet. Fast so, als hätte sie diese Gelegenheit zum Ende ihrer Kanzlerschaft gern genutzt.

 

Wie unsere Leserinnen und Leser auf die Wahl schauen

An dieser Stelle geben wir Ihnen das Wort:

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Benedikt Senden aus Köln zum Kommentar zur Schwäche der Grünen trotz Naturkatastrophe:

„Die SPD hat gegen die Widerstände der Union unfassbar viel erreicht. In der medialen Berichterstattung, die ja eine selbst auferlegte Informationspflicht innehält, wurde nie oder kaum darüber berichtet, dass die SPD die progressive Kraft ist, ohne die es weder eine Senkung der Mehrwertsteuer für die Deutsche Bahn von 19 auf 7 Prozent gäbe noch Mehrinvestitionen in Fahrradwege vom Bund aus. Es wurde auch nicht erwähnt, dass es die SPD nach langem Kampf geschafft hat, dass der von CDU/CSU und FDP eingeführte Fotovoltaikdeckel abgeschafft wurde. Svenja Schulze hat ein Artenschutzgesetz aufgesetzt, das vom BUND gelobt wird. Die SPD hat im Programm fest verankert, dass Moore und Feuchtwiesen geschützt und renaturiert werden sollen. Der Kohleausstieg 2030 kommt übrigens auch nur, weil die SPD erkämpft hat, dass 2038 Schluss sein muss. Ich möchte damit sagen, dass natürlich die Grünen immer die laute Stimme des Umweltschutzes sind. Aber sie waren und sind nie die einzige Stimme gewesen. Und wenn man sich die Lage genau ansieht und erkennt, dass in Hessen Wälder für Autobahnen gerodet werden und in Baden-Württemberg die Grünen den Ministerpräsidenten stellen, der sogar laut Kaufprämien für Diesel forderte, muss man definitiv sehr differenziert Parteien loben und tadeln.“

Brigitte Volle aus Garbsen zum Kommentar über Laschets Lachen im Hochwassergebiet:

„Herr Laschet hat nicht keck gelacht, wie Herr Cleven kommentierte, sondern gefeixt wie ein schlecht erzogenes Kind. Armin Laschet hat sich damit als Kanzlerkandidat selbst disqualifiziert und sollte als CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat zurücktreten. Das Amt der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers und Frau Dr. Angela Merkel haben eine qualifizierte Nachfolge verdient. Möge Deutschland ein Bundeskanzler Laschet erspart bleiben.“

Gerd Beck zum Hauptstadt-Radar vor einer Woche:

„Ganz vielen Dank für diese wichtige Zusammenfassung, obwohl sie einen schon traurig machen kann. Die Betroffenen würden sich schon einkriegen, aber um sie herum folgt auf dem Fuß, befürchte ich, auf ‚Junge Frau!‘ das: ‚Alter weißer Mann!‘. Bewusste Ausgrenzung auf wahrgenommene Ausgrenzung.“

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Daniela Vates über Laschets Krisenmanagement

Armin Schuster, Chef des Bundesamtes für Katastrophenschutz, im Porträt von Markus Decker

Felix Huesmann über „Querdenker“, die die Hochwasserkatastrophe instrumentalisieren

 

Das „Hauptstadt-Radar“ zum Hören

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Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Dienstag wieder. Dann berichtet mein Kollege Markus Decker. Bis dahin!

Herzlich

Ihre Kristina Dunz

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