Satire-Aktion? AfD fällt auf fingierten Flyer-Verteilservice herein

Fahnen der Partei Alternative für Deutschland (AfD) liegen vor Beginn einer Wahlkampf­veranstaltung in den Sitzreihen (Symbolfoto).

Fahnen der Partei Alternative für Deutschland (AfD) liegen vor Beginn einer Wahlkampf­veranstaltung in den Sitzreihen (Symbolfoto).

Hannover. Die AfD ist im Wahlkampf offensichtlich auf einen fingierten Verteilservice für Wahlkampf­material hereingefallen. Eine Firma hat einen Auftrag für die Verteilung von mehr als einer Million Flyern mit Wahlwerbung angenommen und erst kurzfristig bekannt gegeben, ihn nicht ausführen zu können.

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So berichten es die Parteichefs Tino Chrupalla und Jörg Meuthen am Freitag. „Einige Wochen vor der Bundestagswahl bot ein Flyerservice Hahn der AfD ihre Dienste an und versprach, Flyer der AfD zur Bundestagswahl zu einem akzeptablen Preis in die Haushalte zu verteilen. Mehrere Aufträge über insgesamt mehr als eine Million Flyer wurden erteilt. Heute hat sich herausgestellt, dass dieser Flyerservice nicht existiert und offenbar hinter der ‚Aktion‘ die selbsternannten Künstler des Zentrums für politische Schönheit stehen“, teilt die Partei mit. „Die Flyer sollten offensichtlich nie verteilt werden. Am Dienstagabend vor der Bundestagswahl wurden die betreffenden Kreisverbände und Bundestags­kandidaten der AfD per E‑Mail darüber informiert, man könne die Flyer ‚aus organisatorischen Gründen‘ nicht verteilen. Die Flyer könnten dann am Samstag vor der Wahl zurückgegeben werden.“ So schreibt es die Partei in einer Pressemitteilung.

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Die Website des Unternehmens ist weiter online, die dort angegebene Telefonnummer funktioniert nicht, an einer anderen Nummer geht niemand ran. Der „Flyerservice Hahn“ wirkt auch bei genauerer Beschäftigung wie eine normale Firma: Sie ist in einer Reihe von Branchendiensten gelistet, auch ein Lebenslauf des vorgeblichen Geschäftsführers lässt sich finden. Es gibt auch eine Preisliste: Demnach würde die kommerzielle Verteilung von einer Million Wahlkampfflyern mindestens 22.000 Euro kosten.

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Von den beschuldigten Kunstaktivisten vom Zentrum für politische Schönheit (ZPS) gab es zunächst keine Reaktion. Die ZPS-Aktivisten waren in der Vergangenheit unter anderem damit aufgefallen, dass sie auf dem Nachbargrundstück des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke einen Nachbau des Berliner Holocaustmahnmals aufstellten. Höcke hatte das Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet.

Auf der Homepage des ZPS ist ein Countdown eingestellt, der auf eine Aktion am Dienstag nach der Wahl verweist.

AfD-Chef und Spitzenkandidat Chrupalla sagte, das ZPS versuche, „der AfD im Wahlkampf vorsätzlich zu schaden – und das mit einem hohen Maß an betrügerischer Energie. Hier ist bereits jetzt ein erheblicher Schaden für die Demokratie eingetreten. Wenn eine Partei durch Privatleute daran gehindert wird, mit mehr als einer Million gedruckter Flyer für sich zu werben, dann ist das ein massiver Eingriff in den demokratischen Wahlkampf und damit ein Angriff auf unsere Demokratie.“

Die AfD kündigte an, Strafanzeige zu erstatten und das weitere rechtliche Vorgehen zu prüfen. Der ebenfalls betroffene AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), er werde persönlich ebenfalls Anzeige erstatten und zudem die Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) von der „Wahlmanipulation in Kenntnis setzen“.

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine Satiregruppe unter falscher Flagge in den Wahlkampf einmischt. Die Satirezeitschrift „Titanic“ hat sich 2003 im bayerischen Wahlkampf als SPD ausgegeben und die Slogans „Mit Anstand verlieren“ und „Wir geben auf“ plakatiert. Ein Jahr zuvor, auf dem Höhepunkt einer Antisemitismus­debatte in der FDP, hatte die „Titanic“-Truppe einen gefälschten FDP-Wahlkampfstand mit Slogans wie „Deutsche. Wehrt euch. Wählt FDP“ in Eisenach aufgebaut.

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