Sachsen-Anhalts CDU hat ein Haltungsproblem

Holger Stahlknecht, Innenminister (CDU) von Sachsen-Anhalt, spricht auf dem kleinen Parteitag der CDU Sachsen-Anhalt im Maritim Hotel zur künftigen Strategie der CDU.

Holger Stahlknecht, Innenminister (CDU) von Sachsen-Anhalt, spricht auf dem kleinen Parteitag der CDU Sachsen-Anhalt im Maritim Hotel zur künftigen Strategie der CDU.

Berlin. Man kann dem CDU-Politiker Holger Stahlknecht nicht vorwerfen, Rechtsextremismus generell zu verharmlosen. Vor einem Jahr schlug der Innenminister von Sachsen-Anhalt vor, Neonazis auszupfeifen, sobald sie den Hitlergruß zeigen. „Rechtsradikale wollen wir nicht, geht nach Hause!“, sollten aufrechte Demokraten skandieren, lautete sein Vorschlag. So weit, so phrasenhaft weltfremd.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Vielleicht hätte der CDU-Landeschef zuerst seinen eigenen Laden aufräumen sollen. Es ist mindestens anstößig, wenn Robert Möritz, seit eineinhalb Jahren CDU-Funktionär im Kreisverband Anhalt-Bitterfeld, 2011 als Ordner auf einem Neonazi-Aufmarsch in Halle fungierte; wenn er 2015 auf Facebook Rechtsrock verherrlichte; wenn auf seinem rechten Ellenbogen eine Tätowierung mit einer sogenannten Schwarzen Sonne aus mehreren Hakenkreuzen prangt.

Die CDU hat sich nicht für die rechtsextreme Vergangenheit von Möritz interessiert

Skandalös wird die Geschichte dadurch, dass sich die CDU für die rechtsextreme Vergangenheit ihres Neumitglieds offenbar nie interessiert hat. Schlimmer noch: Als Möritz als Angehöriger der unter Rechtsextremismusverdacht stehenden Gruppierung Uniter identifiziert wird und die Grünen Konsequenzen verlangen, stellen sich CDU-Generalsekretär Sven Schulze und Stahlknecht demonstrativ hinter ihren Parteifreund – und das gemeinsame Kenia-Bündnis infrage.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Stahlknecht gerät damit immer weiter unter Druck. Erst vor wenigen Wochen überlebte er politisch nur knapp die Affäre um die geplante Einstellung des Polizeigewerkschafters Rainer Wendt, den er zu seinem Staatssekretär im Innenministerium machen wollte und damit scheiterte. Wendt provoziert in Gewerkschaftskreisen immer wieder Widerstand als rechter Hardliner.

Stahlknecht duldet den „konservativen Kreis“

Stahlknecht duldet außerdem das Treiben des „konservativen Kreises“. Die Rechtsausleger im CDU-Landesverband wollen die Begriffe „national“ und „sozialistisch“ enger verzahnen und eine CDU-Minderheitsregierung von der AfD tolerieren lassen.

Bislang galt Stahlknecht als aussichtsreichster Kandidat auf die Nachfolge von Ministerpräsident Reiner Haseloff. Damit scheint es vorbei zu sein. Der Regierungschef beginnt, sich von seinem Kronprinzen zu distanzieren. Mit der Affäre Möritz will Haseloff nichts zu tun haben.

Der Fall Möritz wird zum Lackmustest für die CDU

Die Aufarbeitung des Falles wird zum Lackmustest für den Umgang der CDU mit rechten Umtrieben in den eigenen Reihen. „Rechtsradikale wollen wir nicht, geht nach Hause!“ Diese Formel sollte zuallererst in der CDU selbst Anwendung finden.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Gerade im besonders anfälligen Osten Deutschlands sind Christdemokraten gefordert, eine klare Brandmauer gegen AfD und Rechtsextremismus zu ziehen. Tun sie es nicht, verliert die CDU nicht nur den politischen Kompass, sondern auch das moralische Recht, eine Regierungskoalition aus demokratischen Parteien glaubwürdig anzuführen.

Der CDU Sachsen-Anhalts fehlen Haltung und Integrität

Der Kampf gegen rechts ist mehr als eine hohle Phrase. Er setzt Haltung und Integrität voraus. Beides scheint die CDU-Führung in Sachsen-Anhalt verloren zu haben.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken