Wie geht es Russlands Mittelschicht?
In Moskau geht das Leben vordergründig seinen gewohnten Gang – auch ohne McDonald’s und H&M. Doch für viele Russinnen und Russen ist das Leben nicht mehr das gleiche wie vor dem 24. Februar. Beobachtungen aus einem Land im unterschwelligen Ausnahmezustand.
Moskau. Als sie vor einigen Jahren in Rente ging, entdeckte die frühere Russischlehrerin Tatjana Olegowna (64) ihre Reiselust. Als Liebhaberin der klassischen Musik besuchte die Moskauerin gern mal Wien, Berlin oder andere westeuropäische Städte mit Opernhäusern und Symphonieorchestern im Weltklasseformat.
Doch seitdem die russische Offensive in der Ukraine am 24. Februar begann, sind Westreisen für Russinnen und Russen deutlich komplizierter geworden. Die EU schloss ihren Luftraum für russische Flugzeuge, und das bedeutet, dass bei der Ausreise nun der beschwerliche Landweg anfällt, oder Umwege geflogen werden müssen, wie etwa über Istanbul oder Eriwan. Die Ausreise über diese Nadelöhre lassen sich die Fluggesellschaften selbstverständlich gut bezahlen.