„Ruiniert die Sprache“ - Experte kritisiert Gender-Verhalten von Behörden

Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg.

Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg.

Berlin/Potsdam. Die geschlechtergerechte Sprache sorgt für viele Diskussionen. Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg warnt vor Gefahren für das Deutsche, wenn sie benutzt wird und kritisiert vor allem Behörden: „Wir stellen neuerdings fest, dass die amtlichen Regeln, die für den öffentlichen Dienst gelten, von ihm nicht mehr eingehalten werden“, sagte der emeritierte Professor der Universität Potsdam.

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„Da spielt das "Gendern" die Hauptrolle. Da tut der öffentliche Dienst etwas, was er nicht darf, er begeht permanent sogenannte Dienstpflichtverletzungen.“ Das sei „sehr gefährlich“ für eine Sprache wie das Deutsche, die keine staatlich verordnete Norm wie etwa das Französische habe.

Mit geschlechtergerechter Sprache wollen Befürworter für eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen im geschriebenen Wort sorgen - zum Beispiel mit Wörtern wie Studierende statt Studenten oder auch mit einem Stern vor der weiblichen Endung. Eisenberg kritisiert, dass mit dem sogenannten Gendern vorgeschrieben werde, bestimmte Wörter nicht zu verwenden und stattdessen andere zu benutzen.

Beispiel Hannover

Als Beispiel führte er die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover an. Die Stadt hat im Februar Empfehlungen herausgegeben, wie die Sprache in der Verwaltung aus ihrer Sicht gerecht mit Blick auf die Geschlechter verwendet werden kann. Für Anschreiben wird vorgeschlagen, die Anrede mit Herr und Frau zu vermeiden, manche Wörter sollen durch andere ersetzt werden wie etwa Teilnehmer durch Teilnehmende. Wenn Männer und Frauen angesprochen werden sollen, wird das sogenannte Gendersternchen empfohlen.

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Deutsche haben keine Lust auf Gendern

„Die Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache der Stadt Hannover ruiniert die Sprache“, kritisiert daran der Sprachwissenschaftler ihr vor. „Die Stadt will nun nicht das Femininum fördern, sondern das Maskulinum abschaffen. Das muss zu einem Sprachzerstörungsprozess führen. Das Wort "keiner" soll zum Beispiel durch das Wort "niemand" ersetzt werden. Das Wort "niemand" ist aber ein reines Maskulinum.“

Hannover: „Gehört zu moderner Verwaltung“

Die Landeshauptstadt Hannover verteidigte ihre Vorschläge. „Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache gehört unserer Ansicht nach zu einer modernen Verwaltung, die grundgesetzlichen und demokratischen Grundsätzen verpflichtet ist“, teilte Sprecherin Konstanze Kalmus mit. Diese Haltung teile auch der Deutsche Städtetag.

Ein geschlechter-sensibler Sprachgebrauch trage aktiv zur Gleichberechtigung der Geschlechter sowie einer wertschätzenden Ansprache aller bei und helfe, Ausgrenzungen zu vermeiden.

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Der Wissenschaftler kritisierte auch die Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Wer dort universitäre Forschungsmittel beantrage, habe seinen Text in geschlechtergerechter Sprache zu fassen, sagte Eisenberg. In der Universitätsverfassung steht, im allgemeinen Schriftverkehr sowie in Rechts- und Verwaltungsvorschriften seien geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder die weibliche und männliche Sprachform zu verwenden.

Ein HU-Sprecher sagte, dies sei sicherlich keine ungewöhnliche, sondern eine seit Jahren übliche und weithin akzeptierte Praxis in Deutschland.

Eisenberg erhält Jacob-Grimme-Preis

Eisenberg warb für beide Formen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass das Deutsche alle Möglichkeiten zur Sichtbarmachung von Frauen hat.“ Das Deutsche sei eine der ausdrucksstärksten Sprachen. „Man sollte weiter beide Formen verwenden - Maskulinum und Femininum.“

Der Sprachforscher wird für seine Verdienste um die deutsche Sprache am 19. Oktober in Kassel mit dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache ausgezeichnet, der mit 30.000 Euro dotiert ist. Eisenberg ist der erste Sprachwissenschaftler, der diesen Preis erhält.

Frühere Preisträger waren unter anderem Udo Lindenberg, Loriot und Norbert Lammert. Der Kulturpreis Deutsche Sprache, der dreigeteilt ist, wird seit 2001 von der Eberhard-Schöck-Stiftung (Baden-Baden) und vom Verein Deutsche Sprache (Dortmund) vergeben.

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Von RND/dpa

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