Rita Süssmuth: Thüringer Paritätsurteil ist rückwärtsgewandt

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) ist empört über die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgericht zum Paritätsgesetz.

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) ist empört über die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgericht zum Paritätsgesetz.

Berlin. Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und mehrere hochrangige deutsche Verfassungsrechtler haben dem Thüringer Verfassungsgericht vorgeworfen, mit seinem Nein zum Paritätsgesetz das Grundgesetz zu missachten.

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“Das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zur Parität im Wahlrecht verkennt verfassungsrechtliche Grundsätze”, erklärte eine von Süssmuth eingerichtete Paritäts-Arbeitsgruppe, der mehrere ehemalige Verfassungsrichterinnen sowie Juraprofessorinnen angehören, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Süssmuth zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des Gerichts. “Das Urteil ist bedauernswert rückwärtsgewandt”, sagte sie dem RND. “Die Gesellschaft ist heute schon viel weiter. Sie will die Gleichstellung von Frauen und Männern – auch im politischen Raum und gerade in den Parlamenten. Die Frauen haben erkämpft, dass die Gleichheit und Gleichstellung der Geschlechter im Grundgesetz verankert ist und in der Praxis durchgesetzt werden muss. Diese demokratische, freiheitliche Idee lässt sich trotz Widerständen nicht aufhalten.”

Die ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts, Christine Hohmann-Dennhardt, widersprach der Feststellung des Thüringer Gerichts, das Paritätsgesetz sei mit dem Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl nicht vereinbar. “Aufgrund des gewichtigen Auftrags der Gleichstellung der Geschlechter in Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz erlaubt unsere Verfassung dem Gesetzgeber, die Parteien zu verpflichten, Frauen und Männer für Parlamentswahlen paritätisch aufzustellen”, sagte Hohmann-Dennhardt dem RND.

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Auch frühere Verfassungsrichterin Jaeger verweist aufs Grundgesetz

“Es zählt außerdem zu den demokratischen Grundsätzen des Grundgesetzes, dass jedem Bürger und damit jeder Bürgerin das Recht auf gleiche Teilhabe an der demokratischen Selbstbestimmung zusteht. Dies ist nicht nur ein formales Recht: Frauen sollten gleichermaßen wie Männer dort vertreten sein, wo die politischen Entscheidungen getroffen werden, also vor allem in den Parlamenten.”

Auch die frühere Verfassungsrichterin und ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Renate Jaeger, verwies auf das Grundgesetz. Die in Artikel 3 geforderte staatliche Förderung der tatsächlichen Gleichstellung lasse sich “nur schwer durch die aufwendige, kleinteilige Beseitigung vielfältiger Hindernisse erreichen”, sagte Jaeger dem RND.

“Ebenfalls zulässig – und effektiver – ist jedoch der rechtliche Zwang zur Durchsetzung der Gleichstellung im Ergebnis. Die Gegner von Frauenquoten und Parité bekämpfen diese Effizienz des Rechts, indem sie die Ergebnisorientierung für unvereinbar mit Freiheit und Demokratie erklären. Dem Grundgesetz ist indessen ein solcher Widerspruch fremd.”

Hohmann-Dennhardt und Jager gehörten der von Süssmuth eingerichteten Arbeitsgruppe an, genauso wie die Rechtsprofessorinnen Silke Laskowski, Friedrike Wapler, Jelena von Achenbach und Frauke Brosius-Gersdorf.

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Das Thüringer Gericht hatte das Paritätsgesetz des Landes, das den Parteien vorschreibt, ihre Wahllisten gleichmäßig mit Frauen und Männern zu besetzen, gekippt. Die Richter begründeten dies damit, dass die Regelung das Recht auf freie Wahlen einschränke. Geklagt hatte die AfD.

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