Streit über Schutzregeln und Teststrategie – Merkel berät mit Länderfürsten

Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit dem Corona-Kurs von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht zufrieden ist, verteidigt dieser seine Linie. Am Donnerstag wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Landesministern beraten, wie der Kampf gegen Corona fortgesetzt wird.

Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit dem Corona-Kurs von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht zufrieden ist, verteidigt dieser seine Linie. Am Donnerstag wird Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Landesministern beraten, wie der Kampf gegen Corona fortgesetzt wird.

Berlin. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, legte den Finger genau in die Wunde: In Sachen Corona-Tests würden Bundesregierung und Länder einem Zickzackkurs fahren, beklagte der Patientenschützer und mahnte: “Genau das bringt Verunsicherung bei den Menschen.” Die Kritik ist berechtigt: Erst wurde mitten in der Urlaubszeit, als viele Reisende schon längst wieder zu Hause waren, eine Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten eingeführt, nun sollen diese Reisenden doch wieder in eine Zwangsquarantäne gesteckt werden. Eine konsequente, für alle nachvollziehbare Politik sieht tatsächlich anders aus.

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Kritik von Söder

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Denn kaum hatten die Gesundheitsminister der Länder am Montag den Vorschlag von Ressortchef Jens Spahn (CDU) abgesegnet, kam Kritik aus den Reihen der Ministerpräsidenten. So beklagte Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) das Hin und Her und sprach von einem Fehler. Dabei verwies er unter anderem auf die vergleichsweise hohe Zahl an positiven Corona-Tests bei den Rückkehrern. Eine Einigung über das künftige Vorgehen soll an diesem Donnerstag bei einer Videokonferenz der Länderministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erreicht werden.

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“Dynamische Großlage”

Spahn ließ die Kritik am Mittwoch unbeeindruckt. Einen Zickzackkurs wollte er nicht erkennen. Vielmehr sei es ja gerade das Ziel, auf aktuelle Entwicklungen schnell und angemessen zu reagieren. Wörtlich in schönstem Politiksprech: “Die Strategie beinhaltet es, in einer solchen dynamischen Großlage immer, auch lageangepasst, die konkreten Maßnahmen weiterzuentwickeln.” Daran, so der CDU-Politiker wohl auch mit Blick auf Söder, werde man sich gemeinsam gewöhnen müssen.

Spahn hat die Fakten durchaus auf seiner Seite. Die Testpflicht hat zu einer erhöhten Belastung der Labore geführt. Sie arbeiteten in der vergangenen Woche rund 890.000 Tests ab. Zwar liegt die bundesweite Kapazität bei etwa einer Million Tests. Doch es sei bereits zur Überlastung einzelner Labore gekommen, warnte der Laborverband ALM. “Die Testanforderungen übersteigen in vielen Laboren bereits die rationierten Liefermengen an Reagenz- und Verbrauchsmaterialien”, mahnte der Verband. Das erklärt auch, warum ein umfangreicher Ausbau der Testkapazitäten nicht ohne Weiteres möglich ist.

Erschöpfte Laborkapazitäten

Auch Gesundheitsminister Spahn verwies darauf, dass die Laborkapazitäten endlich seien. Die Testzahlen hätten sich innerhalb von nur zwei, drei Wochen verdoppelt, sagte der CDU-Politiker. Er will die vorhandenen Kapazitäten nun wieder dazu nutzen, gezielt Menschen mit Symptomen und mit Kontakt zu Covid-19-Patienten sowie Pflegekräfte, Ärzte und Pflegebedürftige zu testen. Nach den “zusätzlichen Testanstrengungen in der Reisezeit” soll nun wieder zu einem “Langzeitansatz” zurückgekehrt werden.

Koalition: Längere Corona-Krise erfordert längere Hilfen
 Deutschland, Berlin, Bundeskanzleramt, Pressestatement nach dem Koalitionsgespr��ch, CSU Chef Markus S��der, CDU Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, SPD Vorsitzende Norbert Walter-Borjans und die SPD Vorsitzende Saskia Esken, 25.08.2020 *** Germany, Berlin, Federal Chancellery, press statement after the coalition talks, CSU leader Markus S��der, CDU leader Annegret Kramp Karrenbauer, SPD leader Norbert Walter Borjans and the SPD leader Saskia Esken, 25 08 2020

Der Koalitionsausschuss hat sich auch auf eine Wahlrechtsreform geeinigt.

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Allerdings waren sich selbst die Gesundheitsminister über einige wichtige Fragen der neuen Teststrategie uneins. Einigkeit bestand nur darüber, dass sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten in Quarantäne begeben müssen und diese künftig frühestens mit einem fünf Tage nach Einreise vorgenommenen negativen Test verlassen dürfen. Umstritten ist aber, ob der Test weiterhin kostenlos sein soll. “Eine einheitliche Positionierung zu der Kostenfreiheit konnte nicht erzielt werden”, heißt es im Beschluss der Gesundheitsminister.

Zeitpunkt unklar

Unklar ist zudem, ob die neue Regelung ab 16. September oder erst ab 1. Oktober gelten soll. Einig waren sich die Minister hingegen darüber, dass die Möglichkeit kostenloser Tests für Rückkehrer aus Nichtrisikogebieten entfallen soll.

Bisher gilt für Reisende noch, dass sie eine Quarantäne mit Vorlage eines maximal 48 Stunden alten Tests bei der Einreise oder durch einen in Deutschland auf Anordnung der Behörden gemachten Test umgehen können. Dafür gilt seit 8. August eine entsprechende Verordnung zur “Testpflicht”.

Der Chef des Frankfurter Flughafens, Stefan Schulte, kritisierte die angedachte neue Quarantäneregelung für Reiserückkehrer scharf. “Eine pauschal angeordnete Quarantäne bedeutet faktisch einen zweiten Lockdown für die Luftverkehrs- und Tourismusbranche und für alle Menschen, die über Ländergrenzen hinweg unterwegs sein müssen”, erklärte Schulte. Neben Urlaubern würden insbesondere Geschäftsreisende getroffen.

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Für Menschen, die nach den neuen Regeln in häusliche Quarantäne gehen müssen, gibt es allerdings einen kleinen Lichtblick: Nach RND-Informationen hat Spahn das Robert-Koch-Institut (RKI) beauftragt zu prüfen, ob die bisher geltende Frist von 14 Tagen für eine Quarantäne noch den wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Dabei soll das RKI auch die Erfahrungen aus Ländern mit einer kürzeren Frist einbeziehen. So hatten die Niederlande die Zeitdauer kürzlich auf zehn Tage gesenkt. Eine eventuelle Neuregelung soll dann zum 1. Oktober in Kraft treten.

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