Reichensteuer wegen Corona? SPD-Chefin Esken verfehlt das Thema
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SPD-Chefin Saskia Esken: ein bestenfalls verfrühter Vorschlag.
© Quelle: imago images/IPON
Berlin.Es ist schon bemerkenswert: Da unterbreitet eine amtierende Vorsitzende einer die Bundesregierung tragenden Partei einen weitreichenden Vorschlag, und die Reaktion darauf ist allenfalls ein müdes Achselzucken.
Mit ihrer Idee, Reiche stärker an den Kosten der Corona-Krise zu beteiligen und dazu eine einmalige Vermögensabgabe wie nach dem Zweiten Weltkrieg zu beschließen, hat SPD-Chefin Saskia Esken erwartbare Kritik der FDP, vorhersehbares Lob der Linkspartei und die unvermeidliche Aufregung bei Twitter geerntet. Ansonsten stößt die Forderung im politischen Raum auf dröhnendes Schweigen – fast so, als gäbe es sie gar nicht.
Vor allem in der SPD ist das inzwischen eine beliebte Strategie, mit den Vorstößen der Co-Vorsitzenden umzugehen: abtropfen lassen, totschweigen, aussitzen – und darauf hoffen, dass es nicht allzu viele mitbekommen.
Um zu ermessen, wie ungewöhlich dieses Verfahren eigentlich ist, muss man sich nur vorstellen, was in Land und Partei eigentlich los gewesen wäre, wenn Sigmar Gabriel in seiner Zeit an der SPD-Spitze ein ähnliches Fass aufgemacht hätte. Eben.
Kein Gefühl für das richtige Timing
Das beflissentliche Ignorieren ihrer Chefin fällt den Vertretern der Regierungs-SPD auch deshalb so leicht, weil die Bundestagsabgeordnete aus dem baden-württembergischen Calw bei den meisten ihrer Ideen ein außergewöhnliches Gespür für den richtigen Zeitpunkt an den Tag legt: nämlich gar keines.
Natürlich wird die Corona-Krise die Gesellschaft unzählige Milliarden kosten. Und natürlich wird man eines Tages auch darüber reden müssen, wie diese Summen finanziert werden sollen. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht jetzt, am zehnten Tag der Kontaktsperre gekommen.
Erstens weiß noch niemand, wie lange das öffentliche und wirtschaftliche Leben weiter auf Sparflamme gefahren werden, wovon die Höhe der Krisenkosten maßgeblich abhängt. Zweitens geht es nun vor allem darum, die abgewürgte Wirtschaft zu retten.
Die Frage, wer die Rechnung bezahlt, gehört zu den Aufräumarbeiten. Für die ist noch genügend Zeit. Später.