Kabinettsausschuss beschließt umfassendes Paket gegen Rechtsextremismus

Trauer in Hanau: Ein rechtsextremistischer Amoklauf forderte am 19. Februar 2020 neun Menschenleben. Vor dem Shisha-Laden wird den Opfern dieses Terrors gedacht. (Archivfoto)

Trauer in Hanau: Ein rechtsextremistischer Amoklauf forderte am 19. Februar 2020 neun Menschenleben. Vor dem Shisha-Laden wird den Opfern dieses Terrors gedacht. (Archivfoto)

Berlin. Der nach den rassistischen Morden in Hanau gegründete Kabinettsausschuss der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus hat sich am Mittwoch auf ein Maßnahmenpaket verständigt.

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Insgesamt 89 Punkte sieht es vor mit dem Ziel, ein stärkeres Bewusstsein für Rassismus zu schaffen, mehr Prävention zu leisten, Betroffene von Diskriminierung stärker zu schützen und für mehr Anerkennung einer pluralen Gesellschaft zu sorgen. „Rassismus zerfrisst das Fundament unserer Demokratie“, erklärte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), in Berlin.

Rassismus-Studie: Seehofer setzt sich durch

Das Paket enthält Maßnahmen, um die lange gerungen wurde, etwa die Forderung von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) nach einem Demokratiefördergesetz, das Anti-Extremismus-Projekten dauerhafte Finanzierung sichern soll.

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Der Kabinettsausschuss empfiehlt nun eine „Verbesserung der rechtlichen und haushalterischen Rahmenbedingungen“ für die Förderung des Engagements für Demokratie. Details eines Gesetzes sollen Giffey und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) besprechen.

Das Paket sieht außerdem eine Studie zum Alltagsrassismus in Zivilgesellschaft, Unternehmen und öffentlichen Institutionen vor sowie ein Forschungsprojekt zur Untersuchung des Polizeialltags.

Damit hat sich im Streit um eine zunächst geforderte Studie über Rassismus in den Reihen der Polizei Seehofers Kompromiss durchgesetzt. Das Paket sieht auch ein Beratungszentrum und eine Hilfe-Hotline für Betroffene von Rechtsextremismus und Rassismus vor.

Zentralrat der Juden stimmt zu

Der Zentralrat der Juden hat das Maßnahmenpaket begrüßt. „Die Bundesregierung macht mit diesen Vorschlägen deutlich, dass es ihr mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus ernst ist”, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Mittwoch in Berlin.

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„Entscheidend ist jetzt die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen. Die Vorschläge dürfen mit dem Ende der Legislaturperiode im nächsten Jahr nicht in der Schublade verschwinden, sondern müssen auf jeden Fall fortgeführt werden.”

Der Zentralrat hob unter anderem den Jugendaustausch mit Israel hervor und die Fortbildungen zum Thema Antisemitismus im öffentlichen Dienst. „Um der immer wieder auftretenden Diskriminierung von Israelis einen Riegel vorzuschieben, sollte zudem das Merkmal der Staatsangehörigkeit in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen werden”, so der Zentralrat.

Bekämpfung von Antiziganismus gefordert

Nötig seien aber ein noch stärkerer Fokus auf die Bekämpfung von Antiziganismus, also die Ablehnung von Sinti und Roma, sowie „massive Maßnahmen”, um Rechtsextremismus in der Bundeswehr zurückzudrängen.

Die Türkische Gemeinde Deutschland sprach zwar von einigen sehr wichtigen Punkten. Der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu beklagte aber, es fehle an konkreten Zielen, die sich auch nachvollziehen ließen. „Dieses Niveau erreicht der Katalog leider überhaupt nicht. Wie tiefgreifend die Vorschläge tatsächlich wirken können, lässt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht beurteilen”, erklärte Sofuoglu.

Überprüfung zur Wirksamkeit der Maßnahmen fehlt

Der Vorsitzende des Vereins Deutsch Plus, der sich für eine vielfältige Einwanderungsgesellschaft einsetzt, Farhad Dilmaghani, sah Licht und Schatten. „Gut ist, dass über eine Reihe von Einzelmaßnahmen und Ausbau von bestehenden Programmen die Zivilgesellschaft gestärkt und Prävention ausgebaut wird. Das Wissen über Rassismus in unserer Gesellschaft wird verbreitert und die Strafverfolgung von Rechtsextremen verbessert”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

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Allerdings müsse der Staat mehr Geld in die Hand nehmen. Sein Verein habe zuletzt ungefähr 2 Milliarden Euro pro Jahr gefordert. Vor allem fehle aber ein unabhängiger Mechanismus zur Überprüfung der Wirksamkeit des Pakets.

In der kommenden Woche soll das Papier vom Bundeskabinett als Ganzem verabschiedet werden.

RND/epd

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