Rechtsextreme Verdachtsfälle bei Sicherheitsbehörden: Die Skandale weiten sich aus

Steht derzeit im Mittelpunkt der Ereignisse: Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU).

Steht derzeit im Mittelpunkt der Ereignisse: Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU).

Berlin. Rechtsextreme Verdachtsfälle gibt es auch bei einer Observationsgruppe des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Drei von vier Verdachtsfällen im Landesinnenministerium hätten für ein Observationsteam des Verfassungsschutzes gearbeitet, berichtet die “Rheinischen Post” unter Berufung auf das Ministerium. Auf die Frage, ob die verdächtigen Mitarbeiter auch an der Observation von Rechtsextremisten beteiligt waren, antwortete es demnach: “Ja, darunter waren auch Rechtsextremisten.”

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Das betroffene Team im Verfassungsschutz wurde dem Ministerium zufolge aufgelöst, das Führungspersonal ausgewechselt. Aufgefallen seien die Beamten in sozialen Netzwerken und Chats, weil sie Videos “mit islam- oder fremdenfeindlicher Konnotation” verschickt hätten. Den Hinweis auf die Chatgruppe innerhalb des Observationsteams hätten Kollegen geliefert, die diese Videos erhalten hätten.

Reul: Observationsteam keinem Spektrum zugeordnet

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bestätigte am Nachmittag, dass drei Beamte der Observationsgruppe unter Verdacht stehen, Inhalte mit “islam- und fremdenfeindlicher Konnotation” in einer Chatgruppe und in sozialen Netzwerken ausgetauscht zu haben. Beim vierten Verdachtsfall im Innenministerium handele es sich um einen Verwaltungsmitarbeiter.

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Das Observationsteam sei keinem Spektrum fest zugeordnet gewesen, habe also Rechtsextremisten und Islamisten überwacht, hieß es. Bislang gebe es keine Hinweise darauf, dass Dienstgeheimnisse verraten worden wären oder die Observationen nicht einwandfrei gewesen seien, sagte Reul.

Er selbst wisse von den Verdachtsmomenten gegen die Mitarbeiter bereits seit fast einem Jahr, räumte er ein. Der Inhalt der Chats sei zwar nicht akzeptabel, aber weit weniger gravierend als das, was bei der Polizei in Mülheim/Ruhr entdeckt worden sei.

Reul: Wer extremistisch denkt und handelt, verwirkt das Recht, Polizeiuniform zu tragen
17.09.2020, Nordrhein-Westfalen, D��sseldorf: Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht im Plenum des Landtags. Reul unterrichtet die Abgeordneten des Landtags ��ber m��gliche Ma��nahmen zur Bek��mpfung des Rechtsextremismus in der Polizei von Nordrhein-Westfalen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Innenminister fasst nach Bekanntwerden rechtsextremistischer Chatgruppen die Ermittlungsergebnisse zusammen.

Vor zwei Wochen waren fünf rechtsextreme Chatgruppen von Polizisten der Landespolizei aufgedeckt worden. Im Landtag hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) später berichtet, dass bei der nordrhein-westfälischen Polizei seit 2017 insgesamt 100 Mitarbeiter unter den Verdacht des Rassismus oder Rechtsextremismus geraten seien. Hinzu kämen vier Fälle im Innenministerium.

Interne Hinweise

Überdies ist nach einem Bericht des ARD-Magazins “Monitor” auch in Berlin ein rassistischer Polizeichat aufgetaucht. Darin sei in Bezug auf Muslime von “fanatischer Primatenkultur” die Rede, Flüchtlinge würden mit Vergewaltigern oder “Ratten” gleichgesetzt und Neonazis als mögliche “Verbündete” bei linken Demonstrationen bezeichnet.

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In dem internen Chat einer Dienstgruppe der Berliner Polizei hätten sich mehr als 25 Beamte ausgetauscht. Laut Berliner Polizei sind nach Bekanntwerden der Vorwürfe Strafverfahren eingeleitet worden.

Ganz neu sind die Nachrichten über rechtsextreme Tendenzen in der Berliner Polizei nicht. So wurde im Sommer bekannt, dass ein Berliner Polizist Mitglied der AfD ist und in einer Chatgruppe anderen AfD-Mitgliedern interne Informationen zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016 weiterreichte. Auch der Pegida-Gründer Lutz Bachmann tauchte in dem Kontext auf.

Seehofer: “Wir vertuschen nichts”

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht derweil auf der Ebene der Sicherheitsbehörden des Bundes keine Versäumnisse. “Wir klären auf, wir vertuschen nichts, und wir verfolgen rigoros”, sagte er im Bundestag. Seehofer will am Dienstag gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sowie den Chefs von Bundespolizei und Bundeskriminalamt, Dieter Romann und Holger Münch, den Lagebericht zum Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden vorstellen. Er beruht auf Zulieferungen aus Bund und Ländern.

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Laut “Welt am Sonntag” sind in dem Bericht rund 350 registrierte Fälle enthalten – bis zum März 2020. Die neuen Fälle aus Hessen oder Nordrhein-Westfalen, die die Nachrichten der letzten Monate bestimmt haben, fehlen. Aus Sicherheitskreisen verlautet: “Der Bericht ist nur ein Ausschnitt. Wie gut und wie treffsicher das ist, weiß keiner.” Skeptisch hatte sich zuvor bereits der Polizeiwissenschaftler Rafael Behr geäußert.

mit Material der Nachrichtenagentur dpa

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