Nach Querdenken in Leipzig: Sachsens Innenminister in der Kritik
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Die Situation auf der "Querdenken"-Demo in Leipzig droht zu eskalieren.
© Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbil
Leipzig. Tausende Demonstranten haben sich in Leipzig der Auflösung einer Querdenken-Demonstration widersetzt. Sie marschierten am Samstagabend auf dem Innenstadtring. Wenige Polizisten begleiteten den Zug. Einige der Demonstranten skandierten „Frieden Freiheit, keine Diktatur“ und „Merkel muss weg“. Im Bereich des Hauptbahnhofes sei eine Sperre geöffnet worden, teilte die Polizei auf Twitter mit. „Teilnehmer der ehemaligen Versammlung führen einen von der Versammlungsbehörde als verbotenen einklassifizierten Aufzug durch.“ An Absperrungen sei es zu „zahlreichen Übergriffen“ auf Polizisten gekommen.
Sachsen Innenminister Roland Wöller (CDU) hat am Samstagabend den Leipzig-Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Bautzen scharf kritisiert. “Es ist unverantwortlich, eine solche Versammlung mit 16.000 Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie in der Leipziger Innenstadt zu zulassen”, sagte er gegenüber der Leipziger Volkszeitung. Das OVG hatte in einem Beschluss vom Morgen die Kundgebung doch noch auf dem Augustusplatz zugelassen.
Für Wöller war nach der Entscheidung aus Bautzen klar: “Die Einhaltung von Infektionsschutzauflagen war so von vornherein unmöglich”, betonte der Minister. Er sollte Recht behalten. Allein der der Mindestabstand von anderthalb Metern zur nächsten Person wurde von den Demonstrationsteilnehmern ständig unterlaufen.
45.000 Demonstranten in der City
Die aus Bautzen erlaubte Zahl von 16.000 Teilnehmern wurde kräftig überschritten. Die Leipziger Forschungsgruppe “Durchgezählt” der Universität sprach am Abend von 45.000 Demonstranten auf dem Augustusplatz und seinem unmittelbaren Umfeld wie dem Ring und der Goethestraße. Maske trug kaum einer der Querdenken-Anhänger. “Es war daher richtig, angesichts der offensichtlichen Verstöße, die Versammlung aufzulösen”, erklärte der Innenminister.
Wöller wird nach der Demonstration von seinen Koalitionspartnern heftig kritisiert. „Der Staat hat sich in Leipzig heute am Nasenring durch die Manege führen lassen“, beklagte Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). „Der Freistaat hat sich mit Ansage vorführen lassen“ schäumte Umweltminister Wolfram Günther (Grüne), ebenfalls Vizeregierungschef. Die sächsischen Grünen forderten auf Twitter den Rücktritt Wöllers. Er sei durch sein „Nichthandeln nicht mehr tragbar“.
Die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Nach meinem heutigen Kenntnisstand liegt absolutes Versagen der sächsischen Polizeiführung vor.“ Sie fügte hinzu: „Wer noch Zweifel hatte, der gestrige Tag hat gezeigt: Die rechtsextreme Szene nutzt die Querdenken-Demos für ihre Mobilisierung. Wer nach all dem bei Querdenken mitmacht, sollte wissen, wem er da in die Hände spielt.“
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Unter den Demonstranten befindet sich auch der ehemalige Promi-Koch Attila Hildmann, wie die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet. Per Mikrophon soll er mitten in der Menge dazu aufgerufen für das Recht „frei zu atmen“ zu kämpfen. Die Demonstranten sollen sich inzwischen weitestgehend unkontrolliert bewegen. Ein Reporter der Leipziger Volkszeitung berichtet, dass der Demozug wegen einer Blockade durch die Polizei nun weiter Richtung Innenstadt ziehen soll.
Die Situation scheint mehr und mehr undurchsichtig. Laut dem Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek seien in der Innenstadt Linke von Rechten gejagt worden. Das schreibt der Politiker auf Twitter. Zudem sollen „Sieg Heil“-Rufe zu hören gewesen sein.
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Die Reporter der Leipziger Volkszeitung berichten von der Situation vor Ort. Verfolgen Sie die Geschehnisse hier im Liveticker.
Versammlung wurde beendet: Teilnehmer haben sich nicht an Hygienemaßnahmen gehalten
Zuvor hatte die Stadt Leipzig die Kundgebung, die sich gegen Corona-Maßnahmen richtete, mit nach Polizeiangaben 20 000 Teilnehmern aufgelöst, da diese größtenteils gegen die Versammlungsauflagen verstoßen hatten. Polizeisprecher Olaf Hoppe sagte, 90 Prozent der Teilnehmer hätten keinen Mund-Nase-Schutz getragen. Ein Gericht hatte am Morgen die zulässige Teilnehmerzahl auf 16.000 begrenzt. Beobachter gingen davon aus, dass insgesamt weit mehr als die 20.000 von der Polizei gezählten Teilnehmer nach Leipzig gekommen waren.
Das Bündnis Leipzig nimmt Platz, das einen Gegenprotest organisiert hatte, rief am Samstagabend dazu auf, sich zurückzuziehen. „Wir schätzen die Lage als zu gefährlich ein“, schrieb das Bündnis auf Twitter.
Innenminister Wöller: „Versammlung auf dem Augustusplatz war unverantwortlich“
Sachsen Innenminister Roland Wöller (CDU) hat am Samstagabend den Leipzig-Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Bautzen scharf kritisiert. „Es ist unverantwortlich, eine solche Versammlung mit 16.000 Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie in der Leipziger Innenstadt zu zulassen“, sagte er gegenüber der Leipziger Volkszeitung. Das OVG hatte in einem Beschluss vom Morgen die Kundgebung doch noch auf dem Augustusplatz zugelassen.
Stadt wollte auf Neue Messe verlegen
Die Stadt wollte die Bewegung Querdenken, die gegen Corona-Auflagen protestiert und eine Maskenpflicht ablehnt, an der Neuen Messe demonstrieren lassen. Diese Auflage war am Freitag auch vom Leipziger Verwaltungsgericht bestätigt und wenige Stunden später vom OVG wieder kassiert worden. Für Wöller war nach der Entscheidung aus Bautzen klar: „Die Einhaltung von Infektionsschutzauflagen war so von vornherein unmöglich“, betonte der Minister. Er sollte Recht behalten.
Allein der der Mindestabstand von anderthalb Metern zur nächsten Person wurde von den Demonstrationsteilnehmern ständig unterlaufen.
45.000 Demonstranten in der City
Das lag auch daran, dass der Augustusplatz für die Menge der Demonstranten nicht ausreichte. Die aus Bautzen erlaubte Zahl von 16.000 Teilnehmern wurde kräftig überschritten. Die Leipziger Forschungsgruppe „Durchgezählt“ der Universität sprach am Abend von 45.000 Demonstranten auf dem Augustusplatz und seinem unmittelbaren Umfeld wie dem Ring und der Goethestraße.
Maske trug kaum einer der Querdenken-Anhänger. „Es war daher richtig, angesichts der offensichtlichen Verstöße, die Versammlung aufzulösen“, erklärte der Innenminister. Die Polizei ist nach Ansicht Wöllers nicht zuständig, das Corona-Problem zu lösen. „Die Corona-Pandemie lässt sich nicht durch die Polizei oder polizeiliche Maßnahmen bekämpfen, sondern nur mit Vernunft aller“, so der CDU-Politiker.
RND/dpa/ch/jsp